Eine Krone für Alexander (German Edition)
heißt
er noch?“
„Du weißt genau, wie er heißt“, sagte Alexander verbittert.
„Du hast dir sogar die Mühe gemacht, eine Frau auszusuchen, die ihm ähnlich
sieht.“
„Ich sage es noch einmal: Ich habe sie nicht ausgesucht, ich
habe sie nicht geschickt. Nur ein bisschen ermutigt.“
„Du hast versucht, mich zu manipulieren. Du weißt, dass ich
das hasse. Und du hast dich in mein Privatleben eingemischt, das dich überhaupt
nichts angeht.“
„Privatleben!“, sagte Olympias gedehnt. Sie packte die
Schlange in den Korb zurück und setzte sich auf einen der Stühle. „Du bist ein
Prinz, und Prinzen haben kein Privatleben, ebenso wenig wie Könige oder
Königinnen. Das, was bei gewöhnlichen Menschen Privatleben genannt wird, ist
bei ihnen dazu da, Erben für den Thron zu produzieren. Bei uns Königinnen und
Prinzessinnen ist es sogar das Einzige, was man uns zugesteht. Du hast als Kind
lang genug mit uns im Palast gelebt, um das zu wissen.“
„Allerdings. Aber für mich ist es noch zu früh zum Heiraten.
Ich bin im Sommer achtzehn geworden. Männer heiraten erst, wenn sie über
zwanzig sind. In Athen heiraten die meisten Männer sogar erst mit dreißig.“
„Und die Frauen schon mit dreizehn, damit sie auch ja schön
fügsam sind“, sagte Olympias verächtlich. „Aber wir sind nicht in Athen,
sondern in Makedonien, und für Prinzen gelten ohnehin besondere Regeln. Du
musst möglichst bald für Nachwuchs sorgen. Je eher du damit anfängst, umso
besser. Jedenfalls solltest du nicht deine Energie auf diesen
Wie-heißt-er-nochmal verschwenden. Von ihm bekommst du bestimmt keinen Erben.
Der Vorfall auf dem Fest neulich war äußerst unpassend. Nur, damit du es weißt:
Die Leute reden über euch.“
„Wozu brauche ich jetzt schon einen Erben?“, wich er aus.
„Um deine Stellung als Thronerbe zu sichern.“
Alexander lachte. „Fängst du schon wieder mit Amyntas an?
Philipp hat mich zum Regenten gemacht, er hat mir den Befehl über die Reiterei
bei Chaironeia gegeben und mich als Gesandten nach Athen geschickt. Meine Statue
wird neben seiner im Philippeion in Olympia stehen. Was soll er denn noch tun,
um es dir recht zu machen?“
Wie immer, wenn Olympias wütend war, wurden ihre Züge hart
und ihre Augen dunkel. „Offenbar hat er es geschafft, dich völlig einzuwickeln!
Seit mehr als einem Jahr hat er dich nicht aus seinen Klauen gelassen. Erst der
Krieg gegen die Skythen und dann der im Süden, dauernd ist Philipp bei dir und
säuselt dir die Ohren voll. Ich dagegen bekomme dich kaum noch zu Gesicht.
Jahrelang war ich die Einzige, die sich um dich gesorgt hat, und nun
verschlingt er dich mit Haut und Haaren!“
„Du weißt, dass du keinen Grund hast, eifersüchtig zu sein“,
versuchte er, sie zu beschwichtigen.
„Ich beklage mich nicht“, behauptete sie, obwohl sie genau
das tat. „Es geht nicht um mich, sondern um dich. Du fühlst dich zu sicher.
Hast du vergessen, dass man mich ich in Makedonien immer nur als Fremde betrachtet
hat? Viele einflussreiche Leute am Hof sehen in dir keinen vollbürtigen
Makedonen. Aber wenn du einen Sohn hättest, dessen Mutter aus dem
alteingesessenen Adel stammt, dann würden sie dich als einen der Ihren akzeptieren.
Dann könnte Philipp dich nicht mehr so einfach beiseiteschieben.“
„Mich beiseiteschieben? Warum sollte er?“
„Philipp hasst dich.“ Olympia rutschte unruhig auf ihrem
Stuhl herum und zerrte an ihrem Schleier. „Er duldet dich nur, weil er dich
braucht, und auch nur, solange er dich braucht. Er beneidet dich, weil
du jung und schön bist, während er selbst nur ein einäugiger, hinkender Silen
ist. Und er ist neidisch auf deinen Sieg bei Chaironeia.“
„Es war sein Sieg. Er war es, der die Athener auf dem
rechten Flügel in die Falle gelockt hat, und er war es auch, der mir den Befehl
auf dem linken anvertraut hat.“
„Sei nicht so ein Heuchler! Ich kenne dich, ich weiß genau,
wie stolz du bist, wenn die Leute dich den Löwen von Chaironeia nennen. Und
Philipp beneidet dich darum, er ist eifersüchtig, weil die Soldaten dich
vergöttern.“
„Du widersprichst dir dauernd selbst. Du sagst, Philipp beneidet
mich um meine Beliebtheit bei den Soldaten, und dann, dass sie mich als halben
Ausländer ablehnen. Was davon stimmt denn nun?“
Logik war noch nie Olympias’ starke Seite gewesen. „Es kommt
nicht darauf an, was die Makedonen denken. Ich wollte nur sagen, dass du nur so
lange Philipps Erbe bist, wie er dich
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