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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Thraker.“
    „Was ist das hier? Ein Fluss?“ Alexander zeigte auf eine lange,
gewundene Linie, die sich im Norden von Westen nach Osten erstreckte.
    „Das ist der Istros, der größte Fluss in Europa. Er mündet
in den Pontos, das große Binnenmeer hier im Nordosten.“
    „Und wo liegt Olynthos?“
    Theopompos deutete auf ein Gebiet weiter südlich. „Das ist
die Halbinsel Chalkidike. Hier gibt es viele griechische Städte, die sich unter
Führung von Olynthos zu einem mächtigen Bund zusammengeschlossen haben.“
    Alexander nahm die Stelle näher in Augenschein. Die Halbinsel
lief in drei Finger aus, die weit ins Meer vorsprangen. Sie hing an Makedonien
wie das Euter an der Kuh, und er begann zu verstehen, warum sich sein Vater so
brennend für die Chalkidike interessierte. „Wie kam es zu dem Krieg?“
    „Ursprünglich ging es um Arrhidaios und Menelaos.“
    „Arrhidaios?“, fragte Alexander verwundert. Was hatte sein
Halbbruder mit dem Krieg gegen die Chalkidike zu tun? Und wer war der andere …
„Menelaos?“
    „Die beiden Brüder des Königs.“
    Alexander hatte gar nicht gewusst, dass sein Vater zwei
Brüder hatte, jedenfalls keine, die noch am Leben waren. Niemand hatte je über
sie gesprochen. „Was ist mit ihnen?“
    „Als Philipp seinerzeit die Macht übernahm, flohen die
beiden nach Olynthos und baten um Asyl. Vor einiger Zeit verlangte der König
ihre Auslieferung. Die Olynthier weigerten sich, und er erklärte ihnen den
Krieg.“ Der Geschichtsschreiber zuckte die Achseln. „Natürlich ein Vorwand.
Menelaos und Arrhidaios leben schon seit vielen Jahren in Olynthos im Exil,
ohne dass Philipp etwas unternommen hätte. Der wahre Grund für den Krieg ist,
dass die Olynthier gemeinsame Sache mit Athen machen. Deshalb spuckt
Demosthenes in der Volksversammlung Gift und Galle, damit die Athener Olynthos
zu Hilfe kommen.“
    „Demosthenes?“
    „Ein aufstrebender athenischer Nachwuchspolitiker.“
    „Was haben die Athener mit Olynthos zu tun? Ich dachte, ihre
Stadt liegt weit im Süden!“
    „Richtig, aber an den Küsten hier im Norden liegen viele
Städte, die Mitglieder des Attischen Seebunds sind; das heißt, sie sind
offiziell mit den Athenern verbündet, in Wirklichkeit aber ihre Untertanen.
Deshalb ist es schon oft zu Konflikten zwischen Philipp und Athen gekommen. Zum
Beispiel wegen Amphipolis, das ist eine wichtige Stadt, hier an der Mündung des
Strymon.“ Theopompos tippte auf einen Punkt auf der Karte. „Der König hat sie
den Athenern weggeschnappt, und bald danach auch Pydna und Methone. Vor Methone
hat er übrigens sein Auge verloren; ein Bogenschütze hat es ihm ausgeschossen.
Später annektierte er den westlichsten Teil von Thrakien bis zum Nestos, und
auch hier lagen wieder viele athenische Stützpunkte. Außerdem ist dort das
Pangaion-Gebirge, von den Bergwerken dort hat Philipp Einnahmen in Höhe von
tausend Talenten im Jahr. Siehst du den Punkt hier, am Fuß des Pangaion? Das
ist Philippoi. Die Stadt hieß früher Krenides, aber der König sie ausgebaut und
umbenannt.“
    „Eine Stadt mit seinem Namen?“ Alexander war beeindruckt.
    „Das große Land hier südlich von Makedonien ist Thessalien.
Vor ein paar Jahren haben die Thessalier deinen Vater zum Anführer ihres Bundes
gewählt, zum Archon. Seitdem reicht sein Einfluss bis zu den Thermopylen, und
die Athener werden erst recht nervös.“
    Alexander, die Nase dicht über der Karte, war noch mehr
beeindruckt. In wenigen Jahren hatte sein Vater sein Herrschaftsgebiet
vervielfacht. „Wo liegen Epeiros und das Land der Molosser?“
    Theopompos zeigte auf ein Gebiet südwestlich von Makedonien.
„Hier in den Bergen leben viele Stämme, die Molosser sind nur einer davon, aber
zurzeit der wichtigste. Da ist Dodona, ihre Hauptstadt.“
    Während Alexander die Karte studierte, machte er eine interessante
Entdeckung: Seine Mutter kam aus Epeiros, Philinna aus Thessalien, Phila aus
Elimeia und Audata aus Illyrien. Der König hatte immer Frauen aus Ländern
geheiratet, die für ihn wichtig waren. Wahrscheinlich waren es deshalb so
viele.

6
    „Eines Tages werde ich König der Molosser sein“, erklärte
Olympias’ jüngerer Bruder mit Nachdruck.
    Alexander erwiderte: „Ich werde auch eines Tages König
sein.“
    „Genau genommen bin ich es sogar jetzt schon“, fuhr sein
Onkel und Namensvetter fort, als habe Alexander nichts gesagt. „Jedenfalls wenn
es nach Recht und Gesetz geht. Arybbas hat mir meinen Thron gestohlen,

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