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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Lysimachos
aus Akarnanien.“
    Lysimachos hängte sich an Leonidas und seinen Zögling wie
eine Klette ans Schafsfell. Alexander musste auch in Frostnächten bei offenem
Fenster schlafen – Lysimachos stellte seine Pritsche mit ins Zimmer und hustete
am nächsten Morgen herzzerreißend. Alexander badete in eiskaltem Wasser –
Lysimachos tat dasselbe und klapperte erbärmlich mit den Zähnen. Leonidas und
Alexander brachen zu einem Marsch durch die kahle Landschaft auf – Lysimachos
kam mit. Alle Anstrengungen und Entbehrungen, die Leonidas seinem Zögling
zumutete, nahm auch Lysimachos tapfer auf sich. Das tat selbstverständlich auch
Leonidas selbst, doch während dieser so robust war wie ein Preisochse, war
Lysimachos nicht nur schon ziemlich alt, sondern auch so dünn und klapprig,
dass man unwillkürlich um sein Leben fürchtete, wenn man ihn hinter den beiden
anderen herkeuchen hörte. Daher blieb Leonidas nichts anderes übrig, als zähneknirschend
Abstriche zu machen, wenn er seinen ungeliebten Assistenten nicht umbringen
wollte.
    Als Alexander das nächste Mal seine Mutter besuchte,
lächelte sie verschwörerisch und fragte, wie ihm der neue Erzieher gefalle. Er
saß an ihrem Herd, genoss die Wärme und machte sich über die Schüssel mit
heißem Linsenbrei her, die Pyrrha ihm hingestellt hatte. Olympias saß neben ihm
und hatte beschützend den Arm um seine Schulter gelegt.
    „Mein armer Achilleus! Dieser Leonidas wird dich noch umbringen,
wenn ich nichts unternehme.“ Sie seufzte und strich ihm über das Haar, während
er das Essen in sich hineinschaufelte. Er wusste, dass er so bald nichts
anderes mehr bekommen würde.
    „Ich habe an den König geschrieben“, sagte sie dann.
    Er blickte mit vollem Mund auf. Soweit er wusste, wechselten
seine Mutter und sein Vater kaum noch ein Wort miteinander.
    „Ich habe Leonidas’ Entlassung verlangt. Der König schrieb
zurück, ich solle mich geehrt fühlen, dass er einen Verwandten von mir als
Erzieher für dich eingestellt habe. Ich müsse mich mit ihm abfinden. Es könne
dir nicht schaden, wenn Leonidas aus dir einen Mann mache. Er behauptet, dass
ich dich zu sehr verzärtle.“
    Pyrrha schnaubte empört. „Muss der arme Junge erst halb
verhungert sein oder eine Lungenentzündung bekommen, ehe dieser Leonidas Vernunft
annimmt?“, schimpfte sie. Sogar die alte Gorgo, die sonst nie eine Miene
verzog, brachte das Kunststück fertig, andeutungsweise mitleidig zu blicken.
    Wieder strich ihm Olympias über die Haare. „Ich habe nicht
lockergelassen, bis er zugestimmt hat, Lysimachos einzustellen. Philipp war
schon immer ein Rohling. Wenn es nach ihm ginge, dürfte Leonidas dich ruhig zu
Tode schinden. Aber du hast ja mich! Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas
geschieht. Auf mich kannst du dich immer verlassen!“
    Oft verfluchte Alexander Leonidas heimlich, und er wusste
nicht, wie er seine rigiden Erziehungsmethoden überstanden hätte, wenn
Lysimachos nicht gewesen wäre. Wie sich herausstellte, war der neue Erzieher
ein begeisterter Verehrer der Ilias, des großen Epos, in dem die Geschichte von
Achilleus erzählt wurde.
    Alexander kannte sie bereits von seiner Mutter. Achilleus
war der größte Krieger der Griechen im Trojanischen Krieg gewesen. Doch
Agamemnon, ihr oberster Anführer, beleidigte ihn tödlich, und deshalb weigerte
er sich, weiter für sie zu kämpfen. Thetis, seine göttliche Mutter, ging zu
Zeus und bat ihn, den Trojanern den Sieg zu schenken – natürlich nur vorläufig,
nur, damit die Griechen erkannten, wie sehr sie Achilleus brauchten, und Agamemnon
ihn um Verzeihung bitten musste. Zeus erfüllte Thetis’ Bitte. Die Trojaner
trieben die Griechen zu ihrem Lager zurück und drohten, sogar ihre Schiffe in
Brand zu stecken. In seiner Bedrängnis schickte Agamemnon Gesandte zu
Achilleus. Sie flehten ihn an, den Griechen zu helfen.
    Dies war der Punkt, den Alexander bis dahin nie richtig verstanden
hatte. „Warum hat Achilleus da seinen Zorn nicht begraben?“, fragte er
Lysimachos. „Agamemnon hatte sich doch entschuldigt und ihm sogar einen Berg
von Geschenken als Wiedergutmachung angeboten.“
    „Achilleus ließ sich von seinem Zorn überwältigen“, meinte
Lysimachos. „Ursprünglich war er im Recht gewesen, doch irgendwann war er es
nicht mehr. Sein Zorn machte ihn so blind, dass er nicht merkte, wann der Zeitpunkt
gekommen war, sich mit seinem Gegner zu versöhnen. So gab es für ihn keinen Weg
mehr zurück. Aber wenigstens

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