Eine Krone für Alexander (German Edition)
Bastard einer thessalischen Tänzerin!“
Im schwachen Schein der Lampen redeten sie sich die Köpfe
heiß. Ptolemaios fläzte sich auf dem Boden, ein Kissen im Kreuz, und hatte sich
den Weinkrug gesichert. „Alexander, lass dir das nicht bieten! Geh zum König
und sag ihm, dass er das nicht mit dir machen kann!“
„Vielleicht ist an der Sache gar nichts dran“, meinte
Nearchos vom Fenster her. „Oder könnt ihr euch Arrhidaios als Dynasten von
Karien vorstellen?“
Die Vorstellung brachte alle zum Lachen. Alle außer Alexander,
der düster vor sich hin starrte, und Hephaistion, der mit besorgter Miene vor
Alexanders Kline auf dem Boden saß, die Arme um die angezogenen Beine gelegt.
Erigyios schnappte Ptolemaios den Krug weg. „Stellt euch
vor, wie er sich am Hof in Halikarnassos auf dem Boden wälzt und sabbert!“
Alles johlte durcheinander, nur Harpalos beschränkte sich
auf ein zynisches Grinsen. Als die anderen sich wieder beruhigt hatten, sagte
er: „Das Ganze ergibt einfach keinen Sinn. Philipp muss doch klar sein, dass
die Karer merken werden, was mit Arrhidaios los ist. Es sei denn, sie sind
genauso beschränkt wie er, und das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“
„Vielleicht denkt er, der Feldzug ist vorbei, bevor ihnen
etwas auffällt“, mutmaßte Nearchos. „Wie alt ist Pixodaros’ Tochter eigentlich?
Vielleicht dauert es noch ein paar Jahre, bis sie heiraten kann und Arrhidaios
nach Halikarnassos muss.“
„Vielleicht geht es gar nicht um Karien“, orakelte Erigyios
geheimnisvoll. „Vielleicht liegt die Antwort hier in Makedonien.“
Sein Bruder, der sich neben ihm auf dem Boden lümmelte,
rammte ihm den Ellenbogen gegen das Scheinbein. „Könntest du dich wohl etwas
klarer ausdrücken?“
Erigyios versetzte ihm einen Tritt. „Es ist doch klar, was
Philipp bezweckt: Er will Arrhidaios zum Thronfolger aufbauen.“
„Das hatten wir doch schon!“, winkte Nearchos gelangweilt
ab. „Inzwischen weiß noch der letzte pelagonische Berghirt, dass Arrhidaios ein
Idiot ist. Kein Makedone würde ihn als König akzeptieren.“
„Arrhidaios ist nur der Lückenbüßer“, sagte Erigyios. „Wenn
Kleopatras Sohn geboren ist, wird er entweder umgebracht oder nach Karien
abgeschoben, was auf das Gleiche hinausläuft. Vielleicht hat Attalos das Ganze
eingefädelt. Er ist doch drüben in Asien, oder?“
„Das ist doch alles Unsinn“, schaltete sich wieder Harpalos
ein. „Denkt mal nach: Entweder Kleopatra bekommt einen Sohn – dann ist
Arrhidaios überflüssig. Oder sie bekommt keinen Sohn
– dann ist er es genauso.“
Das gab ihnen zu denken, und sie wurden stiller. Offenbar
gingen ihnen allmählich die Theorien aus.
„Es gibt nur eine Erklärung dafür, warum mein Vater diese
Heirat will“, sagte plötzlich Alexander, der bis dahin stumm vor sich hin
gebrütet hatte. Alle sahen auf. „Es geht nicht um Arrhidaios, es geht um mich.
Philipp will verhindern, dass ich die karische Prinzessin
heirate.“
„Und warum?“, fragte Ptolemaios verdutzt.
„Die Karer kontrollieren einen beträchtlichen Teil der asiatischen
Westküste. Sie verfügen über Truppen und eine schlagkräftige Flotte – und sie
würden die Perser liebend gerne loswerden. Wenn wir uns mit ihnen verständigen,
könnten wir schnell die gesamte Westküste unter unsere Kontrolle bringen.
Philipp braucht dieses Bündnis, und trotzdem will er mich nicht nach
Halikarnassos schicken, obwohl das die einzige vernünftige Lösung wäre. Lieber
schickt er Arrhidaios und riskiert, die Karer zu vergraulen. Warum geht er
dieses Risiko ein? Weil er um jeden Preis verhindern will, dass ich die
Kontrolle über die karischen Stützpunkte und Schiffe bekomme.“
„Verstehe ich nicht“, sagte Ptolemaios. „Warum sollte
Philipp etwas dagegen haben? Nach dem, was du gerade gesagt hast, müsste das
doch in seinem Interesse sein.“
„Offenbar ist es das nicht! Denn wenn ich erst über eine
Machtbasis in Karien verfüge, kann er mich nicht mehr so leicht
beiseiteschieben – und das ist es, was er beabsichtigt! Er wartet nur noch ab,
bis Kleopatra einen Sohn bekommt. Dann wird er ihn offiziell zu seinem Erben
erklären.“
Alles schwieg schockiert, obwohl die Quintessenz des Gedankengangs
nicht eben neu war. Tatsächlich entsprach sie ziemlich genau dem, was Erigyios
auch schon gesagt hatte, doch in Alexanders Version klang alles gleich viel
einleuchtender.
„Wollt ihr wissen, wie er ihn nennen will?“ Er macht
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