Eine Krone für Alexander (German Edition)
tatsächlich dreizehn. Sieh dir den da mal genauer an.“ Er wies auf das
ihnen am nächsten stehende Standbild.
„Kommt mir bekannt vor“, meinte der Molosser. „Irre ich mich
oder sieht die Statue aus wie dein Vater?“
„Du irrst dich nicht. Lysippos hat sie erst vor ein paar
Tagen fertig gestellt.“
In diesem Augenblick trat der König aus dem Tempel, und der
Oberpriester gab seinen Leuten ein Zeichen. Sie standen auf und machten sich
bereit. Die Träger des Götterbildes, das dem Ausgang am nächsten war, stemmten
mit rhythmischem Hauruck ihre Last auf die Schultern. Das Standbild – es
stellte Zeus dar, den Vater der Götter und Menschen – wurde als erstes zum Tor
hinausgetragen. Nach und nach setzte sich der Festzug in Bewegung.
Alexander der Molosser unterzog Philipps Abbild einer eingehenden
Musterung. „Wirklich gut getroffen, bis auf das fehlende Auge natürlich. Dieser
Lysippos ist ein großartiger Künstler. Und die Statue soll tatsächlich zusammen
mit den anderen im Umzug mitgeführt werden?“
„Sieht so aus.“
Die ersten Götter hatten bereits den Hof verlassen, als der
König zu seinem Sohn und seinem Schwiegersohn herübergeschlendert kam.
„Heute ist ein großer Tag!“, rief Demaratos ihm zu. „Im Theater
sitzen Gesandte aus allen Staaten Griechenlands und warten darauf, dir die Ehre
zu erweisen, die dir schon lange gebührt.“
„Ja, ein großer Tag“, stimmte Philipp ihm zu, „einer der größten
in der Geschichte unseres Volkes – aber nicht der größte! Wenn wir im Frühjahr
nach Asien aufbrechen, wird es noch viele große Tage geben.“
Philipp trug ein blütenweißes Himation und auf dem Kopf einen
Kranz aus goldenem Eichenlaub. Er strahlte Optimismus aus. Jovial hakte er sich
bei Demaratos unter und steuerte mit ihm zusammen dem Ausgang zu. Draußen
hatten bereits die Königlichen Pezhetairen Aufstellung genommen. Die Pferde
wurden vorgeführt, und der König und sein Gefolge schwangen sich hinauf.
Bukephalos tänzelte theatralisch auf der Stelle. Der Trubel und die öffentliche
Aufmerksamkeit gefielen ihm; er war ein eitles Pferd.
Philipp ritt zwischen Sohn und Schwiegersohn. Alexander befand
sich rechts von ihm, sein Schwager links, beide ein wenig nach hinten versetzt.
Hinter ihnen ritten Amyntas, Antipatros und andere Größen des Reiches. Zu
beiden Seiten marschierten die Pezhetairen, ein imposanter Anblick mit ihren
flatternden Helmbüschen, den blitzenden Rüstungen, den polierten Schilden und
purpurgesäumten Umhängen. Der Festzug bog auf die Hauptstraße und bewegte sich
in gemächlichem Tempo durch die Stadt. Jubelnde Menschen säumten seinen Weg.
Philipp winkte huldvoll in die Menge, während sein Ebenbild in illustrer Gesellschaft
durch die Straßen schwankte.
Am Heiligtum der Eukleia legte man einen Zwischenstopp ein.
Während der Opferzeremonie fiel Alexanders Blick auf die Statuen im Hof. Eine
davon erregte seine Aufmerksamkeit. Laut Inschrift handelte es sich um ein
Weihgeschenk für die Göttin, gestiftet von seiner Großmutter. Es stellte
Eurydika selbst dar, wenn auch etwas geschönt; ihr Gesicht wirkte zwar ein
wenig rundlich, fand Alexander, während er es musterte, doch die charakteristischen
Hängebacken waren allenfalls zu erahnen, und das auch nur für jemanden, der mit
ihren Zügen vertraut war. Typisch Eurydika, eine lebensgroße Statue von sich
aufstellen zu lassen, zu einer Zeit, in der Frauen öffentlich kaum in Erscheinung
traten.
Von dem kleinen Tempel aus ging es weiter an Häusern und
öffentlichen Gebäuden vorbei zum Theater. Unterwegs wurde die Menge immer
dichter, und der Lärm nahm zu. Auf dem Vorplatz kam der Zug zum Stehen. Die Reiter
stiegen ab, als die letzten Götterbilder im Eingang zum Theater verschwanden.
Alexander übergab Bukephalos’ Zügel einem herbeieilenden Königsjungen. Drinnen
schwoll der Jubel hörbar an, Philipps Statue musste soeben in Sichtweite der
Zuschauer gekommen sein. Philipps Hetairen drängten ins Theater, und vor dem
Eingang bildete sich ein Rückstau.
Philipp wandte sich an Admetos, den Kommandanten der
Königlichen Pezhetairen. „Du schickst deine Leute erst rein, wenn ich drin
bin.“
Admetos machte ein unglückliches Gesicht. „Das ist verdammt
riskant! Hier sind überall Fremde, und in dem Durcheinander kann man unmöglich
den Überblick behalten.“
„Was soll in den paar Augenblicken schon passieren? Die
Griechen sollen sehen, dass ich kein Despot bin, der sich hinter einer
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