Eine Krone für Alexander (German Edition)
Talente Schulden, die bis
jetzt aufgelaufen sind.“
Alle Anwesenden starrten ihn bestürzt an. Fünfhundert
Talente Schulden waren eine deprimierende Summe.
„Ich verstehe das nicht“, sagte Alexander schließlich.
„Allein aus den Goldbergwerken im Pangaion kommen jedes Jahr über tausend
Talente herein, das weiß ich zufällig genau. Dazu kommen noch die Erträge aus
den Minen im Dysoron und in Thrakien. Wo ist das ganze Geld geblieben?“
Mit einem Grinsen meinte Harpalos: „Eine standesgemäße
Hofhaltung ist kostspielig. Hast du eine Ahnung, was es kostet, Scharen von
Bediensteten und Beamten zu besolden, großzügig Geschenke zu verteilen und alle
naselang rauschende Bankette zu veranstalten?“
„Nein“, sagte Ptolemaios spitz, „aber ich bin sicher, du
weißt es.“
Harpalos war außer für sein Zahlentalent auch für seinen
Hang zum Luxus bekannt. „Die Hofhaltung ist noch unser kleinstes Problem, die
meisten Kosten verursacht der Unterhalt für die Armee.“ Er begann, Kolonnen von
Zahlen herunterzurasseln, angefangen bei den Einnahmen aus den Bergwerken, den
Hafenzöllen und dem Holz- und Rohstoffhandel. „Die direkte Besteuerung hast du
ja leider bei deiner Wahl zum König abgeschafft“, erklärte er mit
vorwurfsvollem Blick zu Alexander. „Herrscher machen sich keine Vorstellungen,
dass das Geld, das sie so freizügig unter die Leute bringen und mit dem sie
ihre ehrgeizigen Vorhaben finanzieren, irgendwo herkommen muss.“
Natürlich hatte Harpalos recht, zumindest was Alexander betraf.
Als Königssohn hatte er sich in seinem ganzen Leben nie Gedanken um Geld machen
müssen. Zwar wusste er durchaus, wo es herkam, von Steuern und Zöllen nämlich,
aus der Tiefe von Bergwerken und von besiegten Feinden, denen man es abnahm.
Doch dieses Wissen war eher theoretischer Natur als auf konkreten Erfahrungen
zu beruhen. Geld hatte einfach vorhanden zu sein, wenn man es brauchte.
Harpalos betete inzwischen die aktuellen Zahlen der zu besoldenden
Truppen herunter sowie die Soldhöhe pro Soldat je nach Rang und Einheit und
addierte schließlich die sich daraus ergebenden Kosten pro Tag, Monat und Jahr.
Hinzu kamen die Aufwendungen für Verpflegung und Ausrüstung, ganz zu schweigen
von denen für die Flotte. Die Summe wurde immer höher, die Diskrepanz zwischen
Einnahmen und Ausgaben immer entmutigender.
„Schon gut“, unterbrach Alexander schließlich, bevor
Harpalos zum bitteren Ende seiner Ausführungen gelangen konnte. „Wir werden uns
etwas einfallen lassen müssen.“
„Man könnte die direkte Besteuerung wieder einführen“,
meinte Harpalos.
„Nachdem ich sie gerade abgeschafft habe? Ausgeschlossen.“
„Warum besorgen wir uns das Geld nicht einfach bei den Persern?“,
fragte Nearchos, der sich bis jetzt herausgehalten hatte. „Wenn sie es sich
leisten können, unsere Feinde überall in Griechenland so großzügig mit Geld zu
überschütten, könnten sie sicher auch für uns ein bisschen erübrigen.“ In das
allgemeine Gelächter hinein setzte er hinzu: „Allein in Persepolis sollen
hunderttausend Talente Gold und genauso viel Silber lagern. Habt ihr eine
Vorstellung, wie viel das ist? Genug, um ganz Pella mit einer Mauer aus
Goldbarren zu umgeben!“
Als Alexander in den Palast zurückkehrte, wartete in
seinem Arbeitszimmer bereits Antipatros auf ihn. „Wie war’s?“, fragte der alte
Mann mit süffisantem Grinsen.
Alexander zuckte resigniert mit den Achseln, woraufhin
Antipatros sein „Ich hab’s dir doch gesagt“-Gesicht aufsetzte. Alexander nahm
hinter seinem Schreibtisch Platz. „Nachrichten aus dem Süden?“
„Noch nicht. Wir rechnen jeden Tag mit ersten geheimen
Berichten unserer Informanten. Offizielle Reaktionen werden allerdings länger
brauchen. Erst dann wissen wir definitiv, ob die Griechen dich als Hegemon
anerkennen.“
„Wieso ob? Der Bundesvertrag, den mein Vater mit ihnen geschlossen
hat, lässt in diesem Punkt keinen Spielraum: Philipp war Hegemon auf Lebenszeit,
nach seinem Tod geht das Amt automatisch auf seinen Sohn und Nachfolger über,
also auf mich. Eine offizielle Bestätigung ist nicht erforderlich.“
„Nicht nach den Buchstaben des Vertrags. Aber du weißt so
gut wie ich, dass es nicht so reibungslos ablaufen wird. Philipp hat den
Griechen den Vertrag aufgezwungen. Jetzt, wo er tot ist, fühlen sie sich
womöglich nicht mehr an ihn gebunden.“
Alexander war nicht in der Stimmung, sich Antipatros’ Unkenrufe
anzuhören. Durch die
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