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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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undurchdringliches
Dunkel. Fackellicht fiel auf steinerne Bodenplatten, und ein Schwall modriger
Luft quoll heraus. Der vorderste Besucher trat ein und versuchte, mit seiner
Fackel in die Tiefe des Raumes zu leuchten. Zunächst ohne großen Erfolg, doch
andere drängten nach und brachten mehr Licht. Es erhellte einen langen Gang,
der von der Tür wegführte. Zu beiden Seiten gähnten dunkle Nischen.
    Einer der Besucher leuchtete in die erste Nische auf der rechten
Seite. Anfangs schien es, als ob sie leer war, doch dann traten aus der
Dunkelheit die Umrisse großer Truhen hervor, die an der Rückwand standen, alle
von exakt gleicher Größe und Machart. Das flackernde Licht spiegelte sich auf
ihren Eisenbeschlägen.
    Alexander nahm Harpalos die Fackel aus der Hand und leuchtete
damit in die nächste Nische. Hier standen sogar noch weniger Truhen als in der
ersten. Harpalos, der sich nicht von der Stelle rührte, zog fröstelnd den
Umhang um seine Schultern. Hier unten war es erstaunlich kühl. Der Wärme, die
in diesen Herbsttagen tagsüber draußen noch herrschte, war es nicht gelungen,
das massive Mauerwerk zu durchdringen.
    Die anderen liefen lärmend den Gang hinunter, während Alexander
die beiden Nischen auf der anderen Seite inspizierte. Sie waren vollkommen
leer. Er blieb stehen und sah sich um. Was in der schlechten Beleuchtung
zunächst wie ein Gang mit Nischen ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit ein
lang gestreckter, rechteckiger Saal, der von massiven Pfeilern in drei Schiffe
gegliedert wurde. Wände und Pfeiler bestanden aus unverputzten, sorgfältig
verfugten Steinquadern. Fenster waren nirgends zu sehen, doch irgendwo gab es
sicher Belüftungsschächte. Sofern man in dem labyrinthischen Gewirr von Gängen
und Treppen den Überblick behalten konnte, musste der Saal mehr oder weniger
ebenerdig liegen, trotzdem vermittelte er den Eindruck, sich tief unter der
Erde zu befinden, ein düsteres Verlies in den Eingeweiden der Erde. Aus den
Sümpfen der Umgebung schien Feuchtigkeit durch das Gemäuer zu sickern. Sie hing
in der Luft, erschwerte das Atmen und erzeugte zusammen mit der schlechten
Beleuchtung und der einschüchternden Wucht des Mauerwerks ein Gefühl der
Beklemmung. Kein Ort, an dem man sich gern aufhielt. Doch dazu war er auch
nicht geschaffen worden. Die düsteren Gewölbe beherbergten normalerweise nur
ein paar unglückliche Gefangene – sowie den Staatsschatz.
    Das königliche Schatzamt war auf Phakos untergebracht, einer
Insel mitten in den Sümpfen nahe bei Pella. Mit klobigen Mauern befestigt, umgeben
von undurchdringlichem Morast und Schilfflächen, die zu seicht für Schiffe
waren, war die Örtlichkeit nahezu ideal, um Unbefugte fernzuhalten. Wenn nicht,
dachte Alexander düster, in der Schatzkammer ohnehin gähnende Leere geherrscht
hätte.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass es so wenig ist“, sagte er zu
Harpalos. Alexander hatte ihn zusammen mit Ptolemaios, Nearchos, Erigyios und
Laomedon aus der Verbannung zurückgerufen. Die anderen waren inzwischen im
ganzen Saal ausgeschwärmt und hatten sich davon überzeugt, dass der hintere
Bereich leer war, genau, wie Alexander befürchtet hatte. Ihr enttäuschtes
Geschrei hallte im Raum wider. „Wie wenig ist es genau?“
    Harpalos zückte das Verzeichnis, das er irgendwo aufgetrieben
hatte, und hielt es Alexander unter die Nase. Er selbst musste keinen Blick
darauf werfen, um sich über die genauen Zahlen im Klaren zu sein. Seine Behinderung
machte ihn untauglich für den Militärdienst, aber er besaß ein geradezu
unheimliches Gespür für Zahlen, und Alexander schätzte ihn trotz seiner Jugend
als Fachmann in Finanzfragen.
    „In diesen Truhen hier lagern etwa acht Talente in gemünztem
Gold“, zählte Harpalos auf, „sowie Silbermünzen im Wert von siebenundzwanzig
Talenten. Außerdem gibt es fünf Talente ungemünztes Gold und Silberbarren für
fünfzehn Talente. Macht zusammen dreizehn Talente Gold und zweiundvierzig in
Silber.“
    „Das ist alles?“
    „Das ist alles“, echote Harpalos.
    „Aber es muss doch noch mehr da sein“, schaltete sich Ptolemaios
ein, der mit enttäuschter Miene den Mittelgang herunterkam. „Wie viel ist zum
Beispiel in Amphipolis?“
    „In der Münzstätte dort lagern noch mal zwei Talente Gold
und acht Talente Silber, mehr nicht. Alles in allem also fünfzehn Talente in
Gold und fünfzig in Silber. Tatsächlich sind es sogar noch weniger. Zu
berücksichtigen sind nämlich noch etwa fünfhundert

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