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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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und mit Theben und Athen gleich zwei der drei traditionellen Vormächte
ebenso sang- wie klanglos eingeknickt waren, hatten es plötzlich alle eilig,
Alexander als Hegemon anzuerkennen. Wie zuvor sein Vater wurde er außerdem zum
bevollmächtigten Strategen für den Rachefeldzug gegen die Perser ernannt. Auch
dieses Mal glänzten die Spartaner in Korinth durch Abwesenheit. Lapidar ließen
sie ausrichten, sie seien es gewohnt, die Führung zu übernehmen – nicht aber, anderen
zu folgen.
    Alexander nahm es achselzuckend zur Kenntnis. Nachdem die
Lage geklärt war, gab er sich freundlich und konziliant. Er lächelte
verbindlich, grüßte nach allen Seiten und zeigte sich umgeben von einem Schwarm
von Freunden und Bewunderern in der Öffentlichkeit, wo oft Scharen von Menschen
zusammenliefen, um ihn zu sehen. Am Abend lud er zu einem repräsentativen Fest
ein, das auf Demaratos’ Anwesen vor der Stadt stattfand.
    „… vor allem der berühmt-berüchtigte Diogenes“, sagte
Anaximenes zu Alexander. „Er gehört gewissermaßen zu den Sehenswürdigkeiten von
Korinth. Lebt in einer Tonne in der Vorstadt Kraneion, genauer gesagt in dem
gleichnamigen Gymnasion. Du solltest ihm dort einmal einen Besuch abstatten.“
    Anaximenes hatte die Angewohnheit, völlig unerwartet aufzutauchen
und sich dann für eine Weile nicht abschütteln zu lassen, ehe er ebenso
plötzlich wieder verschwand. So hatte sich der Geschichtsschreiber und
Rhetoriker auch kürzlich in Korinth eingefunden und sich uneingeladen in
Alexanders Entourage festgesetzt wie eine Klette in einem Ziegenfell, allgegenwärtig
und nicht loszuwerden.
    „Dieser Diogenes spielt sich als Philosoph auf“, schimpfte
Kallisthenes, der von Anaximenes’ Anwesenheit nicht erbaut war. „Dabei ist er
nichts weiter als ein gewöhnlicher Bettler.“
    „Diogenes lehrt, dass der Mensch sich von allen Abhängigkeiten
frei machen soll, vor allem von materiellen Dingen“, dozierte Anaximenes. „Das
ist der Grund, warum er wie ein Bettler lebt.“
    Alexander stellte fest, dass sein Becher leer war, und gab
einem der Königsjungen einen Wink. Der Junge lief zu dem großen Mischkrug aus
vergoldeter Bronze, der in der Mitte des Saales stand, und sorgte für Nachschub.
Am nächsten Tisch hatte eine Hetäre kurz zuvor ein altes ionisches Liebeslied
angestimmt. Alexander nahm einen Schluck aus seinem Becher. Da es noch früh am
Abend war, war der Wein stark verdünnt.
    Wütend fauchte Kallisthenes Anaximenes an: „Ich verstehe
nicht, wie du den Kerl verteidigen kannst! Hat er dich nicht einmal gefragt, ob
du ihm nicht einen Teil von deinem Wanst abgeben willst?“ Er pikste seinen Konkurrenten
mit dem Zeigefinger in den Bauch, der in der Tat recht umfangreich geworden
war. „Und bei einem deiner Rhetorik-Vorträge lenkte er die Zuhörer ab, indem er
Faxen mit einem geräucherten Fisch veranstaltete.“
    Anaximenes lachte. „Das war typisch Diogenes.“
    Alexander warf einen Blick zu Hephaistion, der einige Klinen
weiter in ein Gespräch mit einem ganzen Schwarm aufwendig zurechtgemachter Hetären
vertieft war.
    „Der Kerl ist so frech und unverschämt wie ein Straßenköter“,
ereiferte sich Kallisthenes. „Nicht umsonst nennt man ihn den ‚Hund‘ – weil er
sich einen Spaß daraus macht, andere zu beleidigen und vor den Kopf zu stoßen.“
    Alexander riss seinen Blick von Hephaistion und seinen Bewunderinnen
los. „Ich habe gehört, dass Diogenes auf diesem Weg die menschliche Dummheit
und Ignoranz entlarven möchte, so ähnlich wie einst Sokrates.“
    „Er ist allenfalls ein Möchtegern-Sokrates“, erklärte
Kallisthenes verächtlich. „Diogenes geht es gar nicht um philosophische Fragen,
er ist nicht besser als die anderen Schnorrer, die zu Hunderten auf den Straßen
herumlungern und die Leute belästigen. Nur dass er es raffinierter anstellt als
die meisten. Immer wieder gelingt es ihm, Aufsehen zu erregen und
zahlungskräftiges Publikum anzulocken.“
    „Seine Geschäftsidee kann nicht besonders erfolgreich sein“,
wandte Alexander ein, „wenn er in einer Tonne hausen muss.“
    Die Hetäre am Nachbartisch hatte ihren Vortrag beendet und
nahm mit anmutigem Lächeln den reichlich gespendeten Beifall entgegen. „Eine attraktive
Frau“, bemerkte Demaratos mit Blick zu ihr.
    Der alte Mann hatte recht. Die Hetäre war in der Tat
attraktiv, nicht groß, aber sehr schlank, mit heller Haut und hellblondem, fast
silbrig schimmerndem Haar. Auf dem Kopf trug sie einen Kranz

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