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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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schwanger.“
    „Nein, sie hat es mir gesagt.“ Wieder begann Amyntas zu
lachen. „Erstaunlich, wie die alten Mythen unser eigenes Leben vorzeichnen können.
Amphiaraos wurde von seiner eigenen Frau verraten. Bei mir ist das natürlich
nicht so, aber am Abend nach Philipps Tod fragte ich Kynnana, ob sie schwanger
sei. Sie sagte nein. Sie war zu überrascht, um mich anzulügen. Hätte sie es
getan, wäre ich nicht gegen dich angetreten. Später begriff Kynnana natürlich,
warum ich gefragt hatte, und seither macht sie sich Vorwürfe.“
    Alexander war in Gedanken noch immer bei dem Orakel.
„Vielleicht bezog sich der Spruch mit dem Spross von deinem Stamm auf die
kleine Hadeia.“
    „Eine Frau, die über Makedonien herrscht? Ziemlich unwahrscheinlich.“
    „Vielleicht meinte das Orakel ihren Sohn.“
    „Dann sollte meine Tochter sich wohl in Acht nehmen.“
    Amyntas’ Stimme hatte sich verändert. Seine bisherige
Gelassenheit war von ihm abgefallen wie eine Maske, er wirkte gespannt wie ein
Löwe vor dem Sprung, und aus seinen Augen strahlte eine geradezu Furcht
einflößende Entschlossenheit. Niemals zuvor hatte Alexander diese Seite an ihm
zu Gesicht bekommen. Plötzlich ertappte er sich dabei, wie er seine Chancen
abschätzte, für den Fall, dass Amyntas ihn angreifen sollte, hier und jetzt.
    Alexander schüttelte den Kopf. „Frauen und Kinder haben
nichts von mir zu befürchten.“ Und als Amyntas den Blick noch immer nicht abwandte:
„Ich schwöre es dir bei allem, was mir heilig ist: Deiner Familie wird nichts
geschehen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sie zu schützen.“
    Amyntas nickte, dann wich die Spannung aus seiner Haltung,
sein Blick wurde wieder distanziert und verschlossen.
    „Danke für den Wein.“ Alexander gab ihm den Becher zurück
und stand auf. Es war alles gesagt.
    Plötzlich packte Amyntas seine Hand und hielt sie fest. Sein
Daumen strich über den blutroten Stein an Alexanders Ringfinger. „Du hast viel
dafür getan, um ihn zu bekommen. Ich habe nicht die geringste Vorstellung, was
es dich gekostet haben muss, aber eines weiß ich: Wenn du ihn behalten willst,
wird der Preis dafür noch weitaus höher sein.“
    Das Gefühl des Mitgefühls auf Amyntas’ Gesicht war kaum zu
ertragen. Alexander entriss ihm seine Hand.
    „Ich beneide dich nicht. Morgen werde ich sterben – und doch
würde ich niemals mit dir tauschen wollen.“
    „Das ist wahrscheinlich der Unterschied zwischen uns
beiden“, sagte Alexander zu Hephaistion, als sie durch die düsteren Gänge der
Festung schritten. „Und das ist auch der Grund, warum Amyntas dort im Kerker sitzt
und nicht ich. Nicht, weil er nicht König sein wollte, nicht, weil er nicht
berufen gewesen wäre – denn er war berufen. Auch nicht, weil es ihm an Mut oder
Stärke gefehlt hätte, denn beides hat er verraten, als er seine Familie bedroht
sah. Nein, ihm fehlte es an Entschlossenheit. Dem absoluten Willen, den man
besitzen muss, um sein Ziel zu erreichen, egal, welchen Preis man dafür zahlen
muss.“
    Arrhabaios und Heromenes. Attalos und seine Familie.
Amyntas.
    „Dazu war er nicht bereit. Für seine Familie hätte er mich
dort drinnen im Kerker mit seinen bloßen Händen umgebracht. Mich erwürgt oder
meinen Kopf an der Kerkerwand zerschmettert. Hätte es zumindest versucht. Für
seine Familie – aber nicht für das Königtum. Und deshalb ist er es, der morgen
früh sterben wird, nicht ich.“
    Wie wäre die Entscheidung der Heeresversammlung
ausgefallen, hätte Amyntas in all den Jahren auch nur einmal seine wahre Stärke
gezeigt?
    „Noch ist es nicht zu spät“, sagte Hephaistion.
    „Das war es von Anfang an.“
    „Es ist nie zu spät. Gibt es nicht doch eine Möglichkeit,
Amyntas zu retten? Irgendeine?“
    „Ich habe wieder und wieder darüber nachgedacht, aber es
gibt keinen Ausweg. Ich wünschte, ich hätte ihn besser kennen gelernt. Wir
hätten Freunde sein können, das habe ich vorhin gespürt. Doch jeder von uns war
auserwählt, König zu sein, und über den Abgrund zwischen uns führte keine
Brücke. Das Schicksal selbst hat sich zwischen uns gestellt.“ Und dann fügte
Alexander bitter hinzu: „Das Schicksal und meine Mutter! Ohne sie hätte ich nie
von diesem Komplott erfahren. Das alles ist ihre Schuld!“
    Als sie am Kai ankamen, bemerkten sie, dass in der Dunkelheit
ein weiteres Boot angelegt hatte. Eine verschleierte Frau stand davor und nahm
ein kleines Kind entgegen, das eine andere ihr

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