Eine Krone für Alexander (German Edition)
Heer ist. Und auch jeden Stamm, der sich mir entgegenstellen sollte.“
„Wie ich sehe, bist du furchtlos. Wir Kelten bewundern das,
denn auch wir kennen keinerlei Furcht.“
Alexander zog eine Braue hoch. Seit die Gesandten herausbekommen
hatten, dass er sich nicht nach Westen zu wenden beabsichtigte, hatte sich ein
herablassender Ton in ihre Worte eingeschlichen, der ihm überhaupt nicht
gefiel. „Nur Dummköpfe fürchten sich nicht, wenn sie Grund dazu haben.“
„Du hast völlig recht“, beteuerte Gaizatorix und strich sich
grinsend über seinen blonden Schnurrbart. „Wenn ich es mir recht überlege, gibt
es doch etwas, vor dem wir Kelten uns fürchten.“
„Und das wäre?“
„Dass uns der Himmel auf den Kopf fällt.“
Gaizatorix und die anderen Kelten brachen in wieherndes Gelächter
aus.
„Die Kelten sind Angeber“, sagte Alexander am nächsten Morgen,
als er zusah, wie die Kelten aus dem Lager ritten. Er litt unter Kopfschmerzen
infolge des Gelages, das sich bis tief in die Nacht hingezogen hatte.
Hephaistion stand hinter ihm im Zelteingang und verfolgte
über seine Schulter hinweg, wie die Kelten mit ihren Standarten und unter dem
unmelodischen Geschmetter ihrer Trompeten Richtung Lagertor ritten. „Kann es
sein, dass du nur einfach beleidigt bist, weil sie sich nicht von dir haben
einschüchtern lassen?“
„Nein!“, fauchte Alexander und wandte sich ins Zeltinnere.
Hephaistion folgte ihm. „Gib’s zu, als du sie gefragt hast,
wovor sie sich fürchten, hast du gehofft, sie sagen, vor dir!“
„Ich wollte nur klarstellen, dass sie sich keine falschen
Hoffnungen zu machen brauchen. Sie waren ein bisschen zu sehr an den goldenen
Weihgeschenken in Delphi interessiert. Hast du bemerkt, wie Gaizatorix seinen
silbernen Becher gemustert hat?“
„Vielleicht hat ihm ja auch nur die Mänade gefallen“,
witzelte Hephaistion.
Alexander verzog das Gesicht. „Klar, vielleicht sind die Kelten
ja auch Kunstliebhaber.“
„Hast du Gaizatorix eigentlich den Becher geschenkt, der ihm
so gefallen hat?“
„Das wollte ich ursprünglich, aber dann habe ich mich
dagegen entschieden. Wozu die Kelten auf dumme Gedanken bringen? Hoffentlich
bleiben sie für immer und ewig in ihren Siedlungsgebieten am Ende der Welt und
verrotten dort!“
Wenige Tage später brach die Armee auf nach Süden, auf dem
gleichen Weg, den sie vor vier Jahren schon einmal genommen hatte: den Oiskos
stromauf in das Haimos-Gebirge, um über den Oberlauf des Strymon nach
Makedonien zurückzukehren. Alexander hatte es eilig. Noch immer ging er davon
aus, in diesem Jahr noch nach Asien aufbrechen zu können. Der Sommer hatte
gerade erst begonnen, und das Orakel auf dem thrakischen Berg hatte ihn in
seiner Meinung bestärkt – die Brandwolke war direkt nach Osten gezogen.
Sie waren noch nicht lange unterwegs, als Boten aus Illyrien
eintrafen. Sie kamen von Pleurias, dem König der Ardiaier, bei dem Alexander
seine Zeit im Exil verbracht hatte, und brachten schlechte Nachrichten: Die Dardaner,
ein großer und mächtiger illyrischer Stamm, hatten zu den Waffen gegriffen und
drängten südwärts ins Gebiet der großen Seen. Unter Führung ihres Königs
Kleitos marschierten sie auf die Grenzfestung Pelion, den letzten makedonischen
Vorposten in diesem Gebiet. Glaukias, der König der Taulantier, hatte sich mit
Kleitos verbündet und näherte sich mit einem großen Aufgebot von Westen. Und
noch ein Stamm war mit von der Partie: Die Autariaten sollten das makedonische
Heer bereits auf dem Marsch behindern. Mit anderen Worten: Die gesamte
illyrische Grenze war bedroht.
„Wir müssen so schnell wie möglich zu den Seen vorrücken“,
erklärte Philotas besorgt, „ehe dieser Kleitos sich in Pelion festsetzt und
Glaukias auftaucht, um seine Kräfte mit denen der Dardaner zu vereinen.“
Koinos machte ein finsteres Gesicht. „Ich erinnere mich noch
gut, wie es war, als die Illyrer das letzte Mal unsere Grenzen überrannten. Der
alte Bardylis hatte die illyrischen Stämme unter sich vereinigt und bedrohte
ganz Makedonien und Epeiros. Unser König Amyntas musste Tribut an ihn entrichten
und Eurydika heiraten, eine Verwandte von Bardylis. Eine Generation später,
nachdem Amyntas gestorben war, fühlte sich sein Sohn Perdikkas stark genug, den
Tribut zu verweigern. Das Ergebnis war, dass Bardylis in Lynkestis einfiel, und
als Perdikkas sich ihm mit einem Heer entgegenstellte, fiel er zusammen mit
viertausend seiner Krieger
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