Eine Krone für Alexander (German Edition)
Umgebung Unterhändler, die Geschenke überreichten und wortreich ihre
freundschaftliche Gesinnung beteuerten. Eines Tages ritt eine besonders
pittoresk ausstaffierte Delegation ins Lager. Zwei Reiter trugen Standarten mit
bronzenen Tierköpfen voraus, mit bedrohlich starrenden Augen und weit
aufgerissenen Fängen. Dahinter folgte ein Trupp Krieger, die mit ovalen
Schilden, ungewöhnlich langen Schwertern und extravagant dekorierten Helmen
ausgerüstet waren. Es waren Kelten, und auch sie waren gekommen, um Alexander
die Freundschaft ihres Stammes anzubieten.
Am Abend gab Alexander ihnen zu Ehren ein Fest. Die Kelten
legten ihre Waffen am Eingang des Festzelts ab, ehe sie in lockerer Ordnung
hereindrängten. Sie trugen eng anliegende Hosen und eine Art langärmeligen
Chiton, mit Mustern aus Streifen und Vierecken in schreienden Farben.
Silberbeschlagene Gürtel spannten sich um stämmige Hüften, und die mit Pelz
besetzten Umhänge wurden auf der Schulter durch protzige goldene Spangen
gehalten.
Der Anführer, der sich als Gaizatorix vorgestellt hatte,
trat vor. Sein langes, rotblondes Haar war nach hinten gekämmt, und ein
imposanter Schnurrbart zierte seine Oberlippe. In einer schwungvollen Geste
warf der Kelte seinen Mantel über die rechte Schulter und verbeugte sich vor
Alexander, woraufhin die anderen Gesandten seinem Beispiel folgten.
„Das Volk der Kelten“, begann Gaizatorix in holprigem, aber
gut verständlichem Griechisch, „ist weltberühmt für seinen Mut und seine Tapferkeit.
Sein Ruhm reicht von einem Gestade des großen Meeres zum anderen, von den
Abgründen der Unterwelt bis zu den Weiten des Himmels, wo die Götter wohnen.
Doch von allen keltischen Stämmen sind wir, die Galater, der kriegerischste und
mächtigste. Unsere Nachbarn erzittern allein schon vor dem Klang unseres
Namens! Nun ist zu uns die Kunde gedrungen, ein mächtiger Kriegsherr sei aus
dem Süden gekommen, dessen Ruhm dem unseren beinahe gleichkomme. So machten wir
uns auf den weiten Weg hierher, um uns davon zu überzeugen, ob die Kunde auf
Wahrheit beruht. Nun sehen wir, dass es so ist, und bieten dir die Freundschaft
unseres Volkes an.“
Gaizatorix grinste erwartungsvoll und zwirbelte seinen
Schnurrbart. Alexander erwiderte, er fühle sich geehrt, mit einem so tapferen
Volk wie den Galatern Freundschaft zu schließen, und biete ihnen seine
Gastfreundschaft an. Die Gesandten nahmen auf Klinen Platz, und die
Königsjungen schwärmten aus, um ihre Becher zu füllen.
Falls die Gesandten für die Kelten repräsentativ waren, dann
musste es sich um ein Volk von Riesen handeln. Die meisten waren gut und gerne
einen Kopf größer als Alexander und so kräftig wie Mastochsen. Die Klinen, auf
denen sie sich niedergelassen hatten, wirkten unter ihnen geradezu filigran,
als könnten sie jederzeit unter ihnen zusammenbrechen.
Gaizatorix hatte seinen Becher in einem Zug geleerte und
musterte ihn nun mit Interesse. Das Gefäß bestand aus Silber und war außen mit
der Darstellung einer spärlich bekleideten Mänade geschmückt, die verzückt zum
Flötenspiel eines Silens tanzte. Der Anblick schien dem Kelten zu gefallen. Er
klopfte mit den Fingerknöcheln gegen den Rand, wohl um sich von der Qualität
des Metalls zu überzeugen, dann grinste er anerkennend und hielt den Becher den
Königsjungen auffordernd zur Wiederauffüllung hin.
„Wo genau, sagtest du, lebt dein Volk?“, erkundigte sich Alexander.
Gaizatorix holte zu einer weitschweifigen Erläuterung aus,
der nur zu entnehmen war, dass das Land der Galater irgendwo im Westen liegen
musste.
„Siedelt ihr in der Nähe des Istros?“
Ein anderer Gesandter, ein gewisser Brigerios, erwiderte:
„Nein, der Istros fließt weit entfernt von unserem Land.“
Auch sonst blieben die Angaben der Kelten nebulös. Zur Größe
ihres Volkes, zur Lage ihrer Städte und zur Zahl ihrer Bewaffneten wollten oder
konnten sie sich nicht genau äußern – alles war immer „gewaltig“, „unzählbar“
oder „unermesslich“. Durch hartnäckiges Nachfragen bekam Alexander immerhin heraus,
dass seine Besucher vermutlich nicht weit von der Küste des westlichen Meeres
beheimatet waren, also zu weit entfernt, um ihm als Verbündete von konkretem
Nutzen zu sein. Allerdings auch zu weit, um Ärger zu machen.
Brigerios fragte: „Wir haben gehört, dass es in eurem Land eine
heilige Stätte gibt, wo ein Drache den Menschen die Zukunft weissagt. Es heißt,
dieses Orakel sei im ganzen Land berühmt,
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