Eine Krone für Alexander (German Edition)
an der lang gestreckten Hügelkette entlang, die von den Taulantiern
besetzt war. Die Pezhetairen marschierten mit geschulterten Sarissen, auf
beiden Seiten flankiert von der Reiterei. Plötzlich, wie ein einheitlich reagierender
Organismus, fällte die Phalanx die Lanzen wie zum Angriff. Sie schwenkte nach
rechts, kurz darauf wieder nach links. Dann setzte sie ihren Vorbeimarsch fort
wie gehabt, nur dass der doppelte Schwenk sie ein ganzes Stück näher an die Hügel
herangebracht hatte.
Von seiner Position bei den Reitern auf der rechten Flanke,
die dem Feind am nächsten war, verfolgte Alexander, wie die Phalanx ein Manöver
nach dem anderen durchführte, konzentriert und unbeirrt, als gebe es gar keinen
Feind. Alles klappte lehrbuchmäßig, ganz wie auf dem Exerzierplatz. Memnon
hätte seine Freude gehabt, dachte Alexander. Die Illyrer schienen die
mysteriösen Manöver vor ihren Augen wie gebannt zu verfolgen. Alexander fiel
auf, wie sich einige von ihnen nach und nach aus der Deckung wagten, um bessere
Sicht zu haben. Der perfekte Drill und die absolute Disziplin machten sichtlich
Eindruck auf die Stammeskrieger, die in lockeren Horden zu kämpfen pflegten,
und das umso mehr, als sich das Schauspiel in fast völliger Stille vollzog. Zu
hören waren lediglich die Kommandos der Offiziere und die Rufe der Flügelleute,
die sie weitergaben.
Wieder gab Alexander ein Zeichen. Die Phalanx formierte sich
auf dem linken Flügel zu einem Keil und rückte nun in zügigem Tempo direkt
gegen den Feind vor. Das schien den Taulantiern nun doch unheimlich zu werden.
Diejenigen, die ihre Deckung verlassen hatten, zogen sich in den Schutz der
Hügel zurück. Und dann, von einem Augenblick zum anderen, stimmten die
Phalangiten ihren Kriegsschrei an und schlugen mit den Speeren gegen ihre
Schilde. Der plötzliche, ohrenbetäubende Lärm nach der gespenstischen Stille
war zu viel für die Illyrer. Sie warfen ihre Schilde auf den Rücken und
ergriffen die Flucht.
„Die wären wir los“, sagte Alexander grinsend zu Kleitos.
„Siehst du, wie sie rennen?“
„Wie die Hasen auf dem Feld“, lachte Kleitos.
„Nein, eher wie Kaninchen, die sich in ihrem Bau verkriechen.“
Die Taulantier flohen in Scharen zur Festung, deren Tore sich öffneten, um sie
einzulassen.
Die Phalanx setzte ihren Vormarsch fort, nun jedoch, nachdem
der Feind von den Hügeln vertrieben worden war, in konventioneller Marschordnung.
Philotas jagte mit seinen Reitern an der Kolonne entlang, bis sie die Spitze
erreichten, wo Admetos bereits mit seinen Königs-Hypaspisten ausgeschert war.
„Unkonventionelle Taktik“, brüllte Philotas, „aber wirkungsvoll!“
„Freut mich, dass sie dir gefällt“, erwiderte Alexander.
Dann zeigte er nach vorn, wo der Lauf des Eordaikos im Engpass verschwand. „Die
Kundschafter melden, dass die Anhöhe bei der Furt noch immer von Illyrern
besetzt ist. Wir müssen sie von dort vertreiben, wenn wir den Übergang über den
Fluss schaffen wollen.“ Er wandte sich an Admetos. „Die Reiter nehmen deine
Leute hinter sich auf die Pferde, und dann hinauf auf den Hügel mit uns.“
Alexander ritt zu den Königs-Hypaspisten hinüber, beugte
sich hinab und streckte den Arm aus. Zufällig war es sein Cousin Leonnatos, der
ihn ergriff und sich hinter ihm aufs Pferd schwang. Alexander stieß Bukephalos
die Fersen in die Flanken, preschte in vollem Galopp auf den Hügel zu und
sprengte an dessen Südflanke hinauf. Er ritt ein paar Illyrer über den Haufen,
die sich ihm zu Fuß in den Weg stellten, und durchbohrte zwei oder drei
weitere, ehe er den Speer verlor und sein Schwert zog. Leonnatos war längst
abgesprungen und kämpfte wie die anderen Gardisten zu Fuß. Zusammen machten sie
alle Illyrer nieder, die sie erwischten, bis die übrigen die Flucht ergriffen.
Atemlos vom Kampf ritt Hephaistion zu Alexander. „Was hast
du da?“
„Nichts.“ Beiläufig wischte sich Alexander das Blut von der
Stirn. „Nur ein Stein.“ Er wandte sich an Ptolemaios. „Die Bogenschützen und
die Speerwerfer sollen den Hügel besetzen. Alle anderen gehen über den Fluss,
die Hypaspisten zuerst, danach die Pezhetairen und die Wagen mit den
Geschützen. Sobald ihr drüben seid, schwenkt ihr nach links und nehmt am
Flussufer Aufstellung, in geordneter Formation, wie zur Schlacht.“
Ptolemaios nickte und wollte sich auf den Weg machen, doch
Alexander hielt ihn kurz zurück. „Noch etwas: Diades soll die Geschütze am Ufer
in Stellung
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