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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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belehrend in die Höhe. „Halten wir fest: Orpheus war ein Sänger. Er ist ein
Heros, aber keine Staatsgottheit. Das Schwitzen seines Kultbildes bedeutet
folglich nicht Mühsal für die Makedonen, sondern nur für die, die in seinen
Zuständigkeitsbereich fallen: Sänger und Dichter. Das heißt also: Durch deine Erfolge
in Asien wirst du ihnen so viel zu tun geben, dass sie heftig ins Schwitzen
geraten werden.“
    Aristandros wackelte abschließend zweimal mit dem Finger und
lehnte sich dann zufrieden in seinem Stuhl zurück. Perplex starrte Alexander
den alten Seher an. „Du machst es dir verdammt leicht. Das ist so durchsichtig,
dass kein Mensch es schlucken wird.“
    „Wieso? Ich finde, es ist eine überzeugende Deutung. Die
Leute lieben so etwas.“
    „Aber ich nicht!“ Alexander fühlte, wie der Ärger in ihm
hochstieg. „Ich habe es satt, mich mit solchem Hokuspokus abspeisen lassen zu
müssen.“
    „Hokuspokus?“, fragte Aristandros indigniert.
    „Glaubst du, ich habe nicht bemerkt, dass du bei deinen Vorzeichen
gerne nachhilfst? Wie auf dem Pass in Thrakien. Die Rauchwolke, die nach Osten
zog.“
    Mit einem Schlag legte Aristandros seine manierierte Pose
ab, plötzlich wirkte er nüchtern wie ein Geschäftsmann auf dem Markt.
„Natürlich wird bei Orakeln viel Hokuspokus getrieben, und wie du weißt, bin
ich der Letzte, der das in Abrede stellt. Aber manche Omen sind echt. Das
Zeichen in Leibethra ist es, und das auf dem Pass war es auch. Ich hatte mit
dieser Rauchsäule nichts zu tun.“
    „Warum hat sich das Vorzeichen dann nicht bewahrheitet?“
    „Das hat es bis jetzt noch nicht. Orakel und Vorzeichen
sind häufig eine heikle Sache, wie du sehr wohl weißt. Und mal ehrlich: Die
Rauchwolke hat dir nie einen Sieg noch in diesem Sommer prophezeit.“
    „Vielleicht hatte sie einfach gar nichts zu bedeuten, außer
dass einer der Opferpriester sich mit dem Wein verschätzt hat.“
    Aristandros beugte sich vor und sah Alexander direkt in die
Augen. „Die Vorzeichen lügen nicht. Warum hast du kein Vertrauen zu ihnen? Oder
zu dir selbst? Warum glaubst du nicht an deine Bestimmung? Die Götter sind mit
dir. Zeus ist mit dir – hat deine Mutter es dir nicht gesagt? Sie selbst hatte
niemals Zweifel.“
    „Meine Mutter?“, fragte Alexander alarmiert. „Was hast du
mit ihr zu schaffen?“
    „Du weißt, wovon ich spreche. Ich war es, der nach deiner
Geburt die Zeichen für deine Mutter gedeutet hat.“
    Alexander schwieg. Nie hätte er Aristandros mit seiner
Mutter in Verbindung gebracht. Er war Philipps oberster Zeichendeuter gewesen,
Olympias hatte stets andere Seher konsultiert. Dass der alte Mann all die Jahre
über ihre verworrenen Ideen im Bilde gewesen war, erfüllte Alexander mit
Unbehagen.
    Aristandros stand auf. „Ich werde die nötigen Maßnahmen
ergreifen, damit meine Deutung des Vorzeichens die gebührende Beachtung findet.
Wenn ich mich jetzt bitte zurückziehen dürfte?“ Der Seher wies auf seine
mitgenommenen Füße. „Die Reise nach Leibethra und wieder zurück war
anstrengend.“

9
    Als Alexander nach Pella zurückkehrte, wartete Antipatros
wie immer am Palasttor auf ihn, diesmal zusammen mit Parmenion. Nachdem die
beiden ihn begrüßt hatten, dankte Alexander dem alten Feldherrn für seine
Dienste in Asien. Olympias, die bis dahin im Schatten der Säulen gewartet
hatte, trat vor, mit einem kleinen Mädchen an der Hand. Sie blieb stehen, ließ
die Hand der Kleinen los und gab ihr einen Schubs in den Rücken.
    „Geh und heiße deinen Bruder willkommen.“
    Thessalonika trat vor und sagte etwas mit dünner, unsicherer
Stimme. Er beugte sich zu ihr hinunter, nahm ihre Hand und gab ihr eine freundliche
Antwort, während er dahinterzukommen versuchte, was das zu bedeuten hatte.
    Olympias sagte: „Ich habe Thessalonika bei mir aufgenommen.
Sie wird eine Erziehung erhalten, wie sie der Tochter eines Königs angemessen
ist.“
    Ihr Gesicht und ihre Stimme verrieten nichts, und doch ging
von ihr etwas aus, was Alexander bisher noch nie bei ihr gespürt hatte: eine
Bitte um Vergebung.
    „Ich möchte, dass es ihr gut geht“, sagte er. Und dann: „Du
schuldest mir etwas.“ Für Europa. Er sprach den Namen nicht aus, doch er
wusste, dass das nicht nötig war.
    „Ich sorge für Thessalonika wie für meine eigene Tochter.
Ich werde ihr eine gute Mutter sein.“
    Als Erstes zog Alexander sich mit Antipatros und Parmenion
in sein Arbeitszimmer zurück, denn es gab wieder einmal schlechte

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