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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Auftritt
war unpassend. Mit deinem Geklimper hast du Demosthenes eine Angriffsfläche geboten,
sich über dich lustig zu machen. Und damit auch über mich.“
    Alexander fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss.
Schweigen machte sich breit und lastete wie eine Steinplatte auf den
Anwesenden. Schließlich versuchte es Demaratos mit einem beschwichtigenden
„Dein Vater meint es nicht so“.
    Das Schweigen hielt an.
    „Alles, was dein Vater sagen wollte, ist, dass Demosthenes
gern seinen Frust an anderen auslässt. Er ärgert sich, dass er sich wegen des
Vertrags hat ausmanövrieren lassen, und deshalb macht er Aischines zum Sündenbock.
Genauso ist es auch mit dir: Er macht sich über dich lustig, obwohl er selbst
derjenige war, der sich blamiert hat.“
    Philipp starrte mit seinem einen Auge grimmig vor sich hin,
ohne Alexander anzusehen. Schließlich sagte er: „Das ist genau das, was ich
sagen wollte.“

15
    Im Frühjahr feierte der Hof in Aigai das Fest des Dionysos,
und wie in jedem Jahr wurde im Theater unterhalb des Palasts zu Ehren des
Gottes eine Tragödie aufgeführt. Diesmal sollten es Euripides’ Bakchen sein. Es würde das erste Mal sein, dass Alexander
eine Aufführung miterleben durfte. Seine Schwester Kleopatra dagegen war noch
zu klein und durfte nicht mitkommen. Sie veranstaltete einen Aufstand.
    „Wieso darf er mitkommen und ich nicht?“, beschwerte sie
sich lautstark an dem Morgen, an dem ihre Mutter und ihr Bruder sich fürs Theater
fertig machten.
    „Weil er größer ist als du“, erwiderte Olympias. „In ein
paar Jahren darfst du auch mit. Also hör auf zu heulen und sei still.“
    „Worum geht es in den Bakchen eigentlich genau?“, erkundigte sich Alexander.
    Olympias lächelte geheimnisvoll. „Um die göttliche Macht des
Dionysos.“ Sie trug bereits ihre schönsten Gewänder und ihren kostbarsten
Schmuck. Nun setzte sie sich, streckte die Hand aus und zog Alexander zu sich
heran. „Du kennst doch die Geschichte von Semele.“
    „Semele war die Tochter von König Kadmos von Theben“, ließ
sich Kleopatra vernehmen. Sie und ihr Bruder kannten die Geschichte seit ihrer
frühesten Kindheit; ihre Mutter hatte sie ihnen immer wieder erzählt. „Eines
Tages kam Zeus zu ihr, in Gestalt eines Sterblichen, weil er sich in sie
verliebt hatte.“
    Olympias befestigte den Umhang aus blauer Wolle, den Alexander
zur Feier des Tages tragen durfte, an seiner Schulter. „Semele bekam einen
Sohn. Aber sie hatte ein Schwester, Agaue, die nicht glauben wollte, dass Zeus
der Vater war.“
    „Genau“, mischte sich wieder Kleopatra ein. „Dauernd hat sie
sich über sie lustig gemacht und gesagt, sie will sich nur wichtigmachen.“
    Alexander griff den Faden der Erzählung auf. „Agaue
behauptete, Semele sei auf einen Betrüger hereingefallen, und weil Zeus ihr in
der Gestalt eines Sterblichen erschienen war, wurde sie schließlich selbst
unsicher. Deshalb wollte sie unbedingt, dass er sich ihr in seiner wahren
Gestalt zeigte. Er wollte es ihr ausreden, aber sie wollte es unbedingt,
deshalb gab er nach. Doch der übermenschliche Glanz, der von ihm ausging, war
so schrecklich, dass Semele in Flammen aufging.“
    „Ja!“, rief Kleopatra begeistert. „Sie war nur noch ein
Haufen Asche!“
    „Aber das Kind wurde aus der Asche gerettet“, fuhr Olympias
fort, „denn es war göttlich. Und hier setzen die Bakchen an: Dionysos ist inzwischen erwachsen und eine mächtige Gottheit. Er ist nach
Theben gekommen, um Agaue zu bestrafen. Deshalb hat er sie und die anderen
Frauen in der Stadt mit Wahnsinn geschlagen. Sie sind in die Berge gezogen und
irren durch die Wildnis.“
    „So, wie es die Frauen bei den Dionysien auch heute noch
tun?“, fragte Alexander. Noch immer dachte er gelegentlich an die Nacht, in der
er mit den Mänaden hatte ziehen dürfen.
    „Nein. Es war viel schlimmer.“ Olympias zog ihn näher an
sich heran und flüsterte: „Diese Frauen waren wahnsinnig, und im Wahn taten sie
furchtbare Dinge! Dinge, über die man nicht sprechen kann.“ Sie ließ ihn wieder
los. „Die Männer, die allein in der Stadt zurückgeblieben sind, geben Dionysos
die Schuld, besonders König Pentheus, Agaues Sohn. Er lässt Dionysos in den
Kerker werfen.“
    Schockiert hielt Alexander den Atem an. „Einen Gott? In den Kerker?“
    „Wie schon seine Mutter will auch Pentheus nicht an
Dionysos’ Göttlichkeit glauben. Und deshalb wird der Gott ihn bestrafen, als
Warnung für alle, die seine Macht

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