Eine Krone für Alexander (German Edition)
Söhne zur Welt bringen.“
Alexander horchte auf. Er hätte nicht erwartet, dass
Leonidas Audatas Erziehungsstil zu schätzen wusste.
„Wie bitte?“, schnappte Balakros. „Soll das etwa heißen, du
billigst das Ganze auch noch?“
„In Sparta trainieren die Mädchen manchmal sogar nackt,
wusstest du das?“
„Nein, das wusste ich nicht,
und so etwas will ich auch gar nicht wissen!“
Kassandros war ein schlechter Verlierer.
Ächzend rappelte sich Antipatros’ Sohn vom Boden auf und
brüllte mit hochrotem Gesicht: „Das war nicht fair!“
„Was soll daran nicht fair gewesen sein?“, brüllte Alexander
zurück. „Du bist mal wieder über deine eigenen Füße gestolpert.“
„Von wegen! Du hast mich absichtlich umgerannt!“
„Na und? Umrennen gehört mit zum Spiel. Das hier ist kein
Tanzunterricht! Aber du bist eben ein Weichling.“
„Bin ich nicht! Wenn ich wollte, könnte ich dich jederzeit fertigmachen!“
Alexander fuchtelte vor Kassandros’ Nase mit dem Ball herum,
den er ihm soeben mithilfe eines gewagten Manövers abgenommen hatte. „Dann tu’s
doch! Worauf wartest du? Nimm ihn mir weg, wenn du kannst!“
Er stellte sich in Positur und ließ den Ball auf der
Fingerspitze rotieren. Kassandros rührte sich nicht von der Stelle.
„Na bitte, du traust dich nicht! Du weißt, dass du es nicht
schaffst. Ich bin einfach besser als du.“
Kassandros lachte verächtlich. „Mit dem Mundwerk vielleicht,
aber sonst mit nichts. Du kannst dich immer darauf verlassen, dass die anderen
dich gewinnen lassen. Schließlich bist du der Sohn des Königs!“
Alexander ließ den Ball in den Sand fallen, wo er mit einem
dumpfen Platschen aufschlug und dann müde davonrollte. „Das habe ich nicht
nötig! Ich gewinne, weil ich der Beste bin! Das ist eine Tatsache, und selbst
wenn nicht, würde ich trotzdem niemals erwarten, dass jemand mich absichtlich
gewinnen lässt. Das hätte Achilleus auch nicht.“
„Du immer mit deinem albernen Achilleus-Getue! Dir geht es
nur ums Gewinnen! Dauernd musst du der Beste sein, und deshalb hältst dich
nicht an die Regeln!“ Hämisch grinsend fügte Kassandros hinzu: „Genau wie deine
Mutter! Die hält sich auch an keine Regeln.“
Höhnisch zog Alexander eine Braue hoch. „Was hat meine
Mutter denn damit zu tun? Meines Wissens treibt sie keinen Sport, und von
Waffen hat sie fast so wenig Ahnung wie du!“
Kassandros’ Grinsen ging in die Breite. „Jeder weiß, dass
sie nachts geheime Rituale veranstaltet und jeden verhext, den sie nicht leiden
kann. Wie Arrhidaios – den hat sie auch verhext, damit er ein Idiot wird und
keine Konkurrenz für dich ist.“
„Arrhidaios ist kein Idiot!“, fauchte Alexander aufgebracht.
„Er ist nur krank, und meine Mutter hat ihn nicht verhext, sondern er ist so
geboren worden.“
„Reg dich nicht auf, Alexander!“, mischte sich Attalos ein.
Er und ein anderer Junge namens Marsyas waren näher gekommen.
Kassandros ließ nicht locker. „Jeder weiß, dass deine Mutter
Arrhidaios verhext hat. Wahrscheinlich hat sie auch Audata verhext, damit sie
ihre Tochter wie eine Hure zur Schau stellt.“
„Hör einfach nicht hin!“, sagte Attalos.
Alexander beachtete ihn nicht. „Kynna ist keine Hure, nur
weil sie sich besser beim Kämpfen anstellt als du. Sie könnte dich noch
fertigmachen, wenn man ihr einen Arm auf den Rücken binden würde. Aber das will
ja nichts heißen. Mit dir könnte wahrscheinlich sogar Arrhidaios fertig werden.“
Kassandros zischte: „Dein Bruder ist ein sabbernder Idiot
und deine Schwester eine Hure! Du lässt zu, dass sie mit nackten Beinen
herumrennt und sich von den Männern anglotzen lässt! Aber was kann man von dir
schon erwarten! Deine Mutter ist auch nicht besser!“
„Was willst du damit sagen?“, zischte Alexander zurück.
Beide waren knallrot im Gesicht. Inzwischen waren auch
Proteas, Hektor und einige andere näher gekommen und hatten einen Kreis um die
beiden Streithähne gebildet.
„Du verstehst genau, was ich meine!“, erwiderte Kassandros
giftig. „Alle wissen über deine Mutter Bescheid. Im Frühjahr feiert sie mit den
Mänaden wilde Orgien, und man weiß ja, was die so treiben: Sie laufen nur mit
Tierfellen bekleidet durch den Wald und betrinken sich. Dann lassen sie sich
mit fremden Männern ein, die sie im Rausch für Götter halten.“ Sein Grinsen
wurde böse. „Wer weiß, vielleicht bist du ja gar nicht der Sohn des Königs!“
Mit einem gewaltigen Satz sprang
Weitere Kostenlose Bücher