Eine Krone für Alexander (German Edition)
formvollendet. Trotz der Wärme des Frühlingstages trugen sie die eng
anliegenden Hosen und die Kapuzen mit nach vorn fallender Spitze, die Alexander
bereits von Artabazos und seinen Söhnen vertraut waren. Ein Sortiment prunkvoll
verzierter Waffen rundete ihr exotisches Erscheinungsbild ab.
„Prinz Alexander, darf ich dir die Gesandten des Großkönigs
vorstellen: Dies ist Arsites, Sohn des Arsamenes.“
Arsites war in den Vierzigern und hatte eine ausgeprägte
Adlernase, die der von Artabazos ähnelte. Er verbeugte sich nochmals mit
Grandezza. Dann stellte Artabazos die beiden anderen Gesandten vor. Der eine,
Sisines, Sohn des Oibares, war untersetzt und hatte stechende Augen, der
dritte, jung und gut aussehend, war Orontopates, Sohn des Ariomardos. Alexander
wurde klar, dass die Perser Wert auf Förmlichkeiten legten. Artabazos’
Redeweise wirkte ungewohnt gestelzt, und Alexander fiel auf, dass er plötzlich
mit Akzent sprach, obwohl er Griechisch eigentlich wie seine Muttersprache
beherrschte.
Alexander nahm einen Schluck Wein aus dem Becher, den man
ihm gebracht hatte, und überlegte, was er sagen wollte. Er hatte nicht damit
gerechnet, dass sein Besuch so offiziöse Formen annehmen würde.
„Leider befindet sich der König, mein Vater, noch in wichtigen
Geschäften außer Landes“, wandte er sich schließlich an Arsites, in einem
Tonfall, der mindestens so gestelzt war wie der von Artabazos. „Deswegen heiße
ich euch in seinem Namen bei Hof willkommen.“
„Ich danke dir! Wir sind geehrt von der Gastfreundlichkeit,
die uns am Hof deines Vaters erwiesen wird.“ Der Gesandte sprach flüssig
Griechisch, wenn auch mit deutlichem Akzent.
„Dein Griechisch ist sehr gut“, bemerkte Alexander höflich.
„Ich würde dir gerne einige Fragen stellen, wenn ich darf.“
„Ich fühle mich geehrt.“
„Wie ist es dem Großkönig gelungen, die Ägypter zu besiegen?“
„Nun, er rief sein Heer zu den Waffen, und alle Völker folgten
seinem Ruf, denn die Herrschaft des Großkönigs reicht von einem Ende der Welt
bis zum anderen. Dann führten seine Diener das Heer gegen die Aufständischen
und jagten sie davon wie erbärmliche Hunde.“
„Dann hat der Großkönig seine Truppen also nicht persönlich
befehligt?“
„Der Großkönig gebietet über alle Krieger seines Reiches.“
„Wenn mein Vater in den Krieg zieht, übernimmt er selbst das
Kommando, und die Offiziere führen seine Befehle aus. Ist das beim Großkönig
nicht auch so?“
„Die Feldherren des Großkönigs gehorchen seinen Befehlen. Es
wäre seiner Erhabenheit nicht angemessen, unwichtige Dinge selbst zu erledigen.“
Damit wollte Arsites vermutlich zum Ausdruck bringen, es sei
unter der Würde des Großkönigs, seine Truppen selbst zu befehligen, doch das
konnte er so nicht sagen, ohne unhöflich zu wirken. Alexander hatte genug zu
diesem Punkt erfahren und wechselte das Thema.
„Ich habe gehört, dass Mentor aus Rhodos sich bei der Rückeroberung
Ägyptens große Verdienste erworben hat.“
„Der Söldnerführer Mentor hat in
der Tat einen gewissen Beitrag geleistet“, erklärte Arsites kühl. Das Wort
Söldnerführer betonte er in einer Weise, die deutlich seine Vorbehalte gegen
Mentor zum Ausdruck brachte.
Alexander fragte weiter: „Wie groß war das Heer des Großkönigs
in Ägypten?“
„Der Großkönig gebietet über gewaltige Heerscharen, so unzählbar
wie die Sandkörner in der Wüste oder die Blätter an den Bäumen des Waldes, wie
die Wassertropfen in den Meeresfluten oder die Grashalme auf den Ebenen in den
unendlichen Weiten Asiens.“
„Wie viele griechische Söldner hatte er zur Verfügung?“
„Der Reichtum des Großkönigs ist so unermesslich, dass er
alle Söldner der Welt entlohnen könnte, doch ist er auf ihre Dienste nicht
angewiesen. Alle Völker des Reiches entsenden ihre Aufgebote, vor allem aber
vertraut der Großkönig auf seine Leibgarde, die zehntausend Unsterblichen, und
auf die unbesiegbare persische Reiterei.“
Alexander zog die Brauen zusammen und überlegte. „Wie lange
dauert es, die Truppen aus allen Satrapien zusammenzuziehen?“
„Die Untertanen des Großkönigs stehen jederzeit bereit, auf
seinen Wink hin zu den Waffen zu greifen.
„Aber manche Satrapien sind doch sehr weit entfernt. Da
dauert es sicher lange, bis die Soldaten da sind, wo sie gebraucht werden!“
Obwohl Arsites sich nichts anmerken ließ, gewann Alexander
den Eindruck, dass er von der Thematik nicht eben
Weitere Kostenlose Bücher