Eine Krone für Alexander (German Edition)
Platz, und
Eumenes behält für mich den Überblick. Ohne ihn würde ich im Chaos versinken.“
Auf dem Gesicht des jungen Sekretärs zeichnete sich ein stolzes
Lächeln ab.
Philipp schwenkte die Schriftrolle, die Eumenes ihm gegeben
hatte. „Gerade habe ich die Liste mit den Namen der neuen Königsjungen bekommen.
Du stehst natürlich auch drauf.“
„Wann geht es los?“, erkundigte sich Alexander begeistert.
„Sobald Aristoteles eingetroffen ist. Hast du hast schon von
ihm gehört? Nein? Macht nichts. Er ist Philosoph, ein Schüler des großen
Platon. War fast zwanzig Jahre an der Akademie in Athen, aber zuletzt leitete
er in Mytilene eine eigene Schule. Ich habe ihn engagiert, damit er dir und den
anderen Königsjungen Unterricht erteilt. Heute reicht es nicht mehr, wenn man
reiten und eine Waffe schwingen kann, heute muss man auch Grips haben. Deshalb
sorge ich dafür, dass meine zukünftigen Offiziere etwas lernen.“
„Wie bist du auf diesen Aristoteles gekommen?“
„Ich kenne ihn von früher. Sein Vater Nikomachos war der
Leibarzt meines Vaters. Aber Aristoteles ist außerdem ein renommierter
Philosoph, wenn auch nicht so berühmt wie Platon natürlich. Sonst noch Fragen?“
„Steht Hephaistion auch auf der Liste?“
„Wer ist das?“
„Sohn des Amyntor. Sein Vater hat ein Gestüt.“
„Der Junge, der dich dazu gebracht hat, für ihn die Pferde
zu striegeln?“ Philipp lachte und wandte sich an den Sekretär. „Steht er
drauf?“
„Selbstverständlich.“ Eumenes’ Stimme klang beleidigt. Er
nahm die Rolle, wickelte sie routiniert auf und suchte sie kurz ab. Dann zeigte
er sie Alexander und stach er mit dem Zeigefinger auf den Papyros ein. „Bitte,
hier steht es: Hephaistion, Sohn des Amyntor aus Pella! Und hier sind deine
anderen Freunde: Hektor, Sohn des Parmenion; Kassandros, Sohn des Antipatros;
Proteas, Sohn des Andronikos; Attalos, Sohn des Andromenes; Marsyas, Sohn des
Periandros; Langaros, Sohn des Kinyras. Alle verzeichnet.“
Auf Kassandros hätte Alexander gut verzichten können.
„Übrigens“, sagte Philipp
beiläufig, „dieses Jahr gibt es eine Neuerung. Bisher sind die Königsjungen im
Palast in Pella unterrichtet worden, aber Aristoteles hat angeregt, die Schule
an einen ruhigeren Ort zu verlegen, weit weg von der Stadt und ihren Ablenkungen.
Deshalb werdet ihr in den nächsten Tagen nach Mieza aufbrechen. Ich habe dort
schon alles vorbereiten lassen. Wahrscheinlich kannst du deine Mutter nun nicht
mehr so oft sehen wie bisher, aber es wird ja ohnehin Zeit, dass du dich von
ihr abnabelst.“
Sie hatte die Nachricht so schlecht aufgenommen, wie er befürchtet
hatte. „Das ist gezielt gegen mich gerichtet!“
„Ich glaube, es war ursprünglich Aristoteles’ Idee“,
erwiderte er. „Er will, dass wir nicht abgelenkt werden.“
„Das ist nur ein Vorwand! Bis jetzt konnten die Königsjungen
ja auch in Pella in Ruhe lernen, wieso soll das plötzlich anders sein? Und
wieso gerade Mieza? Warum nicht ein Ort, der mehr in der Nähe liegt?“
„So weit weg ist Mieza doch gar nicht! Ich werde dich oft besuchen
kommen.“
„Du weißt, dass das nicht stimmt!“
Sie hatte recht. Mieza war tatsächlich weit genug entfernt,
dass er nur selten nach Pella kommen konnte. Und er würde ohnehin jeden Tag von
morgens bis abends ausgelastet sein. Letzten Endes lief es darauf hinaus, dass
sie einander kaum noch sehen würden.
„Und warum hat er diesen Philosophen angeheuert?“, beschwerte
sich Olympias weiter. „Philosophen ziehen alles in Zweifel. Wusstest du, dass
einige von ihnen sogar die Götter leugnen? Ich weiß, die Leute reden hinter
meinem Rücken über mich, weil ich den Göttern die ihnen zustehenden Ehren
erweise. Wahrscheinlich hat dieser Aristoteles den Auftrag, dich gegen mich
aufhetzen.“
„Wenn ja, wird es ihm nicht gelingen“, versicherte
Alexander. „Aber das ist bestimmt nicht der Grund. Sieh es doch einmal so: Dass
der König einen so berühmten Philosophen für meine Erziehung engagiert hat,
zeigt doch, dass er mich als seinen Erben anerkennt. Das wolltest du doch immer,
oder?“
Olympias blieb stehen. „Ja, das wollte ich. Aber ich will
dich auch nicht verlieren. Philipp hat schon immer versucht, dich mir
wegzunehmen, schon als du noch ein kleines Kind warst.“ Plötzlich brach sie in
Tränen aus. „Er will dich ganz für sich vereinnahmen, bis du anfängst, mich zu
vergessen. Eines Tages wirst du nicht einmal mehr wissen, wie ich
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