Eine Krone für Alexander (German Edition)
später ja doch mal hohe Herren, die
sich ihren Braten nicht selbst schießen müssen!“ Alle lachten, am lautesten
Proteas selbst, der Harpalos spielerisch mit einem Sauspieß auf den Kopf
schlug.
Später durften sie auf den Jagdausflügen der Älteren Handlangerarbeiten
übernehmen. Sie spannten die Netze, trieben das Wild, bewachten die Ausrüstung
und halfen beim Abtransport und Zerlegen der Beute. Bis im Herbst endlich der
große Tag kam, an dem sie zum ersten Mal selbst auf die Jagd gehen durften. In
aller Frühe versammelten sich alle lärmend und prahlend im Hof. Aus Mieza war
eine Gruppe erfahrener Jäger mit einer Hundemeute heraufgekommen. Die jüngeren
Königsjungen wurden in Gruppen zu fünft oder sechst eingeteilt, denen jeweils
ein Jäger und ein Ausbilder oder erfahrener Wachsoldat zugewiesen wurden. Die
Älteren sollten diesmal nur als Treiber und Jagdhelfer fungieren. Alexander
fieberte dem Aufbruch entgegen. Bis er merkte, dass er nicht wie alle anderen
einer Gruppe zugeteilt wurde, sondern allein mit Antigenes und einem Jäger namens
Atarrhias losziehen sollte.
Er weigerte sich.
Antigenes schob sich die Kausia in den Nacken, den typisch
makedonischen Hut, und seufzte. „Ich verstehe, was du meinst. Aber es hilft
nichts: Du wirst heute auf jeden Fall deinen Keiler erlegen, komme, was da
wolle.“
„Aber dann heißt es doch wieder, ich bekomme eine Extrawurst,
weil ich der Sohn des Königs bin!“
„Dann wirst du das eben ertragen. Der König hat mir
unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass du so bald wie möglich deinen
Keiler zu erlegen hast, und genau das wirst du heute tun. Du bekommst deine
Extrawurst, ob du sie willst oder nicht. Ende der Diskussion.“
„Nein, nicht Ende der Diskussion!“, erwiderte Alexander
störrisch. „Entweder gehe ich mit einer Gruppe wie alle anderen, oder ich
verspreche dir: Ich werde mich so dumm anstellen, dass ich nicht einmal ein
Scheunentor treffen würde, geschweige denn ein Wildschwein. Achilleus hätte
sich auf so ein unfaires Spiel auch nicht eingelassen.“ Er verschränkte die
Arme vor der Brust; sein rot angelaufenes Gesicht und die grimmige Miene ließen
keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit.
„Wie wäre es mit einem Kompromiss?“, schaltete sich Kleitos
ein. „Du gehst mit einer normalen Gruppe, aber die anderen werden sich ein bisschen
zurückhalten, damit du auf jeden Fall zum Wurf kommst.“
Schnell sagte Antigenes: „Damit wäre ich einverstanden.“
„Die anderen müssen eine faire Chance haben“, beharrte Alexander.
„Nur wenn du danebenwirfst. Du wirst auf jeden Fall den ersten
Wurf machen. Und du wirst dir Mühe geben, dass du triffst. Das ist mein letztes
Wort.“
Alexander überlegte kurz, aber ihm war klar, dass er nicht
mehr herausschlagen konnte. „Einverstanden.“
Kleitos sagte: „Such dir ein paar Freunde aus, denen du vertrauen
kannst, dass sie nicht quatschen!“
„Hephaistion, Attalos, Hektor, Proteas.“
„Nicht Proteas, diesen Nichtsnutz!“, stöhnte Antigenes auf.
„Den können wir nun wirklich nicht brauchen. Wir würden ganz damit ausgelastet
sein, ihn daran zu hindern, versehentlich in seinen eigenen Spieß zu fallen.
Nichts für ungut, Kleitos!“
Kleitos grinste wissend. „Schon gut, ich werde mitkommen und
meinen Neffen im Auge behalten.“
Nach feierlichen Opfern für Artemis, die Göttin der Jagd,
und für Herakles, der ein großer Jäger gewesen war, brach die Jagdgesellschaft
auf. Vorn zerrten die Hunde bellend an den Leinen, hinten wurden auf einem
Karren Netze, Waffen und die übrige Ausrüstung mitgeführt. Am Fuß einer
bewaldeten Kuppe machte man halt und schlug ein Lager auf, in dem man die
Pferde und den Koch zurückließ. Die Hunde veranstalteten in ihrer Vorfreude
einen ohrenbetäubenden Lärm und waren kaum noch zu bändigen. Die älteren
Königsjungen zogen mit ihnen los, um das Wild aufzuscheuchen, während alle
anderen sich in Gruppen aufteilten und zu den abgesprochenen Stellungen
aufbrachen. Alexanders Trupp bezog Position weiter oben auf dem Berg, am Rand
einer großen Lichtung. Nach Atarrhias’ Anweisungen spannten sie die Netze und
Seile, sodass ein Tier, das erst einmal auf die Lichtung gejagt worden war,
keine andere Wahl hatte, als direkt auf die Jäger zuzulaufen.
Schließlich war Atarrhias zufrieden. „Und jetzt auf eure
Plätze. Antigenes, Kleitos und ich stehen ein Stück hinter euch, für alle
Fälle. Wir werden aber nur eingreifen, wenn etwas
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