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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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schiefgeht. Wenn ein Hirsch
oder anderes Wild auftaucht, schleudert der, der am nächsten dran ist, seinen
Spieß. Danach werfen die anderen. Wenn das Tier getroffen, aber nicht sofort
tot ist, gebt ihr ihm so schnell wie möglich den Rest.“
    Antigenes fügte hinzu: „Ihr kennt die Abmachung: Wenn ein
Keiler auftaucht, gehst du, Alexander, nach vorn und wirfst als Erster. Sollte
das nicht reichen, gibt dir Atarrhias einen zweiten Spieß.“
    So standen sie und warteten, dass Treiber und Hunde ihnen
das Wild zutrieben. Bald hörten sie, wie das Gebell näher kam, sich wieder
entfernte, um sich dann wieder zu nähern. Alexander wusste von den Ausbildern
und aus den Erzählungen der älteren Königsjungen, dass Geduld die wichtigste
Eigenschaft eines Jägers war: lange Zeit fast bewegungslos auszuharren und doch
nie in seiner Aufmerksamkeit zu erlahmen, sondern jederzeit zum entscheidenden
Stoß bereit zu sein.
    Im Grün des Waldrands zeigte sich ein brauner Fleck. Ein
Hirsch lief in die Lichtung. Er verharrte kurz und hielt sich dann rechts, lief
schnell und leichtfüßig an dem gespannten Netz entlang. Hektor trat vor, zielte
kurz und warf seinen Spieß. Er traf die Brust, aber nicht genau ins Herz. Der
Hirsch lief schwer verletzt weiter, Attalos und Alexander schleuderten ihre
Spieße, er brach zusammen, und Hektor, der zuerst getroffen hatte, trat zu dem
sterbenden Tier, um ihm die Kehle durchzuschneiden. Alles hatte sich in wenigen
Augenblicken abgespielt, ohne dass Atarrhias oder die beiden anderen Männer
hatten eingreifen müssen.
    „Gut gemacht, Hektor“, flüsterte Atarrhias. „Und jetzt alle
wieder auf ihre Plätze!“
    Sie mussten nicht lange warten, bis sich der nächste Hirsch
zeigte. Diesmal wählte das Wild die andere Seite, wo Proteas stand, doch sein
Wurf streifte es nur leicht an der Flanke. Hephaistion, der von den anderen am
nächsten dran war, hatte nicht genug Spielraum für einen Wurf, er rannte nach
vorn und rammte seinen Spieß dem klagenden Tier in die Brust. Danach tat sich
lange Zeit nichts mehr. Die Folgen der Anspannung machten sich allmählich bemerkbar.
Alexander fühlte, wie seine Aufmerksamkeit nachließ, und kämpfte dagegen an,
als am Waldrand plötzlich etwas Großes und Dunkles erschien.
    Seine Erschöpfung war wie weggeblasen. Es war tatsächlich
ein Keiler. Er war am Rand der Lichtung stehengeblieben und starrte in
Alexanders Richtung, als wisse er instinktiv, wo sein Feind lauerte. Alexander
verließ die Deckung und trat auf die Lichtung. Es war ein großer und, den
grauen Borsten nach zu urteilen, erfahrener Keiler. Trotz der Entfernung
glaubte Alexander, die kleinen, wütenden Lichter des Tieres glühen zu sehen.
Die furchterregend Hauer schimmerten weißlich gelb.
    Ohne jede Vorwarnung stürmte der Keiler los. Alexander
rührte sich nicht von der Stelle. Warf er zu früh, war sein Wurf vielleicht
nicht genau oder stark genug, um das Tier ernsthaft zu verletzen. Dann würde es
wie der Blitz bei ihm sein, ihn über den Haufen rennen und mit seinen gefährlichen
Hauern aufschlitzen. Es hätte ihn unter sich begraben, ehe Atarrhias oder einer
der anderen etwas unternehmen konnten. Also blieb Alexander kaltblütig stehen
und wartete, den Spieß wurfbereit über der Schulter balancierend. Instinktiv
erkannte er den richtigen Augenblick, holte aus und warf. Er traf genau die
Stelle, auf die er gezielt hatte. Der Keiler brach nach hinten ein und setzte
sich auf sein Hinterteil. Er war tödlich getroffen und klagte in Todesqual.
Alexander merkte, wie jemand ihm einen zweiten Spieß in die Hand drückte,
rannte vor und rammte ihn dem sterbenden Tier ins Herz. Der Keiler fiel zur
Seite, zuckte noch kurz und verstummte dann. Die anderen kamen aus ihren
Verstecken und näherten sich dem toten Tier langsam.
    „Da ist noch einer!“, hörte Alexander eine Stimme rufen.
    Im selben Augenblick sah er einen dunklen Schatten heranrasen.
Weder er noch Atarrhias, der neben ihm war, besaß noch eine Waffe, doch der
zweite Keiler rannte an ihnen vorbei auf den unteren Waldrand zu, wo Proteas
ganz allein stand und unsicher mit seinem Spieß fuchtelte. Alle anderen
befanden sich schon mehr oder weniger tief auf der Lichtung. Hephaistion, der
Proteas noch am nächsten war, holte aus, doch der Winkel war ungünstig, und er
traf nur die unempfindliche Schwarte auf dem Rücken des Keilers. Dieser,
getroffen, aber noch lange nicht erledigt, wendete und rannte erbost auf
Hephaistion zu. Attalos

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