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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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Zyniker, die an nichts glauben, sind vermutlich nicht gierig. Es braucht nicht viel, um die körperlichen Bedürfnisse des Homo sapiens zu befriedigen. Es ist unmöglich, Milliarden von Euro zu verfressen. Mit so viel Geld kann man höchstens Pyramiden bauen, um die Welt reisen, Wahlkämpfe finanzieren, eine Terrorgruppe unterstützen oder noch eine Milliarde verdienen – alles Dinge, die einen echten Zyniker nicht im Geringsten interessieren würden. Der griechische Philosoph Diogenes, der die Schule der Zyniker gründete, lebte in einer Tonne. Als Alexander der Große einmal zu Besuch vorbeischaute, lag Diogenes vor seiner Tonne und sonnte sich. Der große Eroberer fragte den Philosophen, ob er ihm einen Wunsch erfüllen dürfe, und der Zyniker antwortete ihm: »Geh mir ein wenig aus der Sonne.«
    Deshalb erobern Zyniker keine Weltreiche und deshalb lässt sich eine erfundene Ordnung nur aufrechterhalten, wenn große Teile der Bevölkerung – vor allem große Teile der Sicherheitskräfte und der Elite – wirklich an sie glauben. Das Christentum hätte keine zwei Jahrtausende überlebt, wenn die Mehrheit der Bischöfe und Pfarrer nicht an die Auferstehung geglaubt hätten. Die Demokratie der Vereinigten Staaten hätte sich keine zweieinhalb Jahrhunderte gehalten, wenn die Mehrheit der Präsidenten und Abgeordneten nicht an die Menschenrechte geglaubt hätten. Und unser modernes Wirtschaftssystem würde sich keine Sekunde lang halten, wenn die Mehrheit der Anleger und Banker nicht an den Kapitalismus glauben würden.
    Die Gefängnismauern
    Aber wie bringt man Menschen dazu, an erfundene Ordnungen wie das Christentum, die Demokratie oder den Kapitalismus zu glauben? Die oberste Regel ist: Sie dürfen nie zugeben, dass diese Ordnung nur ein Fantasieprodukt ist. Sie müssen immer darauf bestehen, dass die Ordnung, auf die sich die Gesellschaft stützt, eine objektive Wirklichkeit ist, die von Göttern geschaffen wurde oder den Gesetzen der Natur entspricht. Die Menschen sind nicht deshalb ungleich, weil Hammurabi das sagt, sondern weil Enlil und Marduk die Dinge so geordnet haben. Die Menschen sind nicht deshalb gleich, weil die Väter der amerikanischen Verfassung das so wollten, sondern weil Gott sie so erschaffen hat. Die Marktwirtschaft ist nicht deshalb das beste Wirtschaftssystem, weil Adam Smith das behauptet, sondern weil sie den Gesetzen der Natur entspricht.
    Außerdem können Sie die Menschen einer gründlichen Gehirnwäsche unterziehen. Vom Moment ihrer Geburt an erinnern Sie sie immer wieder an die Grundsätze dieser erfundenen Ordnung, die in Alles und Jedes eingebaut werden. Sie finden sich buchstäblich überall: in Märchen, Kinofilmen, Gemälden, Liedern, Sprichwörtern, Weisheiten, politischer Propaganda, Architektur, Kochrezepten und Moden. Weil beispielsweise heute alle an die Gleichheit glauben, schreibt die Mode vor, dass auch reiche Kinder Jeans tragen, auch wenn die Baumwollhosen früher nur von Arbeitern getragen wurden. Im Mittelalter galt dagegen das Prinzip der Ungleichheit, und kein Sohn eines Adeligen hätte sich in Bauernkleidern gezeigt. Damals war die Anrede »Herr« oder »Frau« ein Privileg, das nur dem Adel vorbehalten war und oft mit Blut erkauft wurde. Heute wird jeder mit »Herr« oder »Frau« angeredet, egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht er oder sie stammt.
    Die Geisteswissenschaften verwenden heute große Energie auf die Erklärung, wie diese erfundene Ordnung mit dem Stoff unseres Lebens verwoben wurde. Auf diesen wenigen Seiten können wir leider nur ein Fädchen davon aufnehmen. Es gibt drei entscheidende Faktoren, die uns daran hindern zu erkennen, dass die Ordnung, die unserem Leben zu Grunde liegt, nichts als ein Fantasieprodukt ist.
    1. Die erfundene Ordnung ist fest mit der materiellen Welt verwoben. Obwohl die erfundene Ordnung nur in unseren Köpfen existiert, ist sie beinahe untrennbar mit der physischen Welt verbunden. Geographie, Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen, unser Körper, unsere Techniken, sie alle setzen uns bei der Erfindung von Ordnungen klare Grenzen. Doch umgekehrt formt die von uns erfundene Ordnung ganz allmählich Geographie, Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen, unser Körper und unsere Techniken, um sie besser in unsere jeweilige Ordnung zu integrieren. So kommt es, dass unsere Ordnung im Laufe der Zeit immer selbstverständlicher wird und wir uns kaum noch eine andere vorstellen können.
    Als Bürger eines westlichen Landes sind wir heute

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