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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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Wellenphänomen beschreibt; nur unsere Beobachtungen der Welt lassen sich in dieser Form beschreiben. Es gibt also in der Quantenmechanik eine Dualität von Wellen und Teilchen: Für manche Zwecke ist es nützlich, sich Teilchen als Wellen vorzustellen, für andere Zwecke ist es günstiger, Wellen als Teilchen anzusehen. Daraus folgt – eine wichtige Konsequenz –, daß wir etwas beobachten können, das als «Interferenz» zwischen zwei Gruppen von Wellen oder Teilchen bezeichnet wird: Die Kämme einer Wellengruppe können mit den Wellentälern einer anderen Gruppe zusammenfallen. Dann heben sich die beiden Wellengruppen auf, statt sich zu einer stärkeren Welle zu addieren, wie man es hätte erwarten können (Abb. 14). Ein vertrautes Beispiel für Interferenz im Fall von Licht sind die Farben, die man häufig auf Seifenblasen sehen kann. Sie werden durch die Lichtreflexion auf beiden Seiten der dünnen Wasserhaut verursacht, die die Blase bildet. Weißes Licht besteht aus Lichtwellen von verschiedenster Länge oder Farbe. Bei bestimmten Wellenlängen fallen die Kämme der Wellen, die auf der einen Seite des Seifenfilms reflektiert werden, mit den auf der anderen Seite reflektierten Wellentälern zusammen. Die diesen Farben entsprechenden Wellenlängen fehlen im reflektierten Licht, das aus diesem Grunde farbig erscheint.

    Abb. 15: Zwei Spalte rufen ein Muster von hellen und dunklen Interferenzstreifen hervor. Der Grund: Die Wellen aus beiden Spalten addieren sich oder heben sich auf. Ähnliche Interferenzmuster erhält man bei Teilchen, etwa bei Elektronen, woraus ersichtlich wird, daß sie sich wie Wellen verhalten.
    Infolge der von der Quantenmechanik eingeführten Dualität kann Interferenz auch bei Teilchen auftreten. Ein berühmtes Beispiel ist das sogenannte «Doppelspalt-Experiment» (Abb. 15). Stellen wir uns eine Trennwand mit zwei schmalen, parallelen Spalten vor. Auf der einen Seite steht eine Lampe, die Licht von bestimmter Farbe (das heißt von einer bestimmten Wellenlänge) ausstrahlt. Der größte Teil des Lichts trifft auf die Trennwand, doch eine geringe Menge dringt durch die Spalte. Hinter der Trennwand steht ein Sichtschirm. Auf jeden Punkt des Schirms treffen Wellen aus beiden Spalten. Doch muß das Licht im allgemeinen auf dem Weg von der Quelle durch die Spalte zum Sichtschirm unterschiedliche Entfernungen zurücklegen. Das heißt, die Wellen kommen nicht phasengleich beim Schirm an. An einigen Stellen heben sie sich auf, an anderen verstärken sie sich. Das Ergebnis ist ein charakteristisches Muster von hellen und dunklen Interferenzstreifen.
    Bemerkenswert ist, daß man haargenau die gleichen Interferenzstreifen erhält, wenn man die Lichtquelle durch eine Teilchenquelle ersetzt, die etwa Elektronen mit einer bestimmten Geschwindigkeit aussendet (das heißt, die entsprechenden Wellen haben eine bestimmte Länge). Dies erscheint um so merkwürdiger, als man bei nur einem Spalt keine Interferenzstreifen, sondern nur eine gleichförmige Elektronenverteilung auf dem Schirm erhält. Man könnte deshalb annehmen, daß sich die Zahl der auf jeden Punkt des Sichtschirms treffenden Elektronen einfach erhöht, wenn man einen weiteren Spalt öffnet; tatsächlich aber wird ihre Zahl durch die Interferenz an einigen Stellen verringert. Wenn die Elektronen einzeln hintereinander durch die Spalte gesendet werden, sollte man erwarten, daß jedes durch den einen oder den anderen Spalt dringe und sich so verhielte, als sei der passierte Spalt der einzig vorhandene, was zu einer gleichförmigen Verteilung auf dem Schirm führen würde. Tatsächlich aber erscheinen die Interferenzstreifen auch, wenn die Elektronen einzeln ausgesendet werden. Jedes Elektron muß also seinen Weg durch beide Spalte nehmen.
    Dieses Phänomen, die Interferenz zwischen Teilchen, war entscheidend für unser Verständnis des Aufbaus von Atomen, der Grundeinheiten von Chemie und Biologie und der Bausteine, aus denen wir und alles um uns her bestehen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte man sich das Atom weitgehend wie das Sonnensystem vor: Elektronen (Teilchen mit negativer elektrischer Ladung) kreisen um einen positiv geladenen zentralen Kern. Die Anziehung zwischen positiver und negativer Ladung halte, so glaubte man, die Elektronen in genau der gleichen Weise auf ihren Umlaufbahnen, wie die Massenanziehung zwischen der Sonne und den Planeten diese an ihre Bahnen binde. Doch stand man damit vor einem schwierigen Problem:

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