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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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Loch komprimiert werden könnte. Doch wir wissen, daß es Unregelmäßigkeiten gegeben haben muß, weil sonst die Materie im Universum vollkommen gleichförmig verteilt wäre, statt in Sternen und Galaxien zusammengeballt zu sein.
    Ob die Unregelmäßigkeiten, die erforderlich waren, um Sterne und Galaxien entstehen zu lassen, zur Bildung einer größeren Zahl solcher urzeitlichen Schwarzen Löcher geführt haben, hängt natürlich von den näheren Umständen im frühen Universum ab. Deshalb könnten wir wichtige Informationen über die sehr frühen Stadien des Universums gewinnen, wenn es uns gelänge festzustellen, wie viele urzeitliche Schwarze Löcher es gegenwärtig gibt. Sie könnten nur anhand ihres gravitativen Einflusses auf andere, sichtbare Materie oder auf die Expansion des Universums entdeckt werden – ihre Masse beträgt mehr als eine Milliarde Tonnen (die Masse eines großen Bergs). Doch im nächsten Kapitel werde ich zeigen, daß Schwarze Löcher am Ende gar nicht wirklich schwarz sind: Sie glühen wie ein heißer Körper, und je kleiner sie sind, desto intensiver ist ihre Glut. So paradox es klingt: Es könnte sich herausstellen, daß kleinere Schwarze Löcher leichter zu entdecken sind als große.

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    7
    Schwarze Löcher sind gar nicht so schwarz
    V OR 1970 KONZENTRIERTE ICH MICH in meinen Arbeiten über die Allgemeine Relativitätstheorie vor allem auf die Frage, ob es eine Urknall-Singularität gegeben hat oder nicht. Doch eines Abends im November jenes Jahres, kurz nach der Geburt meiner Tochter Lucy, dachte ich über Schwarze Löcher nach, während ich zu Bett ging. Meine Körperbehinderung macht diese alltägliche Handlung zu einem ziemlich langwierigen Prozeß, so daß mir viel Zeit für meine Überlegungen blieb. Damals war noch nicht genau definiert, welche Punkte der Raumzeit innerhalb eines Schwarzen Loches liegen und welche außerhalb. Mit Roger Penrose hatte ich bereits die Möglichkeit erörtert, ein Schwarzes Loch als die Gruppe von Ereignissen zu definieren, denen man nicht sehr weit entkommen kann; das ist heute die allgemein anerkannte Definition. Mit anderen Worten: Die Grenze des Schwarzen Loches, der Ereignishorizont, wird durch die Wege jener Lichtstrahlen in der Raumzeit festgelegt, die bei ihrem zum Scheitern verurteilten Versuch, dem Schwarzen Loch zu entfliehen, am weitesten nach außen dringen und sich für immer auf dieser Grenze bewegen (Abb. 21). Dies erinnert ein bißchen an den Versuch, vor der Polizei davonzulaufen, und man ist ihr immer einen Schritt voraus, ohne ihr je wirklich zu entkommen!
    Plötzlich wurde mir klar, daß die Bahnen dieser Lichtstrahlen nicht näher aneinanderrücken können, weil sie sonst schließlich ineinanderlaufen müßten – so als würde man bei seiner Flucht mit jemandem zusammenprallen, der einem anderen Polizisten in entgegengesetzter Richtung davonliefe: Beide würden gefaßt werden (oder, in unserem Fall, in das Schwarze Loch zurückfallen)! Doch wenn das Schwarze Loch diese Lichtstrahlen verschluckt, können sie nicht auf seiner Grenze liegen. Deshalb müßten sich die Wege der Lichtstrahlen im Ereignishorizont stets parallel zueinander bewegen oder voneinander fort. Man kann sich den Ereignishorizont auch als den Rand eines Schattens vorstellen – des Schattens eines drohenden Untergangs. Betrachtet man den Schatten, den eine sehr weit entfernte Lichtquelle wirft, so erkennt man, daß sich die Lichtstrahlen am Rand relativ zueinander nicht nähern.
    Wenn die Lichtstrahlen, die den Ereignishorizont bilden, einander nicht näher rücken können, dann müßte seine Fläche gleich bleiben oder anwachsen, könnte aber niemals abnehmen – denn das würde bedeuten, daß zumindest einige der Lichtstrahlen des Ereignishorizonts einander genähert hätten. Tatsächlich würde die Fläche immer dann anwachsen, wenn Materie oder Strahlung ins Schwarze Loch fiele (Abb. 22). Die zweite Möglichkeit: Bei der Kollision zweier Schwarzer Löcher zu einem einzigen würde die Fläche des Ereignishorizonts des dabei entstehenden Schwarzen Loches größer oder gleich der Summe der Ereignishorizontflächen der beiden ursprünglichen Schwarzen Löcher sein (Abb. 23). Diese Eigenschaft von Ereignishorizontflächen, sich nicht zu verringern, bedeutete eine wesentliche Einschränkung für das mögliche Verhalten Schwarzer Löcher. Meine Entdeckung versetzte mich in solche Aufregung, daß ich in dieser Nacht nicht viel Schlaf

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