Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)
bekannt. Die Vorhersagen über das proportionale Vorkommen verschiedener Elemente im frühen Universum waren deshalb ziemlich ungenau. Nachdem man diese Berechnungen jedoch auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse wiederholt hat, decken sie sich weitgehend mit unseren Beobachtungen. Im übrigen läßt sich anders kaum erklären, warum es soviel Helium im Universum gibt. Deshalb sind wir uns ziemlich sicher, daß wir uns das richtige Bild machen, zumindest für den Zeitraum, der ungefähr eine Sekunde nach dem Urknall beginnt.
Schon wenige Stunden nach dem Urknall dürfte die Entstehung von Helium und anderen Elementen beendet gewesen sein. Und danach setzte das Universum nach unserer Vorstellung eine Million Jahre lang seine Ausdehnungsbewegung einfach fort, ohne daß etwas Nennenswertes geschah. Nachdem die Temperatur schließlich auf ein paar tausend Grad gesunken war und die Elektronen und Kerne nicht mehr genügend Energie hatten, um ihre gegenseitige elektromagnetische Anziehung zu überwinden, begannen sie, sich zu Atomen zu verbinden. In seiner Gesamtheit setzte das Universum seine Ausdehnung und Abkühlung fort, doch in Regionen, deren Dichte etwas über dem Durchschnitt lag, wurde die Expansion durch zusätzliche Gravitationskräfte verlangsamt. Das brachte schließlich die Expansion in einigen Regionen zum Stillstand und veranlaßte diese, zu rekollabieren. Die Gravitationskräfte der Materie außerhalb der zusammenstürzenden Regionen könnten diese in eine leichte Rotationsbewegung versetzt haben. Je mehr sich die kollabierenden Regionen verdichteten, desto schneller mußte ihre Rotation werden – wie Eisläufer sich schneller drehen, wenn sie bei der Pirouette die Arme an den Körper ziehen. Schließlich wurden die Regionen so klein, daß ihre Rotationsgeschwindigkeit die Gravitationskraft aufwog: Dies war die Geburt scheibenartig rotierender Galaxien. Andere Regionen, die nicht in Rotation versetzt wurden, entwickelten sich zu ovalen Objekten, den elliptischen Galaxien. Hier kam der Kollaps der Region zum Stillstand, weil einzelne Teile der Galaxie in stabilen Bahnen um das Zentrum kreisen, während die Galaxie selbst nicht rotiert.
Im weiteren Verlauf, so vermutet man, teilten sich das Wasserstoff- und Heliumgas der Galaxien zu kleineren Wolken auf, die unter dem Einfluß der eigenen Schwerkraft kollabierten. Bei ihrer Kontraktion und dem Zusammenstoß der Atome in ihrem Innern stieg die Temperatur des Gases, bis es schließlich so heiß wurde, daß es zu Kernfusionsreaktionen kam. Dadurch wurde weiterer Wasserstoff in Helium umgewandelt, während die freigesetzte Wärme den Druck steigerte, so daß sich die Wolken nicht weiter zusammenzogen. Als Sterne wie unsere Sonne blieben sie in diesem Zustand lange Zeit stabil, wobei sie Wasserstoff zu Helium verbrannten und die resultierende Energie in Form von Wärme und Licht abstrahlten. Sterne mit größeren Massen müssen mehr Hitze entwickeln, um ihre stärkere Schwerkraft auszugleichen. Dadurch laufen ihre Kernfusionsreaktionen so viel rascher ab, daß sie ihren Wasserstoff bereits in hundert Millionen Jahren verbraucht haben. Sie ziehen sich dann ein wenig zusammen, werden noch heißer und beginnen das Helium in schwerere Elemente wie Kohlen- oder Sauerstoff umzuwandeln. Dadurch wird jedoch nicht viel mehr Energie freigesetzt, so daß es nach geltender Auffassung zu einer Krise kommen muß, wie sie im Kapitel über die Schwarzen Löcher beschrieben ist. Was dann geschieht, ist nicht ganz klar; wahrscheinlich stürzen die Zentralregionen des Sterns zu einem sehr dichten Zustand zusammen, also zu einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch. Man nimmt an, daß die äußeren Regionen des Sterns manchmal in einer gewaltigen Explosion fortgeschleudert werden. Solche Explosionen, Supernovae genannt, überstrahlen alle anderen Sterne in der Galaxie. Einige der schwereren Elemente, die der Stern gegen Ende seines Lebens gebildet hat, werden in das Gas der Galaxie zurückgeworfen und sind ein Teil des Rohmaterials für die nächste Sternengeneration. Unsere Sonne enthält etwa zwei Prozent dieser schwereren Elemente, weil sie ein Stern der zweiten oder dritten Generation ist, der sich vor etwa fünf Milliarden Jahren aus einer rotierenden Gaswolke mit den Überresten früherer Supernovae gebildet hat. Der größte Teil dieses Gases entwickelte sich zur Sonne oder wurde fortgeschleudert, doch ein kleiner Anteil der schwereren Elemente schloß sich zu den
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