Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
wirklich
gewesen sind, wie du und ich heute sind. Dabei haben sich Dinge ereignet, die
abenteuerlicher und bewundernswerter sind als alles, was man erfinden könnte.
Eine dieser abenteuerlichsten und verwundernswertesten Geschichten, die so
wirklich gewesen sind wie dein und mein Leben, werde ich dir jetzt erzählen. Es
ist noch gar nicht so lange her, dass sich das alles ereignet hat. Mein eigener
Großvater hat es sogar noch erlebt, als er so alt war, wie du heute bist.
Den Anfang freilich kaum. Der war so: Bei Italien gibt es eine gebirgige,
sonnige, arme Insel, die heißt Korsika. Dort lebte ein Advokat mit seiner Frau
und acht Kindern. Er hieß mit seinem italienischen Namen Buonaparte. Als sein
zweiter Sohn, Napoleon, im Jahre 1769 geboren wurde, war die Insel gerade von
den Genuesen an Frankreich verkauft worden. Ihre Bewohner, die Korsen, ließen
sich das aber nicht gerne gefallen, und es gab viele Kämpfe mit den
französischen Beamten. Der junge Napoleon sollte Offizier werden, und so
schickte sein Vater ihn mit zehn Jahren auf eine Militärschule in Frankreich.
Er war arm. Sein Vater konnte ihn kaum unterstützen. So war er ernst und
traurig. Er spielte nicht mit seinen Mitschülern. »Ich hatte mir in der Schule
einen Winkel ausgesucht«, erzählte er später, »in dem ich zu sitzen und nach
Herzenslust zu träumen pflegte. Wenn meine Kameraden mir diese Ecke streitig
machen wollten, wehrte ich mich mit aller Macht. Ich empfand bereits, dass mein
Wille den Sieg davontragen müsse und das, was mir gefiel, mir auch zufallen
werde.«
Er lernte viel und hatte ein wunderbares Gedächtnis. Mit 17 Jahren
wurde er Unterleutnant in der französischen Armee. Da er sehr klein war, gab
man ihm dort den Spitznamen: der kleine Korporal. Er litt fast Hunger. Er las
eine Menge und merkte sich alles. Als drei Jahre später, 1789, die Revolution
in Frankreich ausbrach, wollte Korsika sich von Frankreichs Herrschaft
befreien. Napoleon fuhr hin und kämpfte gegen die Franzosen. Dann ging er aber
doch nach Paris, denn »nur in Paris kann man es zu etwas bringen«, schrieb er
damals in einem Brief. Er hatte recht. Er brachte es in Paris zu etwas.
Zufällig diente ein Landsmann Napoleons als hoher Offizier in einer Armee, die
von den Revolutionären gegen die widerspenstige Provinzstadt Toulon geschickt
wurde. Der nahm den 25-jährigen Leutnant mit und hatte es nicht zu bereuen.
Napoleon gab dort so gute Ratschläge, wo man Kanonen aufstellen solle und wohin
man schießen müsse, dass die Stadt bald eingenommen wurde. Dafür wurde er zum
General ernannt. In dieser wüsten Zeit war das aber noch lange keine Garantie
für eine große Laufbahn. Denn mit einer Partei befreundet hieß mit der anderen
verfeindet sein. Als die Regierung, die ihn zum General ernannt hatte, verjagt
wurde, wurde auch Napoleon verhaftet. Zwar wurde er bald wieder freigelassen,
aber zur Strafe für seine Freundschaft mit den Jakobinern abgesetzt und aus der
Armee ausgeschlossen. Er war entsetzlich arm und ohne jede Hoffnung. Da wurde
er, wieder durch einen Bekannten, dem Direktorium der fünf Männer in Paris
empfohlen und dazu verwendet, einen gefährlichen Aufstand junger Adeliger
niederzuwerfen. Napoleon ließ rücksichtslos in die Menge hineinschießen und
vertrieb sie. Aus Dankbarkeit machte man ihn wieder zum General und gab ihm
bald den Oberbefehl über eine kleine Armee, die nach Italien gehen sollte, um
dort, wie in anderen Ländern, die Ideen der Französischen Revolution zu verbreiten.
Es war eine fast aussichtslose Sache. Die Armee war sehr elend
ausgerüstet. Frankreich war ja damals arm und in furchtbarer Unordnung. Vor dem
Feldzug, im Jahre 1796, richtete General Napoleon, der sich jetzt französisch
Bonaparte schrieb, eine Ansprache an seine Soldaten. Er sagte nicht viel mehr
als: »Soldaten! Ihr seid nackt und hungrig, die Regierung ist euch viel
schuldig und kann euch nicht bezahlen. Ich aber werde euch in die fruchtbarste
Ebene der Welt führen. Reiche Provinzen und große Städte werden in eure Gewalt
fallen; dort werdet Ihr Ehre, Ruhm und Reichtum finden. Soldaten! Wird es euch
an Mut und Ausdauer fehlen?« So verstand er es, die Soldaten zu begeistern und die
große Übermacht der Feinde mit solcher Klugheit anzugreifen, dass er überall
siegte. Schon wenige Wochen nach seinem Aufbruch schreibt er in einem Befehl an
seine Armee: »Soldaten! In vierzehn Tagen habt Ihr sechs Siege erfochten, 21
Fahnen und 55 Kanonen erobert – Ihr
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