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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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andere hieß Robespierre und
war gerade das Gegenteil von Danton. Ein steifer, nüchterner, trockener
Rechtsanwalt, der endlos lange Reden hielt, in denen immer die Helden aus der
Zeit der Griechen und Römer vorkommen mussten. Immer pedantisch angezogen, mit
abgezirkelten Bewegungen, wie ein komischer, gefürchteter Schullehrer, so stieg
er auf das Rednerpult der Nationalversammlung. Und sprach von Tugend und wieder
von Tugend, von der Tugend des Cato und von der Tugend des Themistokles, von
der Tugend des menschlichen Herzens im Allgemeinen und von dem Hass gegen das
Laster. Und weil man das Laster hassen müsse, müsse man die Feinde Frankreichs
köpfen lassen. Dann würde die Tugend triumphieren. Und die Feinde Frankreichs,
das waren alle, die nicht seiner Meinung waren. So ließ er im Namen der Tugend
des menschlichen Herzens Hunderte seiner Gegner umbringen. Du brauchst aber
nicht zu glauben, dass er ein Heuchler war. Er meinte es wahrscheinlich
wirklich so. Er ließ sich durch kein Geschenk bestechen und durch keine Träne
rühren. Er war schrecklich. Und Schrecken wollte er auch verbreiten. Schrecken
unter den Feinden der Vernunft, wie er meinte.
    Auch den König Ludwig XVI. stellte man nun vor das Gericht des
Volkes und verurteilte ihn zum Tode, weil er Fremde gegen sein eigenes Volk zu
Hilfe gerufen hatte. Bald wurde auch Marie Antoinette geköpft. Im Sterben
bewiesen beide mehr Würde und Größe, als sie im Leben gezeigt hatten. Über
diese Hinrichtung nun war das Ausland wirklich entsetzt. Und viele Truppen
zogen gegen Paris. Aber das Volk ließ sich seine Freiheit nicht mehr nehmen.
Alle Männer des Landes wurden zu den Waffen gerufen, und die deutschen Armeen
wurden zurückgeschlagen, während die Herrschaft des Schreckens in Paris und vor
allem in den Provinzstädten immer ärger tobte.
    Robespierre und die Abgeordneten hatten das Christentum für einen
alten Aberglauben erklärt und Gott durch ein Gesetz abgeschafft. Statt seiner
sollte man die Vernunft anbeten. Und man führte die junge Braut eines
Buchdruckers als Göttin der Vernunft in weißem Gewand mit blauem Mantel unter
festlicher Musik durch die Stadt. Bald war auch das Robespierre nicht
tugendhaft genug. Man erließ ein neues Gesetz, dass Gott existiert und dass die
Seele des Menschen unsterblich ist. Als Priester dieses »höchsten Wesens«, wie
man nun Gott nannte, erschien jetzt Robespierre selbst mit einem Federschmuck
auf dem Kopf und einem Blumenstrauß in der Hand. Er muss furchtbar komisch
gewesen sein bei diesem feierlichen Fest, und viele sollen damals gelacht
haben. Bald ging es nun mit Robespierres Macht zu Ende. Danton hatte genug von
dem täglichen Köpfen, er verlangte Gnade und Mitleid. Sofort hieß es bei
Robespierre: »Nur Verbrecher fordern Mitleid für Verbrecher.« Danton wurde also
auch geköpft, und Robespierre siegte zum letzten Mal. Als er aber bald darauf
wieder eine endlose Rede hielt, in der er behauptete, dass man sozusagen mit
den Hinrichtungen jetzt erst anfangen müsse, dass an allen Stellen noch Feinde
der Freiheit säßen, dass das Laster triumphiere und das Vaterland in Gefahr
sei, da geschah es zum ersten Mal, dass niemand Beifall klatschte. Es blieb
totenstill. Einige Tage darauf wurde auch er geköpft.
    Die Feinde Frankreichs waren geschlagen, die Adeligen getötet,
vertrieben oder freiwillig zu Bürgern geworden, die Gleichheit vor dem Gesetz
war erreicht, die Güter der Kirche und der Vornehmen an die von der
Leibeigenschaft befreiten Bauern verteilt, jeder Mann in Frankreich durfte
jeden Beruf ergreifen und zu jedem Amt gelangen. Das Volk war jetzt des Kampfes
müde und wollte in Ruhe und Ordnung die Früchte dieses riesigen Sieges
genießen. Das Revolutionstribunal wurde abgeschafft und im Jahre 1795 eine
Regierung von fünf Männern, ein Direktorium, gewählt, das das Land nach den
neuen Grundsätzen verwalten sollte.
    Inzwischen waren die Ideen der Revolution über Frankreich
hinausgedrungen und hatten in den Nachbarländern große Begeisterung geweckt.
Auch Belgien und die Schweiz bildeten Republiken nach den Grundsätzen der
Menschenrechte und der Gleichheit, und alle diese Republiken wurden von der
französischen Regierung mit Soldaten unterstützt. Unter diesen Hilfsarmeen
diente auch ein Soldat, der stärker war als die ganze Revolution.

Der letzte Eroberer
    Das Liebste an der Weltgeschichte war mir immer,
dass sie wirklich wahr ist und dass alle diese merkwürdigen Dinge ebenso

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