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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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übersetzten sie auch
ins Arabische. Von ihm lernten sie, sich mit allen Dingen in der Natur zu
beschäftigen und nach den Ursachen aller Dinge zu forschen. Und sie taten es
gern und eifrig. Viele Namen von Wissenschaften, die du einmal in der Schule
hören wirst, kommen aus dem Arabischen, zum Beispiel »Chemie« oder »Algebra«.
Das Buch, das du in der Hand hältst, ist aus Papier. Auch das verdanken wir den
Arabern, die es ihrerseits bei chinesischen Kriegsgefangenen kennengelernt
haben.
    Aber für zwei Dinge bin ich den Arabern besonders dankbar. Das eine
sind die wunderbaren Märchen, die sie erzählt und geschrieben haben und die du
in »Tausend und eine Nacht« lesen kannst. Das zweite ist fast noch
märchenhafter als die Märchen, wenn es dir auch nicht gleich so vorkommen wird.
Pass auf: »12«. Warum heißt das »zwölf« und nicht »eins-zwei« oder »eins und
zwei«, was »drei« bedeutet? Der Einser, wirst du sagen, ist eben kein Einser,
sondern ein Zehner. Weißt du noch, wie die Römer »zwölf« geschrieben haben:
»XII«. Und 112? »CXII«. Und 1112? »MCXII«. Stell dir vor, wenn man mit solchen
römischen Ziffern multiplizieren und addieren müsste! Aber mit unseren
»arabischen« Ziffern geht es ganz leicht. Nicht nur weil sie hübsch und leicht
zu schreiben sind, sondern weil sie etwas Neues haben: den Stellenwert. Eine
Zahl, die links neben zwei anderen steht, ist eben ein Hunderter. Und Hundert
schreibt man als Eins mit zwei Nullen.
    Hättest du so eine praktische Erfindung gemacht? Ich bestimmt nicht.
Diese Erfindung und sogar das Wort »Ziffer« haben wir von den Arabern, und die
sind auf das Ganze durch die Inder gebracht worden. Das ist es, was ich fast
noch märchenhafter finde als die herrlichen Märchen selbst. Und wenn es gut
ist, dass Karl Martell 732 nach Christus über die Araber gesiegt hat, so ist es
doch auch nicht schlecht, dass sie ihr großes Reich gegründet haben und die
Gedanken, Formen und Erfindungen der Perser und Griechen, der Inder und sogar
der Chinesen miterobert und zusammengetragen haben.

Ein Eroberer, der auch herrschen kann
    Wenn du diese Geschichte liest, wirst du
vielleicht glauben, dass es sehr leicht ist, die Welt zu erobern oder
große Reiche zu gründen, denn in der Weltgeschichte kommt so etwas immer wieder
vor. Wirklich war es in früheren Zeiten nicht ganz so schwer. Woher kommt das?
    Du musst dir vorstellen, dass es damals noch keine Zeitungen und keine
Post gab und dass die meisten Menschen überhaupt nicht genau wussten, was
einige Tagereisen entfernt von ihnen vorging. Sie lebten in ihren Tälern und
Wäldern, bebauten das Land, und das Fernste, was sie kannten, waren die Nachbarstämme.
Mit diesen lagen sie aber meistens in Feindschaft oder Fehde. Man tat einander
alles Mögliche an, trieb sich gegenseitig das Vieh von der Weide und zündete
sogar die Gehöfte an. Es war ein ständiges Hin und Her von Raub, Rache und
Kampf.
    Dass es jenseits des eigenen, kleinen Bereiches noch etwas gab,
wusste man nur vom Hörensagen. Wenn nun ein Heer von einigen Tausend Mann in
solch ein Tal oder eine Waldgegend kam, war nicht viel dagegen auszurichten. Die
Nachbarn waren nur froh, wenn dieses Heer ihre Feinde niedermachte, und dachten
nicht daran, dass sie als Nächste an die Reihe kommen würden. Und wenn man sie
nicht umgebracht hat, sondern nur gezwungen, mit dem Heer mitzuziehen, weiter,
gegen die nächsten Nachbarn, so waren sie meist noch dankbar. Auf diese Art ist
so ein Heer gewachsen, und für die einzelnen Stämme wurde es immer schwerer, es
zu besiegen, auch wenn die Stämme noch so tapfer waren. So ging es manchmal bei
den Eroberungszügen der Araber, und so ähnlich war es auch bei dem berühmten
König der Franken, von dem ich jetzt erzählen werde, bei Karl dem Großen.
    Aber wenn auch das Erobern nicht ganz so schwer war, wie es heute
wäre, das Regieren war viel schwerer. Man musste ja in all die fernen,
entlegenen Gegenden Boten senden, musste die streitenden Völker und Stämme
einigen und verbinden, damit sie einsehen lernten, dass es Wichtigeres gab als
ihre Stammesfeindschaften und ihre Blutrache. Wollte man ein guter Herrscher
sein, so musste man den Bauern, die ein so armseliges, kärgliches Leben
führten, helfen, man musste dafür sorgen, dass die Leute etwas lernten und dass
nicht alles verloren ging, was die Menschen vorher gedacht und geschrieben
hatten. Ein guter Herrscher musste damals wirklich eine Art Familienvater
seiner

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