Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
Vom Netzwerk:
kaum Geld.
    Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wozu man Geld eigentlich
braucht? – »Zum Leben natürlich!«, wirst du sagen. Aber das ist doch nicht
richtig, hast du schon je von einem Geldstück abgebissen? Leben kann man doch
nur von Brot und anderen Lebensmitteln, und wer das Getreide für das Brot
selbst anbaut, der braucht kein Geld, so wenig, wie Robinson welches gebraucht
hat. Natürlich braucht auch der kein Geld, dem das Brot umsonst gegeben werden
muss. So war es aber in Deutschland. Die hörigen Bauern bebauten ihre Felder
und gaben den Rittern und Klöstern, denen das Land gehörte, ein Zehntel von
ihrer Ernte ab.
    Aber woher nahmen die Bauern die Pflüge, ihre Kittel, ihr
Sattelzeug? Das haben sie meist eingetauscht. Wenn zum Beispiel ein Bauer einen
Ochsen hatte, aber lieber sechs Schafe wollte, um Wolle für einen Kittel zu
bekommen, so hat er sie von seinem Nachbarn eingetauscht. Und wenn er einen
Ochsen geschlachtet und die beiden Hörner an langen Winterabenden zu hübschen Trinkgefäßen
verarbeitet hatte, konnte er dann das eine Trinkhorn gegen Flachs von seines
Nachbarn Feld eintauschen, damit sich seine Frau einen Mantel weben konnte. Man
nennt das Tauschhandel. So ging es damals in Deutschland recht gut ohne Geld,
denn die meisten Menschen waren Bauern oder Grundherren. Auch alle Klöster
besaßen viel Land, das ihnen fromme Menschen geschenkt oder vermacht haben.
    Außer großen Wäldern und kleinen Feldern, einigen Dörfern, Burgen
und Klöstern gab es damals fast nichts im weiten deutschen Reich. Also fast
keine Städte. Aber nur in Städten braucht man Geld. Der Schuster, der
Tuchhändler, der Schreiber können doch mit ihrem Leder, mit Stoff oder Tinte
nicht ihren Hunger und Durst stillen. Sie brauchen Brot. Du kannst aber doch
nicht zum Schuster gehen und ihm für deine Schuhe Brot geben, damit er zum
Leben hat! Woher solltest du denn das Brot nehmen, wenn du kein Bauer bist? Vom
Bäcker! Aber was gibst du dem Bäcker dafür? Vielleicht könntest du ihm helfen.
Aber wenn er dich nicht braucht? Oder wenn du schon der Obstfrau helfen musst?
Du siehst, das wäre unvorstellbar verwickelt, wenn man in den Städten vom
Tauschhandel leben wollte.
    Darum haben sich die Leute geeinigt, etwas zum Tauschen zu
verwenden, was jeder haben und annehmen will und das man leicht teilen und mit
sich herumtragen kann. Auch darf es beim Liegen nicht schlecht werden. Am
besten eignet sich da Metall, also Gold und Silber. Früher war alles Geld aus
Metall, und die richtig reichen Leute trugen immer Beutel mit Goldstücken im
Gürtel. Jetzt kannst du dem Schuster Geld geben für Schuhe, und der kauft sich
dafür beim Bäcker Brot, und der gibt es wieder dem Bauern für das Mehl, und der
Bauer kauft sich schließlich von deinem Geld vielleicht einen neuen Pflug. Den
hätte er aus des Nachbarn Garten nicht eintauschen können.
    In Deutschland also gab es damals zur Ritterzeit kaum Städte, und
darum brauchte man auch kein Geld. Aber in Italien kannte man das Geld noch aus
der Römerzeit. Es gab dort immer große Städte mit vielen Händlern, die alle
viel Geld im Gürtel trugen und noch mehr in dicken, großen Truhen verwahrt
hielten.
    Manche Städte waren am Meer gelegen, zum Beispiel Venedig, das lag
sogar eigentlich mitten im Meer auf lauter kleinen Inseln, auf die die Bewohner
seinerzeit vor den Hunnen geflüchtet waren. Auch andere mächtige Hafenstädte
gab es, vor allem Genua und Pisa, und die Schiffe der Bürger (so heißen ja
Stadtbewohner) segelten weit herum und brachten schöne Stoffe aus dem
Morgenland und seltene Speisen und kostbare Waffen. Von den Hafenplätzen aus
verkaufte man diese Waren dann weiter ins Land hinein, nach Städten wie Florenz
oder Verona oder Mailand, wo man vielleicht Kleider aus den Stoffen gemacht hat
oder Fahnen und Zelte. Und von dort wurden sie dann auch weiterverkauft nach
Frankreich, dessen Hauptstadt Paris damals schon fast 100 000 Einwohner hatte,
oder nach England oder auch nach Deutschland. Aber nach Deutschland nur wenig,
weil es dort nur wenig Geld gab, um solche Dinge damit zu bezahlen.
    Die Bürger in den Städten wurden immer reicher, und niemand konnte
ihnen befehlen, weil sie keine Bauern waren und also zu keinem Land gehörten.
Weil ihnen aber andererseits niemand Land verliehen hatte, waren sie auch keine
richtigen Herren. Sie haben sich (ganz ähnlich wie im Altertum) selbst regiert,
selbst Gericht gehalten und waren in ihren Städten bald so

Weitere Kostenlose Bücher