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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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auch
angefangen. Wer sich ein schönes Schlachtross leisten konnte, um damit in den
Krieg zu ziehen, war ein Ritter. Wer sich das nicht leisten konnte, musste zu
Fuß gehen und war keiner. Die Vornehmen also, denen der König Länder verliehen
hatte, waren Ritter. Die hörigen Bauern mussten ihnen den Hafer für das Pferd
liefern. Aber ebenso die Beamten der Vornehmen, ihre Gutsverwalter, denen der
Fürst wieder ein Stück des geliehenen Landes weiterverliehen hatte, waren reich
genug, ein schönes Pferd zu halten, obwohl sie sonst nicht sehr mächtig waren.
Wenn ihr Herr vom König in den Krieg gerufen wurde, mussten sie ihn mit ihren
Pferden begleiten. Darum waren sie auch Ritter. Nur die Bauern und armen
Diener, die Knechte und Mannen, die im Krieg zu Fuß kämpften, waren keine.
    All das fing schon um die Zeit Kaiser Heinrichs IV., also nach dem
Jahre 1000, an und blieb die nächsten Jahrhunderte so. Nicht nur in
Deutschland, sondern vor allem auch in Frankreich.
    Aber diese Reiter waren noch nicht Ritter, wie wir sie uns
vorstellen. Erst allmählich bauten sich die Fürsten und Vornehmen so große,
feste, stolze Burgen, wie wir sie heute noch in unseren Bergländern sehen.
Burgen, auf denen sie die Herren waren. Da sollte jemand kommen und sie stören!
Diese Burgen lagen oft auf schroffen, zackigen Felsen, die überhaupt nur von
einer Seite zu besteigen waren, und auf dieser Seite führte nur ein schmaler
Reitpfad hinauf.
    Ehe man an das Burgtor kam, gab es meist einen breiten Graben,
manchmal mit Wasser gefüllt. Über den Graben führte eine Zugbrücke. Man konnte
sie jederzeit an Ketten hochziehen, dann war die Burg verschlossen, und niemand
konnte hinein – denn jenseits des Grabens kamen zuerst eine dicke, feste Mauer
mit Schießscharten, aus denen man Pfeile schoss, und mit Löchern, aus denen man
siedendes Pech auf die Feinde schütten konnte. Die Mauer selbst trug Zacken
oder Zinnen, hinter denen man stehen und die Feinde beobachten konnte. Hinter
dieser dicken Mauer kam oft noch eine und auch noch eine dritte Mauer, ehe man
in den Burghof gelangte. Von dort erst ging es zu den Räumen, in denen der
Ritter wohnte. Eine Halle, in der ein Feuer im Kamin brannte, war für die
Frauen, die nicht so abgehärtet waren wie die Männer.
    Denn bequem lebte man in so einer Burg nicht. Die Küche war ein
schwarzer, rußiger Raum, in dem man das Fleisch über einem gewaltigen
prasselnden Holzfeuer am Spieß briet. Neben den Räumen für die Knechte und die
Ritter selbst gab es noch zweierlei: die Kapelle, in der der Kaplan den
Gottesdienst hielt, und den Bergfried. Der Bergfried ist ein gewaltiger Turm,
meist im Innersten der Burg, in dem gewöhnlich Lebensmittelvorräte gespeichert
waren und in den sich die Ritter zurückzogen, wenn die Feinde den Berg und den
Graben und die Zugbrücke und das siedende Pech und die drei Mauern wirklich
bezwungen hatten. Dann standen sie vor diesem gewaltigen trutzigen Turm, in dem
sich die Ritter oft noch so lange verteidigen konnten, bis Hilfe kam.
    Noch etwas dürfen wir nicht vergessen! Das Burgverlies. Das war ein
tiefes, enges, finsteres, kaltes Kellerloch, in dem der Ritter seine Feinde
schmachten ließ, wenn man sie nicht durch ein hohes Lösegeld befreite.
    Du hast vielleicht schon eine solche Burg gesehen. Aber wenn du
wieder eine siehst, dann denk nicht nur an die Ritter in den Kettenpanzern, die
dort herumgegangen sind, sondern schau dir auch einen Augenblick die Mauern und
Türme an, und denk an die Menschen, die das aufgeschichtet haben. Türme auf
spitzen Felsen, Mauern zwischen Abgründen. Das mussten alles die hörigen Bauern
machen, die Unfreien, die Leibeigenen, wie man sie auch nannte. Die mussten die
Steine brechen und schleppen, mussten sie hinaufwinden und übereinandertürmen,
und wenn ihre Kraft nicht mehr ausreichte, mussten wohl auch ihre Frauen und
Kinder helfen. Denn der Ritter konnte ihnen alles befehlen. Es war jedenfalls
schöner ein Ritter zu sein als ein Leibeigener.
    Die Söhne der Leibeigenen wurden wieder Leibeigene und die Söhne der
Ritter wieder Ritter. Das war nicht viel anders als im alten Indien mit seinen
verschiedenen Kasten.
    Schon im Alter von sieben Jahren kam der Sohn des Ritters auf eine
fremde Burg, um dort das Leben kennenzulernen. Er hieß Edelknabe oder Page und
hatte die Frauen zu bedienen, ihre Schleppe zu tragen oder vielleicht ihnen
vorzulesen, denn die Frauen konnten oft nicht lesen und schreiben. Aber die
Edelknaben

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