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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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lernten es manchmal. Mit 14 Jahren wurden die Edelknaben zu Knappen
erhoben. Sie mussten nicht mehr in der Burg beim Feuer sitzen, sie durften
mitreiten, auf die Jagd und in den Krieg. Der Knappe trug dem Ritter Schild und
Speer nach, er reichte ihm im Kampf eine zweite Lanze, wenn die erste
zersplittert war, und musste seinem Herrn unbedingt gehorsam und treu sein. War
er als Knappe kühn und ergeben gewesen, so wurde er mit 21 Jahren selbst zum
Ritter geschlagen. Das war eine sehr feierliche Handlung. Der Knappe musste
vorher lange fasten und in der Burgkapelle beten. Er bekam auch vom Priester
das Heilige Abendmahl. Dann musste er zwischen zwei Zeugen niederknien, in
voller Rüstung, aber ohne Helm, Schwert und Schild, und sein Herr, gab ihm mit
der Fläche des Schwertes einen Schlag auf jede Schulter und einen auf den
Nacken. Dazu sprach er:
     
    Zu Gottes und Marias Ehr’
    Diesen Schlag und keinen mehr.
    Sei tapfer, bieder und gerecht.
    Besser ein Ritter als ein Knecht.
     
    Dann durfte sich der Knappe erheben. Er war kein Knappe mehr,
er war ein Ritter, der nun andere zum Ritter schlagen durfte, der auf seinem
Schild ein Wappen trug, einen Löwen, einen Panther oder eine Blume, und der
sich meistens auch einen schönen Wahlspruch für sein Leben wählte. Feierlich
übergab man ihm das Schwert und den Helm, legte ihm vergoldete Sporen an, gab
ihm den Schild auf den Arm, und so ritt er davon, mit buntem Helmbusch und
mächtiger Lanze, mit einem scharlachroten Mantel über dem Kettenpanzer, von
einem Knappen begleitet, um sich seines Rittertums würdig zu erweisen.
    Du siehst an dieser großen Feierlichkeit, dass ein Ritter bald mehr war
als einfach ein Krieger zu Pferd. Er war fast das Mitglied eines Ordens, so wie
ein Mönch. Denn der gute Ritter sollte nicht nur ein tapferer Ritter sein. Wie
der Mönch Gott durch Beten und gute Werke diente, sollte der Ritter Gott durch
seine Kraft dienen. Er sollte die Schwachen und Wehrlosen schützen, die Frauen,
die Armen, Witwen und Waisen. Er sollte sein Schwert nur für das Recht ziehen
und in jeder seiner Taten Gott dienen. Seinem Herrn, dem Lehnsherrn, war er
unbedingt Gehorsam schuldig. Für ihn musste er alles wagen. Er durfte nicht
roh, aber auch nicht feige sein. Er durfte in der Schlacht nie einen einzelnen
Feind zu zweien angreifen, sondern musste sich ihm zum Zweikampf stellen.
Besiegte Gegner sollte er nicht demütigen. Noch heute nennt man einen Menschen,
der all das einhält, »ritterlich«, weil er nach den Idealen der Ritter handelt.
    Wenn ein Ritter eine Frau liebte, so zog er dieser zur Ehre in den
Kampf und suchte große Abenteuer zu bestehen, um dadurch die Dame seines
Herzens berühmt zu machen. Er nahte sich ihr nur in Ehrfurcht und tat alles,
was sie ihm befahl. Auch das gehört zur Ritterlichkeit. Und wenn es dir heute
ganz natürlich vorkommt, dass du eine Dame zuerst durch eine Tür gehen lässt
oder dich bückst, wenn ihr etwas auf den Boden fällt, so lebt in dir noch ein
Restchen der Gedanken der alten Ritter weiter, dass ein rechter Mann die
Schwachen beschützen und die Frauen ehren muss.
    Auch im Frieden zeigte der Ritter seinen Mut und seine Gewandtheit
in ritterlichen Spielen, die man Turniere nannte. Zu solchen Kampfspielen kamen
Ritter aus vielen Ländern herbei, um ihre Kräfte zu messen. Sie ritten in
voller Rüstung mit stumpfen Lanzen gegeneinander los und versuchten, sich
gegenseitig vom Pferde zu werfen. Dem Sieger reichte die Frau des Burgherrn den
Dank, das war meist ein Blumenkranz. Um den Frauen zu gefallen, sollte der
Ritter nicht nur durch Waffentaten glänzen. Er sollte sich maßvoll und edel
betragen, nicht schimpfen oder fluchen, wie es Krieger sonst gerne taten,
sollte die Künste des Friedens, wie Schachspielen und Dichten, beherrschen.

    Wirklich waren die Ritter oft große Dichter, die das Lob ihrer
geliebten Frauen sangen, von ihrer Schönheit und von ihrer Tugend. Auch von den
Taten anderer Ritter aus der Vorzeit sang und hörte man damals gern. Es gab
lange gereimte Geschichten, die von Parzival erzählten und den ritterlichen
Hütern der heiligen Schale von Christi Abendmahl, dem Gral, von König Artus und
von Lohengrin, auch von dem unglücklich liebenden Tristan und sogar von
Alexander dem Großen und dem Trojanischen Krieg.
    Spielleute zogen durchs Land, von Burg zu Burg, die sangen noch
immer die alten Sagen von Siegfried, dem Drachentöter, und von Dietrich von
Bern, dem Gotenkönig Theoderich. Erst aus

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