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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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waren, und gegen den Papst, gegen die Könige von Frankreich und von
England und gegen die Türken, die schon 1453, vom Osten herkommend, die
Hauptstadt des oströmischen Reiches Konstantinopel erobert hatten. Die Türken
verwüsteten Ungarn und drangen bis Wien vor, das sie im Jahre 1529 vergeblich
belagerten.
    Schließlich hatte dieser Herrscher genug von seinem Reich samt der
Sonne, die dort nicht unterging. Er setzte seinen Bruder Ferdinand als
Herrscher von Österreich und Kaiser von Deutschland ein, seinem Sohn Philipp
gab er Spanien und die Niederlande, er selbst aber ging als alter, gebrochener
Mann im Jahre 1556 in das spanische Kloster San Gerónimo de Yuste. Dort soll er
sich damit beschäftigt haben, Uhren zu reparieren und zu regulieren. Er wollte
sie dazu bringen, dass alle gleichzeitig die Stunde schlügen. Als ihm das nicht
gelang, soll er gesagt haben: »Was hab’ ich mich vermessen, all die Menschen
meines Reiches zusammenbringen zu wollen, wo ich nicht einmal imstande bin,
einige Uhren in Übereinstimmung zu bringen.« Einsam und enttäuscht ist er gestorben.
Aber die Uhren seines einstigen Reiches schlugen immer verschiedener und
verschiedener die Stunde der Zeit.

Die kämpfende Kirche
    In einem der Kämpfe zwischen Kaiser Karl V. und
dem französischen König Franz I. war ein junger spanischer Edelmann schwer
verwundet worden. Er hieß Ignatius von Loyola. Auf seinem schmerzhaften,
jahrelangen Krankenlager dachte er viel über sein bisheriges Leben als junger
Adeliger nach und las viel in der Bibel und in den Heiligenlegenden. Da kam ihm
der Gedanke, sein Leben zu ändern. Er wollte zwar ein Kämpfer bleiben, wie er
es gewesen war. Aber ein Kämpfer für die katholische Kirche, die durch Luther,
Zwingli, Calvin und Heinrich VIII. in so schwere Gefahr geraten war.
    Er zog jedoch, als er nun endlich gesund geworden war, nicht einfach in
den Krieg, in einen der vielen Kämpfe, die zwischen Lutheranern und Katholiken
ausgebrochen waren. Er zog an die Universität. Er lernte und dachte und dachte
und lernte, um sich für seinen Kampf zu rüsten. Wer herrschen will, muss sich beherrschen
können. Das war ihm klar. So übte er sich in unerhörter Anstrengung, ganz seiner
selbst Herr zu werden. Ähnlich wie Buddha es verlangt hatte. Nur zu einem anderen
Zweck. Auch Ignatius wollte alle Wünsche in sich abschaffen. Aber nicht dazu,
um hier auf Erden vom Leiden erlöst zu sein, sondern um keinem anderen Willen
und keinem anderen Zweck mehr zu gehorchen als der Kirche und ihren Zielen. In
jahrelangen Übungen brachte er es dahin, dass er sich verbieten konnte, an
irgendetwas Bestimmtes zu denken, dass er sich etwas anderes jeden Augenblick
so deutlich vorstellen konnte, als sähe er es leibhaftig vor sich. Das war
seine Vorschule. Von seinen Freunden verlangte er dasselbe. Und als alle so zu
Herrschern ihrer eigenen Vorstellungen geschmiedet waren, gründete er mit ihnen
zusammen einen Orden, der sich die Truppe Jesu nannte. Die Jesuiten.
    Dieser kleine Trupp ausgesuchter, geschulter Menschen bot sich dem
Papst als Streiter für die Kirche an, und der Papst nahm ihr Anerbieten im
Jahre 1540 an. Und nun begannen sie ihren Kampf, bedachtsam und stark wie ein
Heer. Sie fingen damit an, selbst gegen die Missbräuche zu kämpfen, die den
Streit mit Luther veranlasst hatten. In einer großen Kirchenversammlung, die in
den Jahren 1545 bis 1563 in Südtirol, in Trient, ihre Beratungen abhielt,
wurden viele Veränderungen und Verbesserungen beschlossen, die die Macht und
die Würde der Kirche hoben. Die Priester sollten wieder Priester sein und nicht
nur prunkvolle Fürsten. Die Kirche sollte mehr für die Armen sorgen. Sie sollte
vor allem daran arbeiten, das Volk zu unterrichten. Und hier, als Lehrer, haben
die Jesuiten am meisten zu leisten verstanden. Sie waren gelehrt, geschult und
unbedingte Diener der Kirche. So konnten sie als Lehrer ihre Gedanken im Volke
und unter den Vornehmen bekannt machen. Denn auch an Hochschulen wirkten sie.
Aber nicht nur als Lehrer und als Prediger des Glaubens in fernen Ländern haben
sie ihren Einfluss verbreitet. Sie wurden auch vielfach Beichtväter an den
Höfen der Könige, und da sie gescheite, weit blickende Menschen und Kenner der
menschlichen Seele waren, haben sie es verstanden, von dort aus oft die
Beschlüsse und Entscheidungen der Mächtigen zu lenken.
    Diese Bestrebungen, die alte Frömmigkeit der Menschen nicht durch
Lostrennung von der katholischen Kirche,

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