Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
Vom Netzwerk:
solle schon endlich kurz und bündig
antworten. Und so wiederholte Luther mit kräftigen Worten, dass nur Gründe aus
der Bibel ihn dazu zwingen könnten zu widerrufen: »Mein Gewissen ist in Gottes
Wort gefangen, und darum kann und will ich nichts widerrufen, weil gegen das
Gewissen zu handeln gefährlich ist. Gott helfe mir, Amen.«
    Da erließ der Reichstag ein Gesetz, nach dem Luther als ein Ketzer
in die Acht getan wurde, das heißt, es durfte niemand ihm zu essen geben,
niemand ihm helfen, niemand ihn beherbergen. Wer es täte, würde auch geächtet
werden. Auch wer seine Bücher kaufte oder besäße. Jeder sollte ihn ungestraft
erschlagen dürfen. Er war »vogelfrei«, wie man es nannte. Da ließ ihn sein
Beschützer, Friedrich der Weise von Sachsen, heimlich fangen und auf sein
Schloss, die Wartburg, bringen, wo er verkleidet unter einem falschen Namen
lebte. Dort, in dieser freiwilligen Gefangenschaft, hat Luther die Bibel ins
Deutsche übertragen, damit jeder sie lesen und darüber nachdenken könne. Das
war aber nicht so leicht. Denn Luther wollte ja, dass alle Deutschen seine
Bibel lesen sollten. Damals gab es aber noch kein gemeinsames Deutsch für alle.
Die Bayern schrieben bayerische Mundart, die Sachsen sächsische. Luther bemühte
sich nun, eine Sprache zu finden, die für alle gleich verständlich wäre. Und so
schuf er wirklich in seiner Bibelübersetzung ein Deutsch, das noch heute, nach
mehr als 400 Jahren, sehr wenig verändert unsere Schriftsprache ist.
    Luther blieb so lange auf der Wartburg, bis er von einer Wirkung
seiner Reden und Schriften erfuhr, die ihm gar nicht gefiel. Seine Anhänger
waren noch viel wildere Lutheraner geworden als Luther selbst. Sie warfen die
Bilder aus den Kirchen und lehrten, dass es ein Unrecht sei, Kinder zu taufen,
da ja jeder Mensch frei bestimmen müsse, ob er getauft sein wolle. Darum nannte
man sie auch Bilderstürmer und Wiedertäufer. Besonders den Bauern hatte eine
Lehre Luthers tiefen Eindruck gemacht, die sie in ihrem Sinn verstanden. Luther
hatte doch gelehrt, dass jeder Mensch nur seinem Gewissen gehorchen müsse und
sonst niemandem. Dass er ganz selbstständig, als einzelner, freier Mensch um
Gottes Gnade ringen müsse. Diese Lehre vom freien Menschen, der niemandem untertan
sei, verstanden die hörigen, geknechteten und leibeigenen Bauern so, dass sie
nun auch frei sein dürften. Sie rotteten sich zusammen, mit Dreschflegeln und Sensen
bewaffnet, erschlugen die Grundherren und zogen gegen Klöster und Städte. Gegen
alle diese Bilderstürmer, Wiedertäufer und Bauern kämpfte nun Luther mit der
ganzen Macht seiner Predigten und Schriften, wie er vorher gegen die Kirche
gekämpft hatte, und half mit, die Bauernkämpfer zu unterdrücken und zu strafen.
Und gerade diese Uneinigkeit unter den Protestanten, wie man Luthers Anhänger
nannte, war ein gewaltiger Vorteil für die große, einheitliche katholische
Kirche.
    Denn Luther war nicht der Einzige gewesen, der in diesen Jahren
derartige Gedanken hatte und predigte. In Zürich war der Pfarrer Ulrich Zwingli
ganz ähnliche Wege gegangen, in Genf hatte ein anderer Gelehrter namens
Johannes Calvin sich von der Kirche losgesagt. Aber so ähnlich diese Lehren
untereinander auch waren, ihre Anhänger konnten sich nicht einigen oder
vertragen.
    Nun kam aber ein neuer, schwerer Verlust für das Papsttum dazu. In
England regierte nämlich damals König Heinrich VIII. Der war mit einer Tante
des Kaisers Karl V. verheiratet. Sie gefiel ihm aber nicht. Er hätte lieber
ihre Hofdame Anna Boleyn geheiratet. Eine Scheidung konnte nun der Papst als
höchster Priester nicht erlauben. So löste Heinrich VIII. im Jahre 1533 sein
Land von der römischen Kirche los und gründete eine eigene Kirche, die die Ehe
annullierte. Die Anhänger Luthers verfolgte er allerdings weiterhin, aber
England war für alle Zeiten der römisch-katholischen Kirche verloren. Bald
wurde dem König Heinrich VIII. aber auch Anna Boleyn zu langweilig, und so ließ
er sie köpfen. Elf Tage darauf heiratete er wieder, doch diese Frau starb, ehe
er sie umbringen konnte. Von der vierten ließ er sich ebenfalls scheiden und
heiratete eine fünfte, die er wieder köpfen ließ. Die sechste ist erst nach ihm
gestorben.
    Kaiser Karl V. aber hatte an seinem Riesenreich, in dem es so
verworren zuging und in dem immer wilder im Namen des Glaubens gekämpft wurde,
keine Freude. Er führte abwechselnd Krieg gegen deutsche Fürsten, die Anhänger
Luthers

Weitere Kostenlose Bücher