Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
aus der Burg in Prag zum Fenster hinausgeworfen. Sie fielen auf einen
Misthaufen, und so ist zweien von ihnen nicht viel geschehen. Trotzdem war es
der Auftakt zu dem entsetzlichen Krieg, der jetzt ausbrach und der ganze 30
Jahre lang gedauert hat. 30 Jahre! Stell dir das vor! Wenn ein Mensch zehn
Jahre alt war, als er von dem Fenstersturz erfahren hatte, war er ein Mann von
40 Jahren, als er endlich den Frieden erlebte. Falls er ihn
erlebte! Denn es war bald gar kein Krieg mehr, sondern ein greuliches Gemetzel
von schlecht bezahlten, wilden Soldatenhorden aller Länder, denen es hauptsächlich
auf das Rauben und Plündern ankam. Das roheste und grausamste Gesindel aus
allen Gegenden trat in jenes Heer ein, mit dem man am meisten Beute zu machen
hoffte. Längst war der Glaube vergessen. Protestanten traten in katholische
Heere ein, Katholiken in protestantische. Sie waren für das Land, für das sie
angeblich kämpften, fast ebenso entsetzlich wie für die Feinde. Denn wo sie
ihre Zeltlager aufschlugen, da holten sie sich bei den Bauern der Umgebung zu
essen und vor allem zu trinken. Gab es der Bauer nicht freiwillig, so zwang man
ihn oder brachte ihn um. In ihren fantastischen Kostümen mit bunten Lappen und
großen Federbüschen, den Degen umgeschnallt, die Pistole in der Hand, ritten
sie sengend und mordend durchs Land und quälten die wehrlosen Menschen aus
bloßer Schlechtigkeit und Roheit. Sie waren durch nichts zu halten. Nur ihrem
Feldherrn folgten sie blind, wenn er sich bei ihnen beliebt gemacht hatte.
Ein solcher Feldherr auf der Seite des Kaisers war Wallenstein, ein
armer Landedelmann von unerhörter Willenskraft und Klugheit. Er zog mit seinen
Heeren bis nach Norddeutschland, um die dortigen protestantischen Städte zu
erobern. Durch seine Kriegskunst und Geschicklichkeit war der Krieg schon fast
für den Kaiser und die katholische Kirche entschieden. Da mischte sich ein
neues Land in den Kampf. Es war Schweden unter seinem mächtigen und frommen
protestantischen Herrscher Gustav Adolf. Der wollte den protestantischen
Glauben retten und ein gewaltiges protestantisches Reich unter der Führung Schwedens
gründen. Die Schweden eroberten auch wirklich Norddeutschland zurück und zogen
gegen Österreich, als Gustav Adolf im Jahre 1632 (also schon im 14. Jahre
dieses grässlichen Krieges) in einer Schlacht fiel. Manche Teile des
schwedischen Heeres kamen aber noch bis vor Wien und hausten dort fürchterlich.
Auch Frankreich zog damals in den Krieg. Nun wirst du glauben, dass
die Franzosen als Katholiken in diesem Religionskrieg aufseiten des Kaisers
gegen die Protestanten in Norddeutschland und Schweden gekämpft haben? Aber es
war eben längst kein Religionskrieg mehr. Jedes Land suchte in dem allgemeinen
Wirrwarr seinen Vorteil herauszuschlagen. Und weil der Kaiser von Deutschland
und die Spanier die größten Mächte in Europa darstellten, so wollten die
Franzosen unter ihrem wunderbar gescheiten Minister, dem Kardinal Richelieu,
sie bei dieser Gelegenheit kleinkriegen und so Frankreich zum mächtigsten Land
in Europa machen. Darum kämpften also die französischen Soldaten gegen die des Kaisers.
Inzwischen war Wallenstein als Feldherr des Kaisers überaus mächtig
geworden. Ihn verehrte ja das Heer, für ihn und seine Pläne kämpften die
Soldaten. Der Kaiser war diesen wilden Truppen gänzlich gleichgültig. Der
katholische Glaube auch. Und so musste sich Wallenstein immer mehr als der
eigentliche Herrscher fühlen. Ohne ihn und seine Truppen war der Kaiser
machtlos. Er begann auf eigene Faust mit dem Feind über die Möglichkeit eines
Friedens zu unterhandeln. Auf die Befehle des Kaisers gab er nichts mehr. Da
wollte ihn der Kaiser verhaften lassen, aber Wallenstein wurde schon vorher von
einem ehemaligen Freund im Jahre 1634 ermordet.
Der Krieg aber ging noch volle 14 Jahre immer wilder und regelloser
weiter. Ganze Dörfer wurden verbrannt, Städte geplündert, Frauen und Kinder
ermordet, geraubt und gestohlen, ohne dass ein Ende abzusehen war. Die Soldaten
trieben den Bauern das Vieh weg und zertrampelten ihre Felder; Hungersnot,
schreckliche ansteckende Krankheiten, gewaltige Rudel wilder Wölfe machten
weite Strecken Deutschlands zu trostlosen Einöden. Und nach all diesen
grauenhaften Leiden einigten sich die Gesandten der verschiedenen Herrscher in
langwierigen, verwickelten Beratungen im Jahre 1648 endlich auf einen Frieden,
der ungefähr darauf hinauslief, dass alles so blieb, wie es vor
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