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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Indianer in der scheußlichsten Weise auszurotten.
Dieses Kapitel in der Geschichte der Menschheit ist so entsetzlich und so
beschämend für uns Europäer, dass ich lieber davon schweige.
    Inzwischen hatten die Portugiesen den wirklichen Seeweg nach Indien
gefunden und hausten dort nicht viel besser als die Spanier unter den
Indianern. All die Weisheit der alten Inder war ihnen gänzlich gleichgültig.
Auch sie wollten Gold und wieder Gold. Aber durch dieses Gold aus Indien und
Amerika kam so viel Geld nach Europa, dass die Bürger immer reicher und die
Ritter und Grundbesitzer immer ärmer wurden. Vor allem aber wurden nun, da die
Schiffe nach Westen fuhren und vom Westen kamen, die westlichen Häfen Europas
mächtig und wichtig. Nicht nur in Spanien, sondern auch in Frankreich, England
und Holland. Deutschland hat sich an diesen Eroberungen jenseits des Meeres
nicht beteiligt. Es hatte damals zu viel mit sich selbst zu tun.

Ein neuer Glaube
    Du erinnerst dich, dass nach dem Jahre 1500 in
Rom Päpste herrschten, denen ihr Priestertum weniger wichtig war als Pracht und
Macht. Dass sie herrliche Kirchen von berühmten Künstlern errichten ließen.
Besonders seit zwei Päpste aus der Familie der Medici zur Herrschaft gekommen
waren, aus der Familie, die sich schon in Florenz so sehr um Kunst und Pracht
bemüht hatte, da wuchsen in Rom die wunderbarsten Riesenbauten in die Höhe. Die
alte Peterskirche, die Konstantin der Große gegründet haben soll und in der
einst Karl der Große zum Kaiser gekrönt worden war, erschien ihnen nicht
prunkvoll genug. Man war dabei, eine neue Kirche zu bauen von gewaltigem Ausmaß
und nie gesehener Schönheit. Aber das kostete sehr viel Geld. Woher man es
bekam, war den Päpsten damals nicht so wichtig, wie dass sie es überhaupt
bekamen und dass die herrliche Kirche fertig wurde. Und so sammelten manche
Priester und Mönche, um dem Papst zu gefallen, Geld auf eine Weise ein, die mit
den Lehren der Kirche nicht übereinstimmte. Sie ließen die Gläubigen für
Vergebung der Sünden zahlen. Man nannte das Ablass. Zwar lehrte die Kirche,
dass nur dem reuigen Sünder vergeben werden kann, aber diese Ablasshändler
hielten sich nicht daran.
    Da gab es nun in Wittenberg in Deutschland einen Mönch aus dem Orden der
Augustiner. Er hieß Martin Luther. Als im Jahre 1517 ein solcher Ablasshändler
nach Wittenberg kam, um Geld für die neue Peterskirche einzuheimsen, deren Bau
in diesem Jahr gerade von dem berühmtesten Maler der Welt, von Raffael,
geleitet wurde, da wollte Luther auf diesen unkirchlichen Missbrauch aufmerksam
machen. Er schlug eine Art Plakat mit 95 Lehrsätzen an die Kirchentüre, worin
er diese Art des Handelns mit der göttlichen Gnade der Vergebung anprangerte.
Denn das war Luther das Schrecklichste: dass man die göttliche Gnade der
Sündenvergebung durch Geld erlangen sollte. Er hatte sich immer als Sünder
gefühlt, der, wie jeder Sünder, Gottes Zorn fürchten müsse. Nur eines, so
fühlte er, konnte vor Gottes Strafe retten. Das war Gottes unendliche Gnade.
Und die, so meinte Luther, kann ein Mensch nicht kaufen. Auch ein guter Mensch
ist doch vor Gott, der alles sieht und kennt, ein Sünder, der Strafe verdient.
Nur sein Glaube an Gottes schenkende Gnade kann ihn retten. Sonst nichts.
    In dem erbitterten Streit, der jetzt um den Ablass und seinen
Missbrauch entbrannte, hat Luther das bald noch deutlicher und unbedingter
betont. Er lehrte und schrieb: Alles ist überflüssig außer dem Glauben. Also
auch die Priester und die Kirche, die den Gläubigen im Gottesdienst an der
Gnade Gottes teilhaben lässt. Diese Gnade lässt sich nicht vermitteln. Nur das
feste Vertrauen und der Glaube des Einzelnen an seinen Gott kann ihn retten.
Der Glaube an die großen Geheimnisse der Lehre, der Glaube, dass wir Christi
Leib im Heiligen Abendmahl essen und sein Blut im Kelche trinken. Niemand kann
dem anderen zu Gottes Gnade verhelfen. Jeder Gläubige ist sozusagen sein
eigener Priester. Der Priester der Kirche ist nicht mehr als ein Lehrer und
Helfer. Darum kann er auch leben wie alle anderen Menschen und auch heiraten.
Der Gläubige muss die Lehre der Kirche nicht annehmen. Er muss selbst in der
Bibel nach Gottes Meinung forschen. Nur was in der Bibel steht, das gilt, war
Luthers Meinung.
    Luther war nicht der erste Mensch, der solche Gedanken hatte.
Hundert Jahre vor ihm schon hatte ein Priester namens Jan Hus in Prag Ähnliches
gelehrt. Man hatte ihn vor eine Kirchenversammlung

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