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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Aber
Ludwig XIV. hatte kluge Minister, meist Menschen einfacher Herkunft, denen er
wegen ihrer großen Fähigkeit diese Macht verliehen hatte. Die verstanden es,
Geld aus dem Land herauszuholen. Vor allem, indem sie auf den Handel mit dem
Ausland sahen und das französische Handwerk und Gewerbe möglichst begünstigten.
Dafür wurden die Bauern damals schrecklich durch Steuern und Abgaben
geschunden, und während man bei der Hoftafel die ausgesuchtesten Speisen von
Silber- und Goldschüsseln aß, lebten die Bauern buchstäblich von Abfällen und
Unkraut.
    Dabei war das Hofleben noch gar nicht das Kostspieligste. Das
Allerkostspieligste waren die Kriege, die Ludwig XIV. unausgesetzt führte,
meist ohne jeden anderen Grund, als um seine Macht zu vergrößern und den
Nachbarstaaten etwas wegzunehmen. Er hatte ein riesiges, gut ausgerüstetes
Heer, und mit dem fiel er in Holland oder Deutschland ein und nahm den
Deutschen zum Beispiel Straßburg weg, ohne auch nur nach einem richtigen
Vorwand zu suchen. Er hielt sich für den Herrn von ganz Europa. Und in gewissem
Sinn war er es auch. Alle Großen ahmten ihn nach. Bald hatte jeder deutsche
Fürst, auch wenn er nur ein winziges, armes Land beherrschte, ein riesiges
Schloss in der Art von Versailles, mit Gold und Damast, mit gestutzten Alleen,
mit Herren in großen Perücken und gepuderten Damen in weiten Gewändern, mit
Schmeichlern und gewandten Rededrechslern.
    In all dem ahmten sie ihn nach. Nur in einem nicht: Sie waren das, was Ludwig XIV. spielte – glänzend
ausstaffierte, ein bisschen komische, gespreizte Königspuppen. Ludwig XIV.
selbst war mehr. Und damit du mir das nicht nur glauben musst, wiederhole ich
hier einiges aus dem Brief, den er für seinen Enkel geschrieben hat, als dieser
nach Spanien ging, um dort König zu werden: »Begünstige nie die Menschen, die
Dir am meisten schmeicheln, sondern halte etwas auf die, die um des Guten
willen Dir zu missfallen wagen. Vernachlässige nie Deine Geschäfte um des
Vergnügens willen, entwirf Dir eine Lebensordnung, die die Zeit bestimmt,
welche der Erholung und Zerstreuung gehören soll. Wende alle Deine
Aufmerksamkeit den Regierungsgeschäften zu. Höre im Anfang möglichst viel zu,
ehe Du etwas entscheidest. Tue alles, was Dir möglich ist, um die hervorragenden
Männer genau kennenzulernen, damit Du sie verwenden kannst, wenn Du sie
brauchst. Sei freundlich gegen jedermann, sage niemandem etwas Kränkendes.« Und
das waren wirklich die Grundsätze König Ludwigs XIV. von Frankreich, dieses
merkwürdigen Gemisches aus Eitelkeit, Anmut, Verschwendung, Würde,
Rücksichtslosigkeit, Verspieltheit und Fleiß.

Was mittlerweile im Osten Europas geschah
    Während Ludwig XIV. in Paris und Versailles Hof hielt, kam
ein neues Unglück über Deutschland: die Türken. Du weißt, dass sie schon mehr
als 200 Jahre früher (im Jahre 1453) Konstantinopel erobert hatten und nun ein
großes mohammedanisches Reich errichteten, zu dem Ägypten, Palästina,
Mesopotamien, Kleinasien und Griechenland gehörten. Also das ganze alte
oströmische Reich, von dessen Glanz und Pracht allerdings nur wenig übrig war.
Dann waren sie donauaufwärts weiter vorgedrungen und hatten im Jahre 1526 das
ungarische Heer geschlagen. Fast alle ungarischen Adeligen, auch der König,
waren gefallen. Die Türken hatten den größten Teil Ungarns erobert und sich
auch an Wien versucht, waren aber bald wieder abgezogen. Wie du dich erinnerst,
wurde ihre Seemacht 1571 von König Philipp II. von Spanien und den verbündeten
Venezianern vernichtet, aber sie blieben ein mächtiger Staat, und in Budapest
herrschte ein türkischer Pascha. Nun waren viele Ungarn, die seit dem Tod des
ungarischen Königs unter der Herrschaft des Kaisers standen, Protestanten und
bekämpften daher in den Religionskämpfen den Kaiser. Es kam auch nach dem
Dreißigjährigen Krieg zu mehreren Aufständen der ungarischen Vornehmen, und
endlich riefen sie ihre türkischen Nachbarn zu Hilfe.
    Der Sultan, so heißt der türkische Herrscher, nahm diese Bitte um
Hilfeleistung gern und gnädig auf. Er hatte sich schon lange einen Krieg gewünscht,
denn seine Soldaten und Krieger wurden ihm daheim zu mächtig. Er hatte Angst,
sie würden ihm über den Kopf wachsen, und war froh, sie fortschicken zu können.
Würden sie siegen, umso besser. Würden sie fallen – so war er sie mindestens
los. Du siehst, er war ein gemütlicher Herr. So rüstete er im Jahre 1683 ein
riesiges Heer aus

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