Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser
allen Teilen seines Landes. Die Paschas von Mesopotamien und
Ägypten brachten ihre Soldaten, Tataren, Araber, auch Griechen, Ungarn, Rumänen
sammelten sich in Konstantinopel und zogen unter der Führung des Oberministers
oder Großwesirs Kara Mustafa gegen Österreich. Es waren mehr als 200 000
Menschen, gut bewaffnet, in bunten fremden Trachten, mit Turban und Fahnen, auf
denen ihr Zeichen, der Halbmond, zu sehen war.
Die Heere des Kaisers, die in Ungarn standen, konnten diesem Ansturm
nicht standhalten. Sie zogen sich zurück und ließen die Türken bis Wien
herankommen. Wien hatte damals, wie jede Stadt, seine Befestigungen. Die wurden
nun in aller Eile notdürftig instand gesetzt und Kanonen und Lebensmittel
hereingeschafft. 20 000 Soldaten sollten die Stadt so lange verteidigen, bis der
Kaiser mit seinen Verbündeten ihr zu Hilfe käme. Der Kaiser selbst zog sich mit
seinem Hof eiligst nach Linz und dann nach Passau zurück. Als die Wiener in der
Ferne die Dörfer und Vorstädte brennen sahen, die von den Türken angezündet
worden waren, flohen ungefähr 60 000 Menschen aus der Stadt, unendliche Reihen
von Wagen und Karossen.
Und schon waren die türkischen Reiter da. Das riesige Heer lagerte
sich um Wien herum und begann, die Mauern mit Kanonen zu beschießen oder von
unten her zu sprengen. Die Wiener verteidigten sich mit aller Kraft. Sie
wussten, worum es ging. Aber ein Monat verstrich, während die Türken immer
wieder gegen die Stadt stürmten und ihre Sprengungen immer gefährlichere
Breschen in die Mauern rissen, und noch immer kam keine Hilfe. Das
Schrecklichste waren ansteckende Seuchen, die in der Stadt ausbrachen und an
denen fast noch mehr Leute starben als an den Kugeln der Türken. Auch der
Mangel an Lebensmitteln wurde immer größer, wenn es auch den Truppen manchmal
in kühnen Ausfällen glückte, ein paar Ochsen in die Stadt zu bringen.
Schließlich zahlte man in Wien selbst für eine Katze 20 bis 30 Kreuzer, das war
damals sehr viel Geld für einen so unangenehmen Braten. Die Mauern waren schon
kaum mehr zu halten. Da rückten endlich die kaiserlichen Truppen heran. Wie die
Wiener da aufgeatmet haben! Nicht nur die kaiserlichen Truppen aus Österreich
und Deutschland kamen zu Hilfe. Auch der Polenkönig Johann Sobieski, mit dem
der Kaiser schon vorher ein Bündnis gegen die Türken geschlossen hatte, hatte
sich gegen große Zugeständnisse bereit erklärt, bei dem Kampf mitzuhelfen.
Allerdings wollte er dafür auch die Ehre des Oberbefehls haben, die auch der
Kaiser gerne gehabt hätte, und mit diesen Verhandlungen verging kostbare Zeit.
Endlich aber hatte das Heer unter Sobieskis Führung sich auf den Höhen bei Wien
aufgestellt und rückte nun gegen die Türken vor. Nach schweren Kämpfen flohen die
Türken und nahmen sich nicht einmal Zeit, ihr Zeltlager abzubrechen und
mitzunehmen. Das konnten nun die kaiserlichen Soldaten plündern. Es bestand aus
40 000 Zelten, war also eine richtige kleine Stadt mit geraden Gassen und sah
sehr prunkvoll aus.
Die Türken zogen sich immer mehr zurück. Hätten sie damals gesiegt
und Wien erobert, so wäre das fast so schlimm gewesen, wie wenn die
mohammedanischen Araber fast 1000 Jahre früher bei Tours und Poitiers gesiegt
hätten, als Karl Martell sie zurückschlug.
Nun aber verfolgten die kaiserlichen Truppen sie immer weiter,
während Sobieskis Leute nach Hause zogen. Ein ausgezeichneter französischer
Feldherr, den Ludwig XIV. wegen seiner unscheinbaren Gestalt nicht ins Heer
aufnehmen wollte, Prinz Eugen von Savoyen, wurde der berühmte Führer der
österreichischen Armee und eroberte in den nächsten Jahren immer mehr von den
Ländern türkischer Herrschaft. Ganz Ungarn musste der Sultan herausgeben, es
kam nun an Österreich. Der Kaiserhof in Wien hatte viel Macht und Geld gewonnen,
und man baute nun auch in Österreich prachtvolle Schlösser und viele schöne
Klöster in einem neuen, glanzvollen Stil, den man den Barockstil nennt. Mit der
Macht der Türken ging es damals abwärts. Denn auch im Rücken bekamen sie nun
einen mächtigen Feind: Russland.
Von Russland haben wir bisher nichts gehört. Es war ein weites,
wildes Waldland mit gewaltigen Steppen im Norden. Die Grundherren herrschten
über die armen Bauern mit furchtbarer Grausamkeit und der König über die
Grundherren womöglich mit noch größerer. Ein russischer Herrscher aus der Zeit
um 1580 führte den Namen Iwan der Schreckliche. Und das mit Recht. Gegen ihn
war ein
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