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Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser

Titel: Eine kurze Weltgeschichte fuer junge Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst H. Gombrich
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Zentimeter und 1 Millimeter lang ist, genau eine Sekunde zu
einer Schwingung braucht und womit das zusammenhängt. Das nannte man
Naturgesetze. Schon Leonardo da Vinci hat gewusst: »Die Natur bricht ihr Gesetz
nicht.« Und so wusste man mit Bestimmtheit, dass jedes Naturereignis, das man
einmal genau gemessen und beschrieben hatte, immer und immer wieder nur so und
nicht anders ablaufen konnte .Das
war eine unerhörte Entdeckung und eine größere Zauberei als alles, was man den
armen Hexen zuschrieb. Denn jetzt war die ganze Natur, die Sterne und die
Wassertropfen, die fallenden Steine, die schwingenden Saiten einer Geige kein
wilder, unerklärlicher Wirrwarr mehr, der den Menschen nur Angst machte. Wer
die richtige Rechenformel wusste, hatte die Zauberformel für alle Dinge. Er
konnte zur Violinsaite sagen: »Wenn du ein a tönen lassen willst, musst du
435-mal in der Sekunde hin- und herschwingen und musst so lang und so gespannt
sein.« Und die Saite muss es auch.
    Der erste Mensch, der ganz erkannt hat, was für eine unerhörte
Zauberkraft im Berechnen der Natur steckt, war ein Italiener, Galileo Galilei.
Er hat viele Jahre lang diese Dinge erforscht und beschrieben, und plötzlich
hat ihn jemand angezeigt, dass in seinen Schriften auch der Satz vorkam, den
Leonardo ohne Erklärung aufgezeichnet hatte: dass sich die Sonne nicht bewegt,
dass sich die Erde um die Sonne dreht und die Planeten mit ihr. Diese
Erkenntnis hatte kurz nach Leonardos Tod im Jahre 1543 ein polnischer Gelehrter
namens Kopernikus nach jahrelanger Rechenarbeit veröffentlicht, als er schon
selbst im Sterben lag, aber katholische wie protestantische Priester hatten die
Lehre als ketzerisch verworfen. Es gibt nämlich im Alten Testament eine Stelle
von dem großen Kämpfer Josua, der Gott bittet, er solle nicht Abend werden
lassen, ehe die Feinde ganz vernichtet seien. Es heißt dort, auf dieses Gebet
seien Sonne und Mond stillgestanden, bis alle Gegner Josuas erschlagen oder
gefangen waren. Weil es aber in der Bibel heißt, die Sonne sei stillgestanden,
meinten die Leute, sie müsse sich doch sonst bewegt haben. Und darum sei eine
Lehre, dass die Sonne immer stillstehe, gegen den Sinn der Bibel. So kam
Galilei nach einem langen Forscherleben im Jahre 1632 als fast 70-jähriger Mann
vor das geistliche Gericht, und man stellte ihn vor die Wahl, als Ketzer
verbrannt zu werden oder seiner Meinung über die Bewegung der Erde um die Sonne
abzuschwören. So unterschrieb er denn, dass er ein armer Sünder sei, weil er
gelehrt habe, dass die Erde sich um die Sonne drehe, und wurde nicht verbrannt,
wie es manchem seiner Vorgänger wirklich geschehen war. Man erzählt aber, dass
er, nachdem er seine Unterschrift unter das Aktenstück gesetzt hat, leise
gesagt haben soll: »Und sie bewegt sich doch.«
    Und wirklich haben alle vorgefassten Meinungen nicht verhindern
können, dass die Gedanken und Arbeitsweisen, die Forschungsergebnisse und Pläne
Galileis immer mehr Leuten Eindruck machten. Und wenn wir heute durch diese
rechnerischen Formeln die Natur zwingen können, zu tun, was wir wollen, wenn
wir unsere Flugzeuge, unsere Raketen, unser Radio und überhaupt unsere Technik
haben, so verdanken wir das Menschen wie Galileo Galilei, die in einer Zeit nach
den rechnerischen Gesetzen der Natur geforscht haben, als das noch fast so
gefährlich war, wie zu Neros Zeit ein Christ zu sein.

Ein unglücklicher und ein glücklicher König
    England war das einzige mächtige Land, das nicht
im Dreißigjährigen Krieg mitgekämpft hatte. Die glücklichen Engländer, wirst du
sagen. Aber auch sie hatten damals ihre wilde Zeit, die freilich nicht so
schrecklich geendet hat wie die deutsche. Du erinnerst dich vielleicht daran,
dass der englische König Johann im Jahre 1215 seinen Adeligen feierlich in
einem großen Brief, der Magna Charta, versprechen musste, dass er und
seine Nachfolger nie etwas tun würden, ohne die Vornehmen und Grafen vorher um
ihr Einverständnis gefragt zu haben. Ungefähr 400 Jahre lang haben sich die
englischen Könige auch daran gehalten. Aber dann kam einer, ein Enkel der
geköpften Maria Stuart, König Karl I., der sich nicht daran halten wollte. Er
fragte die Adeligen und die im Parlament versammelten Bürger nicht gerne um
ihre Meinung. Er wollte lieber regieren, wie es ihm gefiel, und es gefiel ihm
vor allem, viel Geld auszugeben.
    Dem englischen Volk passte das gar nicht. Dort gab es viele besonders
strenge, fromme Protestanten, die man

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