Eine Lady zu gewinnen ...
ein Rennen zwischen ihm und Sharpe in Turnham Green ging …«
»Du darfst dich nicht damit quälen.« Sie beugte sich über den Schreibtisch und nahm ihm den Brieföffner aus der Hand. Dann hielt sie seine verkrampfte Hand in ihrer. »Du hast versucht, ihm beizubringen, das Richtige zu tun.«
»Habe ich das?« Jahrelange Gewissensbisse spiegelten sich in seinem Blick wider. »Oder habe ich mich nur bei dem Gedanken geschämt, dass mein Enkel vor seinen adligen Freunden eine schlechte Figur macht?« Er erhob sich und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Das Letzte, was ich zu ihm sagte, war, dass er ein Mann sein solle. Was für ein Ungeheuer schickt seinen eigenen Enkel in den Tod, weil er vor einem Haufen Idioten nicht das Gesicht verlieren will?«
Sie stand auf und trat an seine Seite. »Du hast ihn nicht in den Tod geschickt. Du hast ihm den einzigen Rat gegeben, den du ihm geben konntest, ohne alle Fakten zu kennen. Es war nicht deine Schuld, sondern seine.«
Poppy drehte sich zu ihr und packte sie bei den Schultern. »Aber verstehst du jetzt? Ich weiß, dass Sharpe die Trunkenheit deines Bruders ausgenutzt hat, um ihn dazu zu bringen, diese närrische Wette einzugehen.«
»Es kann genauso gut Roger gewesen sein, der die Herausforderung ausgesprochen hat.«
»Aber warum hat dein Bruder dann gesagt: ›wenn ein Gentleman eine Wette annimmt‹? Das setzt voraus, dass er herausgefordert wurde. Sharpe hat die Herausforderung ausgesprochen, und Roger hat sie angenommen. Warum sonst hat er es später bereut und wollte von der Wette zurücktreten? Das tut man nur, wenn man zu etwas genötigt worden ist, nicht, wenn man sich aus freien Stücken dazu entschieden hat.«
»Das ist nicht wahr, Poppy. Männer bereuen alle möglichen Dinge, die sie tun, wenn sie betrunken sind. Das weißt du genauso gut wie ich.«
Aber »wenn ein Gentleman eine Wette annimmt« klang wirklich so, als ob Gabriel die Herausforderung ausgesprochen hatte.
»Das Entscheidende ist doch, dass ein Mann von gutem Charakter seinen betrunkenen Freund nicht zu etwas nötigt, was ihn umbringen kann.«
»Du weißt nicht, ob er ihn genötigt hat.«
»Doch das weiß ich. In meinem Herzen.«
Sie sah ihn traurig an. Sein Herz. Sein schuldgeplagtes, trauerbeladenes Herz, das sich nicht von jener Nacht lösen konnte. Gabriel hatte recht – es war an der Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Sie hatte ihnen allen schon genug Schmerz bereitet.
Nur brachte es keiner der beiden Männer fertig, mit ihr abzuschließen. Gabriel und Poppy waren wie zwei Hunde, die denselben alten Knochen benagten, bis kein Fetzen Fleisch mehr daran war. Und solange das, was wirklich passiert war, im Dunkeln lag, solange sie sich selbst anklagten und schuldig fühlten, würden sie nicht davon ablassen.
Jemand musste sie dazu zwingen, loszulassen. Jemand musste reinen Tisch machen. Und es sah so aus, als ob sie dieser Jemand sein würde.
Und wenn du etwas Schreckliches über Gabriel erfährst? Die Wahrheit
könnte
alles nur noch schlimmer machen?
Nein, das war unmöglich. Der Gabriel, den sie kennengelernt hatte, nötigte niemanden zu irgendetwas. Das entsprach nicht seinem Charakter. Er war ein guter Mann. Das wusste sie so sicher, wie sie wusste, dass sie ihn liebte.
Also hatte sie nur eine Wahl. Sie durfte nicht bis zum Morgen warten und riskieren, dass es zu einer Tragödie kam, wenn Gabriel auf Waverly Farm eintraf. Wenn sie sich heute Nacht heimlich davonstahl, konnte sie nach Halstead Hall reiten und Gabriel dort abfangen. Es war Vollmond, also würde sie keine Schwierigkeiten haben, den Weg zu finden.
Sie musste ihm klarmachen, wie wichtig es war, ehrlich zu Poppy zu sein. Es war die einzige Möglichkeit, die Kluft zwischen den beiden Männern zu überwinden, die einzige Möglichkeit, Poppys Zustimmung zu ihrer Heirat zu erhalten. Denn obwohl sie volljährig war und seine Zustimmung nicht brauchte, lag ihr viel an seinem Segen.
Wenn es ihr gelang, mit Gabriel zu sprechen, konnte er vielleicht Mrs Plumtree dazu überreden, mit ihm gemeinsam am Morgen nach Waverly Farm zu kommen. Poppy würde es nicht wagen, vor den Augen von Mrs Plumtree auf ihren Enkel zu schießen. Er schien eine Schwäche für diese Frau zu haben.
Ja, dieser Plan konnte funktionieren.
Gabe starrte geistesabwesend aus dem Fenster von Jarrets Kutsche, während sie die Auffahrt von Halstead Hall hinauffuhren. Sein Bruder hatte während der Fahrt geschlafen, doch er selbst hatte kein Auge
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