Eine Lady zu gewinnen ...
diesem Moment kam Mrs Plumtree in den Stall gehinkt und blieb abrupt stehen. Im Gegensatz zu Poppy schien sie die Situation sofort zu erfassen, denn ihr Blick verharrte forschend auf Virginias Mund, der wahrscheinlich noch immer von Lord Gabriels Kuss gerötet war.
Virginia sah verlegen zu Boden.
»Na, ist das nicht hübsch«, sagte Mrs Plumtree. »Es geht schon los mit den heimlichen Stelldicheins.«
Poppy versteifte sich und warf Mrs Plumtree einen finsteren Blick zu. Dann wandte er sich Gabriel zu. »Also, wir werden es folgendermaßen machen: Ihr beide werdet euer Rennen am Freitag bekommen. Mrs Plumtree und ich werden dabei sein, um sicherzugehen, dass alles fair und sicher abläuft. Danach …«
»Fahren wir alle zurück nach Halstead Hall zum Dinner«, ergänzte Mrs Plumtree. »Was meinen Sie, General? Wäre das nicht eine angemessene Art, den Tag zu beenden?«
»Durchaus«, knurrte er. »Und eine angemessene Art, die Beziehungen zwischen unseren Familien zu beenden.«
Virginia sog hörbar die Luft ein. Sie wagte es nicht, ihrem Großvater zu offenbaren, dass nach dem Rennen am Freitag entweder ein weiteres Rennen in Turnham Green folgen oder dass Gabriel ihr den Hof machen würde. Wenn Poppy das erfuhr, würde er sie in ihrem Zimmer einsperren und den Schlüssel wegwerfen.
»Klingt wie ein ausgezeichneter Plan«, sagte Gabriel.
»Ja«, stimmte sie zu. Wenn das Rennen in Ealing erst einmal vorbei war, würden Gabriel und sie den Rest ihrer Abmachung diskreter abwickeln.
»Sehr gut.« Poppy bot ihr seinen Arm. »Komm, mein Mädchen, wir fahren nach Hause.«
Sie nahm seinen Arm, ohne Gabriel noch einmal anzusehen. Sie fürchtete sich vor dem, was sie vielleicht in seinen Augen lesen würde. Und vor den Gefühlen, die der Anblick möglicherweise in ihr ausgelöst hätte.
»Miss Waverly«, rief Gabriel hinter ihr her.
Sie blieb stehen und blickte sich um. »Ja?«
Sein Blick bohrte sich in ihren. »Was ich über Jacky Boy gesagt habe, war ernst gemeint. Er hat allen Grund verärgert zu sein. Er weiß, dass ich nicht aufgebe.«
Sie schluckte hart. Sie war viel weniger empört über seine Anspielung, als sie es hätte sein müssen. Zur Hölle mit ihm.
»Hartnäckig zu sein reicht manchmal nicht aus, Sir«, sagte sie und ging am Arm ihres Großvaters hinaus.
Als sie auf den großen Stall zugingen, vor dem bereits ihre Kutsche wartete, fragte Poppy: »Was ist zwischen dir und Sharpe vorgefallen?«
»Wir haben uns über die Methoden unterhalten, nach denen Lord Gabriel seine Pferde trainiert«, log sie. »Ich konnte ihm ein paar Ratschläge geben.«
Poppy schnaubte. »Ich glaube kaum, dass Sharpe deine Ratschläge braucht.«
Das stimmte. Er wusste genau, was er tat – bei Pferden und bei Frauen. Umso schlimmer für sie.
»Gibt es da etwas zwischen dir und Sharpe, das du mir verschweigst?«, fragte Poppy.
Sie holte tief Luft. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe mir sagen lassen, dass junge Frauen manchmal anders sind, als es den Anschein hat.«
Guter Gott, sosehr sie auch wünschte, dass Poppy sie als das sah, was sie wirklich war, sowenig wollte sie, dass er den Teil von ihr kannte, der es eben genossen hatte, von Lord Gabriel geküsst zu werden.
»Ich werde immer dein Lämmchen sein, Poppy. Darum musst du dir keine Sorgen machen.« Sie wich seiner Frage aus, aber sie konnte es nicht ertragen, ihn anzulügen.
Glücklicherweise schien er mit ihrer Antwort zufrieden zu sein. »Das dachte ich mir.«
Ihre Schuldgefühle verschlossen ihr den Mund.
Während der Heimfahrt kam ihr ein Gedanke. »Poppy, war Roger betrunken, als er das Rennen gegen Lord Gabriel gefahren ist?«
Ihr Großvater richtete sich kerzengerade in seinem Sitz auf. »Warum fragst du danach?«
»Wegen etwas, das Lord Gabriel gesagt hat.«
»Roger war jedenfalls betrunken, als er Lord Gabriels Herausforderung annahm.«
Sie spürte eine Enge in ihrer Brust. »Also war es Lord Gabriel, der die Herausforderung ausgesprochen hat?«
Er starrte grimmig vor sich hin. »Er muss es gewesen sein, sonst hätte er es schon längst Roger in die Schuhe geschoben.«
Sie dachte daran zurück, was Gabriel gesagt hatte. Er hatte nicht erwähnt, wer wen herausgefordert hatte. Aber offensichtlich hatte er gelogen, als er bestritten hatte, dass Roger beim Rennen betrunken gewesen war. »Also war Roger betrunken, als er das Rennen gefahren hat.«
Eine lange Pause entstand. Dann stieß Poppy eine leise Verwünschung aus. »Ich weiß es
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