Eine Lady zu gewinnen ...
auf. Ich kann nicht lange schlafen.«
»Wirklich? Warum nicht?«
Eine Stimme vom Zaun her unterbrach sie. »Kommen Sie nun, Sharpe, oder nicht?«, blaffte der General.
Er verbeugte sich vor ihr und ging hinüber zu ihrem Großvater. Es würde nicht einfach werden, aber er würde durchhalten, so lange es auch dauern würde. Er war ein Sharpe, und kein alter Griesgram von einem Kavallerieoffizier würde verhindern, dass er bekam, was er wollte.
11
Fünf Tage später stand Virginia am Fenster des Frühstückszimmers und beobachtete die Auffahrt, die zum Herrenhaus hinaufführte. Sie hatte sich mit ihrem Frühstück beeilt, um rechtzeitig fertig zu sein. Es war beinahe acht Uhr.
Jeden Tag hatte sie damit gerechnet, Gabriel nicht wiederzusehen, und jeden Tag hatte er pünktlich wie ein Tagelöhner vor der Tür gestanden. Und jeden Tag waren die Verteidigungswälle, die sie um ihr Herz errichtet hatte, ein wenig brüchiger geworden.
Sie verstand selbst nicht recht, warum. Sie verbrachten kaum Zeit miteinander – dafür sorgten ihr Großvater und ihr Cousin. Sie sah ihn meistens nur, wenn sie wie gewöhnlich mittags Sandwiches zu den Stallungen brachte. Und wenn sie einmal einen Augenblick allein waren, machte er keinen Versuch, sie zu küssen. Aber das hätte sie auch gar nicht gewollt. Dass sie zufällig manchmal an seine Küsse dachte und sich fragte, ob sie wirklich so atemberaubend gewesen waren, hatte nichts zu bedeuten.
Sie fand es interessant, zuzuhören, wenn er und Poppy sich über Pferde und Trainingsmethoden unterhielten, aber das hieß nicht, dass sie seine Gegenwart suchte. Nein, keineswegs. Es tat ihr einfach nur gut, ab und zu aus dem Haus zu kommen.
Das war der einzige Grund, weshalb sie hin und wieder zu den beiden hinausging und zusah, wie sie eine rossige Stute beruhigten oder ein Vollblut trainierten, nicht etwa weil es sie ärgerte, dass Gabriel sich mehr für die Pferde zu interessieren schien als für sie. Obwohl er ja eigentlich hier war, um ihr den Hof zu machen. Nicht, dass sie darauf großen Wert gelegt hätte. Aber sie fand einfach, wenn Leute irgendwo hingingen, um etwas Bestimmtes zu tun, dann sollten sie es auch tun, und nicht irgendetwas anderes. Das war alles.
Sie bemerkte Gabriel unten an der Auffahrt und einen Moment lang stockte ihr der Atem. Gütiger Himmel, er sah einfach unglaublich gut aus. Er saß besser im Sattel als jeder andere Mann, den sie kannte. Reiten schien für ihn ebenso natürlich wie Atmen zu sein. Er und das Pferd bildeten eine Einheit, ihre Sehnen und Muskeln spannten und entspannten sich in einem fließenden Rhythmus, der ihren Mund trocken werden ließ.
»Da kommt er wieder, nicht wahr?«, sagte eine Stimme hinter ihr.
Sie fuhr zusammen und presste die Hand auf ihr Herz. »Pierce! Schleich dich nicht so an mich heran. Warum bist du überhaupt schon so früh auf? Poppy ist noch nicht einmal heruntergekommen.«
Pierce schlenderte zu ihr hinüber und wandte sich dann dem Büfett zu, auf dem das Frühstück angerichtet war. »Ich habe dir doch gestern erzählt, dass ich heute nach Hause fahren werde und früh aufbrechen will.«
»Ich habe trotzdem nicht damit gerechnet. Was kann dich schon dazu bringen, früh aufzustehen?«
»Ich ziehe es in der Tat normalerweise vor, meine Nächte mit interessanteren Tätigkeiten als Schlafen zu verbringen«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Aber leider ist mein Gutsverwalter anderer Auffassung, und wenn ich ihn nicht erwische, bevor er sich heute Abend zur Nachtruhe zurückzieht, werde ich nicht erfahren, was so ungeheuer wichtig ist, dass er keine Woche länger auf meine Rückkehr warten kann.«
Pierces Verwalter hatte in den letzten Tagen immer dringlichere Botschaften geschickt. Sie wusste, dass er sie um ihretwillen ignoriert hatte, weil er das Feld nicht Gabriel überlassen wollte, aber jetzt konnte er seine Abreise nicht länger hinauszögern.
Er belud sich einen Teller mit Toast und Käse und setzte sich.
»Also ist Sharpe auch heute Morgen wieder aufgetaucht.«
Sie konnte ihr Erröten nicht verbergen. »Keine Ahnung«, sagte sie mit gespielter Gleichgültigkeit.
Er betrachtete sie misstrauisch. »Natürlich nicht. Du stehst um Punkt acht hier am Fenster, um zuzusehen, wie die Heumacher vom Feld kommen.«
Sie rümpfte die Nase und wandte sich vom Fenster ab. »Ich sehe mir einfach gern die Sonnenblumen an, wenn sie blühen.«
»Das ist vermutlich auch der Grund, warum du in den letzten Tagen selbst
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