Eine lange dunkle Nacht
gehst mir auf die Nerven, aber es ist nicht deine Schuld, sondern meine. Ich kann einfach nicht anders, glaube ich. Warum blasen wir den Abend nicht einfach ab?«
»Bill«, sagte Teresa. »Laß es uns noch mal versuchen.«
Bill schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Unmöglich.« Er schaltete den Motor wieder ein. »Laß uns jetzt nicht rumdiskutieren, Teresa. Ich fahre jetzt zu dir, und wenn Alf und Rene den Abend miteinander verbringen wollen, können sie ja Renes Wagen nehmen.«
»Na schön«, gab sich Teresa geschlagen.
Vor Teresas Wohnung trennten sich ihre Wege. Alf und Rene wollten ins Kino, doch Teresa war sich nicht sicher, ob sie mitgehen sollte. Ihre Eltern waren übers Wochenende verreist, und sie bat Bill in die Wohnung. Vielleicht würde sie ihr Mitbringsel aus der Apotheke ja früher als geplant ausprobieren. Sie setzte Kaffee auf; Bill war immer für eine Tasse schwarzen Kaffees zu haben. Er legte sich im Wohnzimmer auf den Boden und verschränkte die Arme vor dem Gesicht. Sie legte sich neben ihn.
»Was ist los mit dir?« fragte sie.
»Die beiden könnten nicht gegensätzlicher sein«, sagte er.
»Manchmal ziehen sich Gegensätze an. Schau uns an. Du bist ein langweiliger Intellektueller, ich ein ausgeflippter Rockstar.« Sie tippte mit den Fingerspitzen auf seine Brust. »Trotzdem bist du jetzt hier bei mir, und das macht mich sehr, sehr glücklich.«
»Ich war heute abend ein richtiges Arschloch.«
»Stimmt, das warst du.«
»Du mußt mir nicht so schnell recht geben.«
Sie beugte sich über ihn und küßte ihn auf die Lippen. »Du warst heute abend einfach wunderbar, so galant und zuvorkommend. Ich dachte, diesen Mann muß ich haben, und zwar für mich allein. Ich muß nächstes Wochenende mit ihm wegfahren, in ein schickes Hotel am Meer, wo ich mich zwei ganze Tage lang an seinem männlichen Körper laben kann.« Sie machte eine Pause. »Ich habe ein Doppelzimmer im Retreat reserviert.«
Bill hörte kaum zu. »Was ist das?«
»Ein Hotel in San Diego. Wir fahren dort nächstes Wochenende hin.«
Bill setzte sich auf. »Was?«
»Platz bloß nicht vor Begeisterung.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, Teresa.«
»Unser romantisches Wochenende, weißt du noch? Du hast es versprochen. Ich will nächstes Wochenende fahren. Das Zimmer ist schon bezahlt. Es wird fantastisch.«
»Und was ist mit meinem Job? Ich muß nächstes Wochenende arbeiten.«
»Sag, du wärst krank«, meinte sie. »Ist doch egal.«
»Wer sagt das? Teresa, du kannst nicht einfach irgend welche Pläne machen, ohne mich zu fragen. Genau wie mit heute abend. Ich hatte null Bock, genau wie Rene.«
»Woher weißt du, daß sie keinen Bock hatte?« fragte Teresa.
»Weil sie es mir gesagt hat.«
Teresa biß sich auf die Unterlippe. »Ich wußte gar nicht, daß sie deine Telefonnummer hat.«
»Ich hab' ihre.«
»Ach so.«
»Und was soll das bedeuten?« fragte er.
»Nichts, sag du's mir.«
»Nichts.« Plötzlich schien er sich unbehaglich zu fühlen. Er schüttelte den Kopf und starrte zur Decke hoch. »Nichts.«
Nichts? So hat das Wort bei ihm noch nie geklungen. Selbst nicht, als er mir erzählt hat, daß das Universum eines Tages zu Ende gehen würde. Er sagte, selbst dann würde irgend etwas übrigbleiben.
Teresa streichelte seinen Arm. Lieber hätte sie sein Gesicht gestreichelt, aber er wirkte so abweisend. Er sah sie nicht an, er dachte nicht mehr an sie. Sie spürte diese Veränderung mehr, als daß sie sie sah. Die Flamme hatte gebrannt, und jetzt war sie verloschen. Nichts, nichts war mehr übrig. Wie rasend schnell sich das Universum doch bewegte. In einem Moment war es wohlgeordnet, im nächsten herrschte nur noch Chaos. Der Boden hatte sich unter ihr aufgetan; sie spürte bereits, wie sie einen dunklen, schrecklichen Abgrund hinabstürzte. Sie mußte nicht mehr weiter fragen, doch sie tat es trotzdem.
»Hat dieses Nichts einen Namen?«
Er schluckte und nickte. »Ja.«
Ihre Kehle zog sich zusammen. »Kenne ich diesen Namen?«
»Ja.«
Ihr stockte der Atem. »O Gott.«
Bill rollte sich zu ihr herum und legte seine Hände auf ihre Schultern. Sein Ausdruck war schmerzerfüllt, doch dieser Schmerz war nichts im Vergleich zu dem, was sie fühlte. Als er zu sprechen begann, klangen seine Worte zu dumm, daß er besser den Mund gehalten hätte.
»Ich möchte dir nicht weh tun«, sagte er.
»Es kann nicht sein, daß du sie willst anstatt mich«, flüsterte sie.
»Teresa, es tut mir so leid.
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