Eine lange dunkle Nacht
fuhr sie nach Hause, erzählte ihr, wie toll sie gewesen sei, gab ihr einen Gute-Nacht-Kuß und meinte, er wäre müde und müsse ins Bett.
»Ich liebe dich«, sagte sie heiser und stieg aus.
»Ich dich auch, Teresa«, erwiderte er.
Der Typ, an den sie für Rene gedacht hatte, hieß Alfred Morrell. In der Schule nannte ihn jeder bloß ›Alf‹. Er war Footballspieler, und er war weder besonders intelligent noch besonders witzig. Eigentlich überhaupt nicht Renes Typ, aber er war scharf auf sie und sah zumindest einigermaßen gut aus. Teresa kannte ihn aus dem Biokurs und hatte mit Rene schon über ihn gesprochen, bevor sie Bill kennengelernt hatte. Und jetzt trichterte Teresa ihm ein, wie einsam Rene doch sei und wie sehr sie auf ihn abführe und daß er am Samstag bloß mitzukommen brauche, und daß der Rest sich dann von selbst ergeben würde. Alf willigte ein.
Bill war nicht gerade begeistert von der Idee, zu viert auszugehen, aber sie sagte ihm, Rene würde eine ganze Menge daran liegen. Bill jedoch meinte, Rene hätte überhaupt keine Lust auf Alf, was Teresa einigermaßen überraschte.
»Woher willst du wissen, auf wen Rene Lust hat und auf wen nicht?« fragte Teresa. »Du kennst Alf doch gar nicht, und Rene kennst du auch kaum.«
»Leute zu verkuppeln funktioniert nicht«, sagte er. »Entweder das Schicksal will, daß sie sich treffen oder eben nicht. So etwas kann man nicht erzwingen.«
Teresa starrte ihn entgeistert an. »Das sehe ich aber anders. Ich glaube, die beiden werden sich super verstehen.«
Dieses Gespräch hatte am Freitag stattgefunden. Am Samstagvormittag, acht Stunden vor dem großen Doppel-Rendezvous, rief Teresa in einem teuren Fünf-Sterne-Hotel in San Diego an, dem Retreat . Es lag in einem verträumten Wäldchen direkt am Meer und hatte zweihundertfünfzig Zimmer mit Balkon, die allesamt zum Wasser hin lagen. Sie hatte Freunde ihrer Eltern darüber reden gehört. Teresa besaß keine eigene Kreditkarte, und das Hotel wollte ohne Karte keine Reservierung für das nächste Wochenende akzeptieren.
»Und wenn ich Ihnen für die zwei Übernachtungen im voraus einen Scheck schicke?« fragte Teresa. »Sie können ihn einlösen, bevor wir kommen.«
Der Mann an der Rezeption fragte den Hotelmanager. Dieser meinte, das sei in Ordnung, und Teresa reservierte ein Doppelzimmer. Danach machte sie sich sofort auf den Weg zur Post und schickte voller Vorfreude einen Scheck ab. Sie hatte genug Geld auf dem Konto. Mr. Gracione hatte Wort gehalten und ihr zwanzig Prozent der Einnahmen vom Dienstag und Donnerstag gegeben.
Teresa ließ ihrer Phantasie freien Lauf. Nächsten Freitag nach der Schule würden Bill und sie nach San Diego fahren, schick essen gehen und sich einen Film oder ein Theaterstück anschauen. Sie würden im Pool des Hotels schwimmen und sich im Jacuzzi entspannen. Und danach... Und danach würde sie endlich mit dem Mann schlafen, den sie so sehr liebte. Bei dem Gedanken mußte sie unweigerlich an Verhütungsmittel denken. Ihre Karriere fing gerade erst an. Wer weiß, in ein paar Monaten würde sie vielleicht mit einer Band auf Tournee gehen. Sie durfte auf keinen Fall schwanger werden.
Teresa wußte nicht viel über Verhütungsmittel. Sie wußte, die meisten jungen Pärchen benutzten Kondome, doch Männer mochten sie angeblich nicht besonders. Nicht alle Alternativen standen ihr offen, zumindest nicht so kurzfristig. Sie hatte keine Zeit, sich die Pille verschreiben zu lassen, selbst wenn sie einen Arzt gekannt hätte, der sie ihr geben würde. In der Bücherei las sie in Frauenzeitschriften einige Artikel über Verhütungsmittel. Schaumzäpfchen schienen momentan die beste Lösung zu sein, obwohl diese als nicht so sicher galten. Doch die Gefahr, schwanger zu werden, war verschwindend gering, sagte sie sich.
Sie kaufte eine Packung Zäpfchen in einer Apotheke am anderen Ende der Stadt. Die Prozedur war ihr ziemlich peinlich, und sie beschloß, daß beim nächsten Mal Bill an der Reihe war.
Teresa hatte keine Ahnung, wo sie ein Buch über die hohe Kunst des Liebemachens bekommen konnte. In der Schule hatte sie nie jemanden über ein solches Buch reden gehört. Offengestanden fragte sie sich, ob es überhaupt so kompliziert war, daß man dazu eine Gebrauchsanleitung brauchte. Ebenso fragte sie sich, ob auch Bill noch Jungfrau war. Darüber hatte sie noch nie nachgedacht, aber sie glaubte, er müsse es noch sein. Obwohl er, wie sie wußte, schon viele Freundinnen gehabt hatte.
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