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Eine letzte Breitseite

Eine letzte Breitseite

Titel: Eine letzte Breitseite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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planmäßig auszuführen, oder ihn von dem Versuch abhalten, wenigstens die Landeabteilung zu retten.
    Ein Kanonenschuß krachte von der Batterie; Bolitho knirschte mit den Zähnen, denn eine hohe Wassersäule stieg nahe am Rumpf seines Schiffes auf. Zu nahe!
    »Treiben Sie Ihre Männer an, Major! Die See ist unser einziger Ausweg, sagen Sie ihnen das!«

Angrif f i m Morgengrauen
    »Kurs Nordost liegt an, Sir!« meldete der Rudergänger halblaut.
    »Recht so.« Ruhelos ging Herrick zur Luvseite des Achterdecks hinüber und spähte zum Land.
    Als er sich wieder umwandte und das Hauptbatteriedeck musterte, stellte er fest, daß er einige Geschützbedienungen schon ganz deutlich erkennen konnte, obwohl es auf den ersten Blick noch so dunkel schien wie zuvor.
    Er ging nach achtern, wo Grubb beim Ruder stand, mit Plowman, seinem besten Steuermannsmaaten, neben sich.
    »Jetzt müßte bald ein Signal kommen, Mr. Grubb.«
    Er hätte lieber schweigen und seine Nervosität verbergen sollen. Aber die vorsichtige Annäherung der
Lysander

an das im Dunkel liegende Land dauerte so endlos lange. Ebenso gespannt wie er waren die Männer bei den Kanonen, auch die an den Brassen und Schoten – vielleicht kam im letzten Moment noch der Befehl zum Halsen.
    Ab und zu hörte er auch aus den Rüsten des Vorschiffs den Ruf des Lotgasten und das Klatschen, wenn er das Lot wieder auswarf. Daß sie ihr Angriffsziel verfehlten, war ausgeschlossen. Bei dem stetigen Wind, der von backbord achtern kam, bei der Wassertiefe, die mit den Angaben auf der Karte übereinstimmte, und außerdem dank Grubbs Ortskenntnis war kein Zweifel möglich.
    Der Master sah noch formloser aus als sonst; er hatte die Arme tief in den Falten seines schweren Mantels versteckt.
    »Mr. Plowman hat mir nochmals versichert, Sir, daß er die Landeabteilung auf den richtigen Weg gebracht hat. Es gab keinen Alarm – nicht ein Schnurrbarthaar von einem Don war zu sehen.« Er schüttelte den Kopf und schloß finster: »Sie haben ganz recht, Sir. Das Signal müßte längst gegeben worden sein.«
    Widerstrebend ging Herrick wieder nach vorn zum Fuße des mächtigen Großmastes, wo Fitz-Clarence stand und das Hauptbatteriedeck im Auge behielt.
    »Zu verdammt ruhig alles,« sagte Herrick. Er versuchte, sich vorzustellen, was mit Bolitho und den Marine -Infanteristen geschehen konnte. Vielleicht hatten sie sich versteckt, vielleicht waren sie gefangen oder sogar schon tot.
    Fitz-Clarence wandte sich um und sah ihn an. »Es wird schon heller, Sir. Viel heller.« Er hob den Arm und deutete zum Land.
    Auch ohne den Hinweis hatte Herrick bemerkt, daß die sie umgebende Dunkelheit sich etwas lichtete; sogar ein bogenförmiges Stück sandigen Strand konnte er erkennen und die Brandung am Fuß der Klippen. Die
Lysande
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stand sehr dicht unter der Küste, aber die Wassertiefe reichte aus. Zu jeder anderen Zeit wäre es der perfekte Anmarsch zum Angriff gewesen, unter idealen Bedingungen, wie sie sonst selten vorhanden waren.
    »Zehn Faden!«
    »Der Landarm muß ganz dicht an Steuerbord voraus liegen, Sir«, murmelte Grubb bestätigend und hustete tief in der Kehle. »In ‘ner halben Stunde können wir hinspucken.«
    Unter der Achterdecksreling lachte ein Matrose kurz auf, und der Stückführer wies ihn mit einem Schimpfwort zur Ruhe.
    Die Matrosen waren seit dem vorigen Abend in den Quartieren gewesen; sie hatten gesehen, wie die Boote abgefiert wurden und sich auf die Fahrt zur Küste machten. Dort unten, und noch mehr in den Tiefen des unteren Batteriedecks tauschten sie sicherlich flüsternd ihre Zweifel aus und machten Witze über die Vorsicht ihres Kommandanten. Doch was würden sie sagen, wenn er das Schiff verlor, und sie mit?
    »Schade, daß die Verbindung zur
Harebel
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abgerissen ist, Sir«, bemerkte Fitz-Clarence.
    Herrick fuhr ihn an: »Kümmern Sie sich um Ihren Dienst, Mr. Fitz-Clarence!«
    Es war vielleicht nur eine beiläufige Bemerkung gewesen. Oder wollte der Leutnant damit andeuten, daß es – wenn Herrick schon zu ängstlich war, sich so oder so zu entscheiden, besser gewesen wäre, die kleine Schaluppe den ersten Zug machen zu lassen?
    Er tat ein paar Schritte das schrägliegende Deck hinan und spürte, daß die Geschützbedienungen ihm nachsahen, als er vorbeiging. Jedes Geschütz stand geladen und schußbereit hinter seiner geschlossenen Stückpforte. Entersäbel und Beile waren am Schleifstein auf dem Hauptdeck geschärft worden. Herrick kam es vor, als sei das

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