Eine Liebe in Den Highlands: Roman
manchmal leichter, Fremden etwas zu erzählen
als Menschen, die einem nahe stehen.« Die Leute vertrauten sich Jenny relativ
schnell an - entweder wirkte sie wie jemand, der gut zuhören konnte oder nicht
leicht zu schockieren war.
»Ja«, sagte Felicity zaghaft - noch nicht dazu bereit,
sich ihrer Last vollständig zu entledigen. Vielleicht brauchte sie nur noch ein
wenig Zeit.
Jenny nippte an ihrem Whisky. »Soll ich mich zuerst
Lady Dalmain vorstellen? Oder erst meine Sachen nach oben bringen?« Jenny
wusste, dass sie im Haus nur geduldet war, und hatte das Gefühl, dass es Lady
Dalmain nicht gefallen würde, wenn der Flur voller Koffer stand.
»Ich denke, ich sollte Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen.
Meine Mutter ist in ihrem Arbeitszimmer. Sie schreibt ein Buch.«
»Ach? Einen Roman?«
Felicity schüttelte den Kopf. »Sie verachtet Romane,
das heißt, zumindest alle Romane, die nach neunzehnhundert erschienen sind.
Nein, sie schreibt etwas Historisches. Und sie mag es nicht, wenn man sie
stört. Ihre Arbeit ist ihr heilig.«
»Werden Sie ihr erzählen, dass Ihr Freund kommt?«
»Oh ja. Das werde ich müssen. Ich schiebe es nur auf.
Prost.« Felicity nahm einen Schluck Whisky, der ein Pferd umgeworfen hätte.
Jenny versuchte, es ihr gleichzutun, und erstickte
beinahe daran. »Aber Ihre Mutter weiß doch, dass ich komme?« Jennys Ängstlichkeit
wurde von Felicitys angefacht, und langsam überlegte sie, ob diese Arbeit vor
Ort nicht sehr überbewertet wurde. Es ging doch nichts über einen schönen,
anspruchslosen Computer, mit dem man alles in seinen eigenen vier Wänden
erledigen konnte. Kommunikation nur über E-Mail. Menschen machten die Dinge so
kompliziert.
»Oh ja. Wir wissen es alle seit Wochen.«
Jenny nahm noch einen Schluck. »Miss Dalmain, Sie
können mich nicht vielleicht über Ihre Familie ins Bild setzen, bevor ich sie
alle persönlich kennen lerne? Dann bleiben mir vielleicht einige furchtbare
Schnitzer und Verwechslungen erspart.«
Damit entlockte sie Felicity ein Lächeln. Jenny sah
jetzt auch, wie hübsch Felicity einst gewesen sein musste und auch wieder sein
könnte, wäre sie nicht so ein Nervenbündel. »Also, da bin einmal ich. Nennen Sie
mich Felicity. Ich bin die Älteste; hätte eigentlich ein Junge werden sollen.
Den Namen hat mein Vater ausgesucht; meine Mutter war über meine Ankunft
überhaupt nicht froh. Ich habe Vater angebetet.« Sie seufzte. »Der Nächste ist
Philip, er ist der älteste Sohn. Für meine Mutter geht die Sonne auf, wenn sie
ihn sieht. Er ist auch wirklich nett, aber ich habe langsam die Nase voll
davon, dass er praktisch nichts falsch und ich nichts richtig machen kann. Dann
ist da noch Iain. Er ist der Jüngste und wohnt nicht mehr hier. Er hat den
Absprung geschafft. Er ist mit Meggie verheiratet, die …« Felicity musterte
Jenny, um herauszufinden, ob ein Hinweis auf die Klassenzugehörigkeit
akzeptabel sein würde. Sie kam zu dem Schluss, dass dem nicht so war, und
sagte: »Nun, sie ist nicht wie wir. Sie kann ziemlich direkt sein. Meine Mutter
ist mit ihr nicht einverstanden, weil sie mit schottischem Akzent spricht.
Scotch nennt meine Mutter das.«
»Ach, und ich dachte, es gelte als furchtbar
diskriminierend, etwas oder jemanden als ›Scotch‹ zu bezeichnen, es sei denn,
es handelt sich um einen Whisky.«
Felicity lachte ausgelassener, als Jenny es auf Grund
ihrer Bemerkung erwartet hätte. »Tut mir leid, es ist nur die Vorstellung, dass
Mama sich jemals bemüht haben sollte, niemanden zu diskriminieren. Sie werden
schon verstehen, was ich meine, wenn Sie sie kennen lernen.«
»Oh.« In Felicitys Darstellung wirkte die Matriarchin
noch düsterer als in der Meggies. »Meggie habe ich schon kennen gelernt. Ich
habe auf dem Weg hierher Halt gemacht, um etwas zu trinken, an ihrem Cafe, dem ›Homely
Haggis‹.« Felicity versteifte sich leicht. »Ach?« »Sie fragte mich, wohin ich
unterwegs sei, und als ich es ihr erzählte, hat sie sich mir vorgestellt.«
»Nun ja, Meggie war schon immer nur allzu bereit, sich
anderen aufzudrängen.«
Jenny spürte, dass Snobismus vielleicht eine
Familienkrankheit war und nicht nur eine Schwäche Lady Dalmains allein. »Oh,
sie hat sich mir nicht aufgedrängt«, versicherte sie. »Sie fragte mich nur, wo
ich hinwolle, und erzählte mir dann, dass sie zur Familie gehöre.«
Felicitys Blick war mehr als nur leicht ungläubig.
»Und sie hat Ihnen nicht erzählt, dass wir ein seltsamer Haufen seien?«
Jenny
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