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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Nachmittags nicht gedacht, bis ihr Vater sich beim Abendbrot erkundigte: »Hat er dir schon seinen Namen genannt, Ruth?«
    Überrascht antwortete sie: »Ich habe vergessen, ihn zu fragen.«
    »Mir kam es in den Sinn«, erklärte ihr Vater, »aber ich sagte zu mir: Ich frage einen Menschen nicht nach seinem Namen, wenn er ihn mir nicht von selbst nennt. Ich stellte mich ihm vor, und er sagte darauf nichts. Man sollte sich eigentlich vorstellen, wenn ein andrer es tut, aber er unterließ es.«
    In stiller Bestürzung erwiderte sie nichts. Angenommen, er kam nicht wieder, und sie erfuhr nie seinen Namen? Doch im Salon stand ja noch das Bild.
    »Hat er das Bild fertig gemalt?« fragte ihr Vater nach dem Nachtessen unvermittelt.
    »Nein, er kommt morgen wieder«, sagte sie. Sie machte sich daran, abzuräumen und das Geschirr zum Schüttstein zu tragen.
    »Hat er's mitgenommen?«
    »Nein, es ist im Salon.«
    »Dann will ich mir's mal anschaun.«
    Ihr Vater nahm die Petroleumlampe von dem schmalen Kaminsims und ging zum Salon; seine bestrumpften Füße bewegten sich geräuschlos über die Bohlen. Sie folgte ihm, und ihre Mutter kam hinter ihr her. Im Salon standen sie alle drei und betrachteten das Bild.
    »Das Tischtuch macht sich nett«, bemerkte die Mutter.
    »Ruth ist nicht sehr ähnlich«, meinte der Vater.
    »Zu hübsch, nicht wahr?« sagte sie verzagt.
    »Ja«, nickte er. »Aber vielleicht hat er dich so gesehn.«
    Sie begaben sich in die Küche zurück, und nachdem der Vater eine Weile gegähnt hatte, ging er zu Bett. Ruth und ihre Mutter wuschen, wie immer schweigend, das Geschirr ab, machten in der Küche sauber und deckten den Frühstückstisch. Erst als die Mutter im Begriffe stand, die Treppe hinaufzusteigen, unterbrach sie die Stille.
    »Ich finde, wir sollten morgen Seife machen Ruth. Der Fettopf ist schon voll.«
    »O Mama, nicht morgen!«
    Die Mutter sah sie bedeutungsvoll an und wollte etwas sagen. Dann unterließ sie es jedoch. Sie drehte sich um und begann langsam die Treppe hinaufzusteigen. Und allein in der Küche, beendete Ruth schnell die Arbeit. Sie war nicht müde. Sie war nie müde, aber heute abend fühlte sie sich voller Kraft und Stärke.
    ›Ich wünschte, ich könnte jetzt die Seife machen‹, dachte sie, und sie sehnte sich nach Betätigung.
    Sie öffnete die Türe, stand dort ein Weilchen und blickte in die Nacht hinaus. Hätte der Mond geschienen, so wäre sie versucht gewesen, zur Waschküche hinüberzugehen, wo die Lauge und das Fett aufbewahrt wurden. Die Sterne waren groß und sanft, aber die Nacht war dunkel.
    Zögernd schloß sie die Türe und ging in ihr Zimmer hinauf. Bei Kerzenlicht hatte sie sich gewaschen, ihr langärmliges Baumwollnachthemd angezogen, die Haare gebürstet und in Zöpfe geflochten, und dann, nachdem sie die Kerze ausgeblasen, hatte sie sich in das niedrige, alte Bett aus Ahornholz gelegt, das einst Eigentum ihrer Großmutter gewesen war. Sie hatte die Augen geschlossen, in der Erwartung, daß sie wie immer sofort einschlafen würde. Aber der Schlaf kam nicht. Sie wartete, weder unruhig noch ungeduldig, nur verwundert. Und während sie wartete, gewahrte sie sein Gesicht, das sie an diesem Tage stundenlang unverwandt angeschaut hatte. ›Noch nie habe ich ein Gesicht so deutlich gesehen‹, dachte sie.
    Als sie ihn am folgenden Tage den Weg herunterkommen sah, war es schon Spätnachmittag. Den ganzen Tag hatte sie auf ihn gewartet und es dann aufgegeben, und voller Zorn hatte sie nachmittags angefangen, das Fett für die Seife zu sieden.
    »Es ist schon spät«, wandte ihre Mutter ein. »Wir essen bald.«
    »Ich werde rasch machen«, entgegnete sie, und sie platzte heraus: »Weißt du, Mama, dieser Maler … er sagte, er würde heute bestimmt wiederkommen. Deshalb hielt ich es für zwecklos, mit der Seife anzufangen. Jetzt kommt er doch nicht mehr, und ich will nicht, daß der Tag vergeht, ohne daß ich was getan hab'.«
    Ihre Mutter blickte von der Flickarbeit nicht auf. »Ich helfe dir, sowie ich mit dieser Ferse fertig bin.«
    »Nein, laß nur. Ich kann gut allein fertig werden«, sagte Ruth.
    Doch als sie an der Türe war, brachte die Stimme ihrer Mutter sie zum Stehen.
    »Er ist nicht von unsrer Art, finde ich, Ruth.«
    Sie wollte es nicht glauben, daß hinter den Worten ihrer Mutter etwas steckte.
    »Nicht daß ich mir etwas aus ihm mache … ich kann nur Leute nicht leiden, die nicht das tun, was sie angeblich tun wollen.«
    »Gerade das meine ich.« Ihre

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