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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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Schlaf aus den Augen gerieben. »So, um was handelt sich's?«
    »Monty ist schrecklich arm!«
    »Arm!« Er setzte sich gähnend auf. »Wieso, ich dachte, Vater hätte Erkundigungen über ihn eingezogen und dergleichen mehr.«
    »Ach, es ist doch nachher geschehen! Irgendwelche Minen oder etwas Ähnliches stellten sich als leer heraus; irgend so etwas war es. Man nahm an, daß sie voller Diamanten wären, und sie waren es nicht. Glaubst du, daß du mit Vater sprechen könntest … allein, meine ich?«
    »Was kann er im Punkte Diamanten tun, Louise?«
    »Nein, nicht in bezug auf Diamanten, sondern er sollte Monty beispringen, nur um ihn zu ermutigen. Monty ist so niedergeschlagen.«
    »Davon habe ich nichts gemerkt.«
    »Oh, aber er ist wirklich niedergeschlagen! Er verbirgt seine Gefühle so wundervoll, doch ich weiß Bescheid.«
    Er kämpfte sich aus dem Bett, und sie stand dann an der halbgeschlossenen Türe des Ankleideraumes und redete, während er sich rasierte, sich wusch und anzog. Fast den ganzen Tag hatte er damit verbracht, mit Louise lächerliche Pläne zu schmieden und mit seinem Vater zu sprechen. Er war hin und her gerissen zwischen seiner Anhänglichkeit an Louise und den Vater und uneingestandenen Zweifeln an Montys Vertrauenswürdigkeit. Er war erleichtert gewesen, als der Vater mit seiner üblichen Schlauheit bestimmt hatte, daß Monty erst einmal mit seinen Rechtsberatern reden müsse. Aber so war der Vormittag vergangen, und Louise hatte ihm im geheimen allerlei vorgeweint, und weil er eine Zuneigung für sie hegte, war er bei ihr geblieben, bis sein Arbeitseifer nachgelassen hatte, während der Tag allmählich verstrich.
    »Du wirst alles verstehen, wenn du selber verheiratet bist, William. Die Ehe ist etwas so Seltsames … man wird dadurch mit einem anderen Menschen richtig verschmolzen. Wenn Monty leidet, leide ich auch!«
    Er hatte seine Ungeduld ganz an Louise ausgelassen.
    »Hör auf zu jammern«, befahl er ihr. Sie gehörte zu den Frauen, bei denen es beinahe unmöglich war, nicht zu befehlen. »Schließlich werden wir dich nicht leiden lassen, Louise.«
    »Ich denke nicht an mich … ich denke an Monty«, schluchzte sie. »Es ist so schwer für ihn, gleich zu Anfang unserer Ehe diese Enttäuschung erleben zu müssen.«
    »Ach, Monty«, entgegnete er, »er wird schon mit allem fertig werden.«
    Und da schrie sie ihn an, daß er keine Ahnung von der Ehe habe.
    »Ich gebe dir recht, daß ich davon nichts verstehe«, sagte er mit bewußtem Spott.
    »Eines Tages wirst du's verstehen«, versicherte sie ihm, und sie trocknete sich dabei die Augen und versuchte ihn anzulächeln. »Sag mal, William, machst du dir denn bis jetzt aus niemandem etwas? Wie ist es mit der hübschen Elise Vanderwort?«
    Monatelang hatte er Elise keinen Gedanken geschenkt, und er sagte das. Und dann fügte er plötzlich hinzu, daß er in die Luft und den Sonnenschein hinaus müsse.
    »Du würdest besser gehen und dir das Gesicht waschen, sonst merkt Mutter dir etwas an«, sagte er.
    Die größte Schwierigkeit des Tages hatte darin bestanden, die Mutter nichts merken zu lassen.
    Und dann war er zum Bahnhof gegangen, hatte den nächsten Zug bestiegen und war zu dem Dorf gefahren, und ein einstündiger Spaziergang hatte ihn hierher vor ihr Bild gebracht.
    »Ich komme morgen bestimmt wieder«, rief er. »Ruth – darf ich Sie nicht Ruth nennen? Ich bin William, wissen Sie – einfach nur William.«
    »Gut«, sagte sie. »Gut – William.«
    Juni, Juli und August. So hatte Ruth Stunde um Stunde still gestanden, sie, die stark und voller Tätigkeitsdrang war, und der Sommer war über diesen Stunden und über den dazwischenliegenden schleppenden Tagen vergangen. Bei all der endlosen Arbeit im Hause und auf dem Lande hatte sie nie gewußt, daß die Zeit langsam verstreichen konnte. Jetzt aber wußte sie es. Wenn William nicht kam, wurden die Stunden, obwohl ihr Körper sich mit der gleichen ruhigen Eilfertigkeit bewegte, zweimal so lang, und des Nachts war sie erschöpft vom innerlichen Warten.
    Sie stand Qualen aus, weil sie nie sicher sein konnte, wann er kommen würde. Manchmal kam er tagelang nicht, und dann war er plötzlich da, ganz Ungeduld, als ob sie Schuld daran trüge, daß sie nicht bereit war und nicht am Fenster auf ihn wartete. Bereit und wartend war sie zwar, weil sie nicht vorgeben konnte, ihn nicht zu lieben. Sie wußte, daß sie ihn vom ersten Tage an geliebt hatte – nein, von der ersten Stunde an. Sie

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