Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
Vom Netzwerk:
eigene Weste runter und presste sie auf die Wunde. Dann fummelte ich mit der einen Hand mein Handy aus der Hosentasche und klappte es auf.
    Kein Empfang.
    »Hamilton! Oh mein Gott!«, schrie Mrs Prince hinter mir. »Hamilton, was hast du getan?«
    »W as hab ich getan?«, fragte Hamilton. Die Frage schien ihn aufzuwecken. »W as ich getan hab? Nichts Schlimmeres als das, was er verdient! Nichts Schlimmeres, als meinen Vater zu ermorden und meine Mutter zu heiraten!«
    »Hamilton …«, sagte Mrs Prince schluchzend. »Oh, Hamilton.«
    »Hamilton, das ist nicht Claude«, schrie ich. »Es ist Olivias Vater, und er muss ins Krankenhaus. Jetzt sofort!«
    Hamilton und seine Mutter starrten mich an, als wäre ich ein sprechender Marsmensch.
    »Mrs Prince«, sagte ich und blickte ihr fest in die Augen. »Laufen Sie ins Haus und rufen Sie einen Krankenwagen!«
    Irgendwie machte es Klick bei ihr und endlich kapierte sie, was ich sagte. Sie nickte wie wild und rannte den Pfad zum Haus zurück, wobei sie um mich und um den Familienjuristen einen weiten Bogen schlug. Paul war in die Bewusstlosigkeit abgeglitten, während ich die beiden Princes angeblafft hatte, und ich fluchte. Die zusammengeknüllte Weste, die ich gegen seine Brust drückte, wurde zu heiß. Heiß, feucht und klebrig. Ich versuchte, sie anders zu legen, aber das half nichts.
    Es gab keinen Weg daran vorbei. Egal, was ich tat, ich würde Blut an den Händen haben.

Siebzehntes Kapitel

    Schließlich kamen ein Krankenwagen wegen Mendelsohn und ein Streifenwagen der Polizei wegen Hamilton. Normalerweise wäre der Jurist der Familie in der Lage gewesen, ihm aus einem Schlamassel wie diesem herauszuhelfen. Das Blöde war, dass Hamilton ausgerechnet ihn niedergeschossen hatte.
    Die erste Nachricht über Olivias Vater war gut: Die Kugel hatte das Schulterblatt zertrümmert, doch die Dinge verfehlt, die ihn ticken ließen. Er würde zwar eine ziemliche Weile im Krankenhaus liegen müssen – aber am Leben bleiben. Ob er Anzeige erstatten würde oder nicht, blieb abzuwarten. Noch war er bewusstlos.
    Hamilton wurde zum Verhör auf die Polizeiwache mitgenommen und dann wieder entlassen. Auch ich wurde befragt, musste dafür aber nicht in die Stadt. Ich erzählte, was ich gesehen hatte, aber mit eingeschaltetem Schalldämpfer: Wir waren durch den Wald gegangen, Hamilton dachte, er sähe ein Eichhörnchen oder ein Gnu oder einen Löwen oder was auch immer und hatte geschossen. Und dann stellte sich heraus, dass es der Dad seiner Exfreundin war.
    Mrs Prince war völlig durcheinander, doch Claude stand ihr wie immer tröstend zur Seite.
    »Es ist meine Schuld«, meinte er. »Ich habe Paul mit diesen Papieren losgeschickt. Wenn ich das nicht …«
    Ich überlegte, ob Claude den Familienjuristen nicht mit Absicht in seine Jagdweste gesteckt hatte, um die Lage zu peilen. Allein der Gedanke ließ mich schaudern, was auch nicht besser wurde, als ich Claudes berechnenden Gesichtsausdruck sah, während Mrs Prince ihr Gesicht in seinem Hemd vergrub. Wenn Claude bereit war, in dieser Schachpartie Bauernopfer zu bringen, wer würde dann die nächste Figur sein, die fallen müsste?
    Nachdem der ganze Spaß mit den lebenserhaltenden Maßnahmen und den Befragungen durch die Polizei vorbei war, wurde es still im Hause Prince. Ich streifte wie ein Geist durch die Hallen und versuchte zu entscheiden, wen ich als Nächstes heimsuchen sollte. Bei Claude hätte ich gern mit den Ketten gerasselt, doch das musste warten, bis sich die Situation etwas beruhigt hatte. Stattdessen ging ich zum Pool, wo Hamilton lag und sich hinter einer Sonnenbrille versteckte. Dafür, dass er an diesem Morgen einen Mann niedergeschossen hatte, war er ganz schön locker, doch mir war klar, dass die halb leere Flasche Whisky neben ihm nicht unerheblich dazu beigetragen hatte.
    Ich setzte mich in den Klubsessel neben ihm, sagte aber kein Wort. Er wusste ja auch so, dass ich da war.
    »Tu’s nicht«, sagte er zu mir. »Tu’s … einfach nicht.«
    Die Glastür zum Haus knallte auf und Olivia Mendelsohn marschierte um den Pool herum auf uns zu. Ihr Gesicht war tränenverschmiert und sie hatte ihre Fäuste einsatzbereit geballt.
    »Steh auf!«, sagte sie zu Hamilton.
    Er rührte sich nicht.
    »Steh auf, du Schwein!«, schrie sie.
    Hamilton raffte sich mit außerordentlicher Mühe auf und stand dann schwankend da.
    »Nimm die Sonnenbrille ab und sieh mir in die Augen.«
    Er tat, was sie sagte, und zog sich die Brille

Weitere Kostenlose Bücher