Eine Luege ist nicht genug
Umweltverschmutzung gestorben. Die Ironie entging mir keineswegs. Doch ich bezweifelte, dass er wusste, was ihn so krank gemacht hatte, zumal Claude hinter allem steckte. Und das bedeutete, dass das Dioxin als Gift seiner Wahl geschickt von ihm eingesetzt worden war. Was waren noch mal die drei Dinge, nach denen die Fernsehdetektive immer suchten? Motiv, Mittel und Gelegenheit. Motiv: Nimm den Platz des ältesten Sohns ein, der er immer sein wollte, und herrsche über Elsinore. Als Bonus hatte er sogar die Möglichkeit gefunden, die Frau seines Bruders zu heiraten. Mittel: Dioxin. Aber Rex Prince war nicht so unterbelichtet, dass er Flusswasser trank, und sowieso war das Zeug zu sehr verdünnt, um damit schnell Schaden anzurichten. Wo hatte Claude also das konzentrierte Zeug her? Seine Gelegenheit: Jeden Freitagabend tat er etwas davon in Rex Princes Lieblingsgetränk – Johnnie Walker Black Label Whisky. Schön.
Wirklich schön. Wenn Hamiltons Vater starb, dann gab es fast keine Möglichkeit zu beweisen, dass das an etwas lag, das Claude ihm angetan hatte. Es gab so viele andere Möglichkeiten, die Magen- und Darmkrebs hervorrufen konnten, Dinge, die wir alle offensichtlich jeden Tag aßen und tranken und mit denen wir uns abwischten.
Ich verschränkte die Arme und klopfte mir beim Nachdenken gegen die Lippen, und dann merkte ich, dass ich von der Tür aus beobachtet wurde. Es war Roscoe. Oder Gilbert. Es war mir eigentlich ziemlich egal, welcher von den beiden.
»Mann«, sagte er und ließ ein leises Gackern hören, als er ging.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Hamilton hatte schon fertig gepackt und war zum Aufbruch bereit, als ich ihm alles erklärte. Der Krankenbericht, die Freitagabendgelage mit Claude, die Wirkung von konzentriertem Dioxin.
»Du meinst, dass es das war, was sein Gesicht so zugerichtet hat?«
»Es heißt Chlorakne und ist ein Anzeichen für eine Dioxinvergiftung.«
Hamilton setzte sich auf sein Bett und starrte die Wand an.
»Ich glaube ihm, Dad, meine ich. Nur … irgendwie glaube ich ihm auch wieder nicht.«
»Glaub es«, meinte ich. »Ich hab alle Beweise an einer sicheren Stelle deponiert.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Du haust jetzt ab zum Dutrinkstzuviel-Sommerlager und wirst trocken. Das war ein Teil der Abmachung. Und ich hüpfe in meinen Volvo und fahre ohne Umwege zu meiner Schwester Miranda.«
»W elche ist das?«
»Das ist die, die für die Polizei von Knoxville Streife fährt. Die Cops hier sind ihre Blechmarken nicht wert, aber vielleicht können wir die Staatspolizei oder die Untersuchungsbehörde von Tennessee mit einbeziehen. Im schlimmsten Fall faxt du mir deine Kreditkartennummer, und wir heuern einen Privatdetektiv an, der die Sache wasserdicht macht.«
Daran hatte Hamilton eine Weile zu kauen, dann zog er seine Brieftasche hervor und gab mir eine American-Express-Gold-Kreditkarte. »Hier. Mach schon und nimm sie. Sie ist auf mich ausgestellt, nicht auf Claude oder Trudy. Die können sie nicht sperren lassen.«
Der kleine römische Soldat auf der Karte starrte mich an, und ich konnte ihn die Namen all der Orte flüstern hören, wohin wir fahren könnten, bevor jemand die Karte sperren würde. Wenn da nicht die Sache mit der Charakterstärke wäre …
Ich verstaute die Karte und nickte.
»Mann, ich wünschte, ich könnte hier sein und dir dabei zugucken«, sagte er.
»Ich schick dir eine Postkarte. In der Zwischenzeit kannst du clean und nüchtern werden, und wenn du zurückkommst, gehört Elsinore dir.«
»Ich will Elsinore nicht«, sagte er, »ich will meinen Dad zurück.«
»Mann, ich weiß doch. Wenn es irgendeinen anderen Grund gäbe, hätte ich nichts von all dem gemacht.«
Hamilton stand auf. Er streckte die Hand aus und ich schüttelte sie.
»Abgemacht ist abgemacht«, sagte er. »Ich denke mal, auf meinem Bett da oben angeschnallt bin ich sicherer als sonst wo.«
»Ich glaub, heutzutage schnallen sie Leute nicht mehr ans Bett«, sagte ich. Wir schleppten unsere Taschen nach unten. »Elektroschocks an die Nippel, vielleicht, aber keine Lederriemen am Bett.«
»Danke vielmals. Du weißt, wohin wir fahren?«
Claude und Mrs Prince fühlten sich verpflichtet, an diesem Tag an einer Wohltätigkeitsauktion unten in Denmark teilzunehmen, und so hatte ich mich angeboten, Hamilton zu der Klinik zu fahren, zumal ich das Haus ja sowieso verlassen musste. Es war zwar ein Umweg von rund zweihundert Meilen, hin und zurück, aber ich dachte mir, es wäre
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