Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
auf das Urteil seiner Familie geben und stattdessen zu ihr
stehen würde.
Dennoch brachte sie es nicht über
sich, ihm zu antworten. Sie musste ihm vorher unbedingt die Wahrheit über ihre
wirtschaftlichen Verhältnisse beibringen, aber aus irgendeinem unerfindlichen
Grund fehlte ihr auch jetzt wieder der Mut dazu. Sie gestand sich ein, dass sie
jedes Mal eine unerklärliche Panik befiel bei dem Gedanken, wie er reagieren
könnte, wenn er die Wahrheit erfuhr. Dabei war alles besser als diese
Hängepartie, die noch dazu ihm gegenüber auch äußerst unfair war!
Sie schloss die Augen und seufzte
tief.
„Was willst du noch wissen?“,
machte Alessandro einen weiteren Versuch, sie zum Sprechen zu bewegen.
Sie setzte sich auf und eine
Gänsehaut überlief sie.
„Das Wasser wird kalt, lass uns
rausgehen“, schlug sie vor, froh über die Ablenkung.
Sie verließ die Wanne und
Alessandro folgte ihr. Während sie ein Handtuch um ihren Körper schlang,
beobachtete sie ihn aufmerksam. Wenn ihr Verhalten ihn verstimmt hatte, so ließ
er sich jedenfalls nichts anmerken, wortlos trocknete er sich ab und reichte
ihr das Glas.
„Nimm es mir bitte nicht übel“, bat
sie schließlich entschuldigend, „ich weiß, ich bin ganz schön kompliziert,
nicht wahr?“
„Ist schon in Ordnung“, gab er
zurück, „wenn du noch Zeit brauchst, um dich zu entscheiden, dann sollst du sie
haben. Ich werde dich nicht drängen, denn damit würde ich nur das Gegenteil von
dem erreichen, was ich möchte.“
Sie trat zu ihm und küsste ihn,
dankbar dafür, dass er nicht darauf beharrte. Sie hatte ein schlechtes
Gewissen. Schließlich brachte er soviel Verständnis und Geduld für sie auf,
dass er wirklich eine ehrliche Antwort verdient hatte! Sie holte Luft und
öffnete schon den Mund zu einer Erklärung, doch wieder brachte sie es nicht
über sich.
Was, wenn er wütend wurde bei
dem, was sie ihm zu gestehen hatte? Wenn er es nicht ertrug, eine Frau zu
heiraten, die finanziell unabhängig war? Konnte und wollte sie es in Kauf
nehmen, dass er daraufhin eventuell einen Rückzieher machte? Sie wusste es
nicht. Das Risiko schien ihr zu hoch zu sein und der Moment wieder einmal der
verkehrte. Nicht jetzt, nicht heute Abend!
Scheiße, dachte sie, ich bin ein
Feigling. Warum kriege ich das nicht auf die Reihe, ihm einfach zu sagen, wie
es ist? In ihrer Aussprache nach Andreas’ plötzlichem Auftauchen hatte er ja
keinen Zweifel daran gelassen, wie sehr er es schätzte, wenn sie ihm gegenüber
ehrlich war! Mit einem Mal klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Wieder hatte sie
ihn belogen, na ja, nicht direkt belogen, aber ihm eben nicht die ganze
Wahrheit gesagt.
Alessandro bemerkte ihre
Verwirrung. „Sprich mit mir, wenn du willst“, ermunterte er sie eindringlich.
„Du weißt, ich werde alles tun, um deine Bedenken zu zerstreuen.“
„Ja, das weiß ich“, wieder wich
sie ihm aus. Nein, bitte nicht! Nicht jetzt, nicht heute. Ich werde morgen mit
ihm reden, ganz bestimmt, aber nicht heute Nacht!
„Lass einfach noch ein paar Tage
vergehen, ja?“, bat sie ihn stattdessen laut. „Vielleicht war mir ja nur der
ganze Trubel zuhause zuviel und wenn ich erst wieder eine Weile hier bin, renkt
sich das schon ein.“
„Wie du meinst“, er schenkte ihr
sein strahlendes Lächeln, doch seine Augen lächelten nicht mit.
Lara wurde es schmerzlich
bewusst, wie sehr ihr sonderbares Verhalten ihn verletzen musste, doch er blieb
gelassen und nichts deutete darauf hin, dass er sich über sie ärgerte.
„Reden wir heute nicht mehr
darüber, einverstanden?“, schlug er vor.
„Einverstanden“, stimmte sie ihm
erleichtert zu.
Zeit für die Wahrheit
Es läutete an der Tür und
Alessandro wandte sich erstaunt um. Hatte Lara etwas vergessen? Sie war am
Vormittag weggefahren, um ein paar Sachen zu erledigen, wie sie sagte, und er
wollte gerade aufbrechen.
Als er, schon einen Scherz auf
den Lippen, die Türe öffnete, hielt er überrascht inne: vor ihm, groß, hager,
mit kurz geschnittenen grauen Haaren und auffallend blauen Augen, stand sein
Ebenbild.
„Papà, du?“
„Ja, mein Sohn, ich. Da staunst
du, was? Dein alter Vater kommt dich auch mal in deiner Einöde besuchen. Störe
ich dich gerade? Ich sah nur dein Auto und nahm an, du wärst alleine.“
„Bin ich auch, komm rein. Ich
wollte gerade aus dem Haus und zur Arbeit fahren.“
„Ich weiß“, gab sein Vater
ungerührt zurück, „heute Abend ist es also so weit,
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