Eine Luege macht noch keine Liebe!
Lara ihr Recht und wählte die Nummer. Die Stimme am anderen Ende klang kühl und geschäftsmäßig und sie kam sich sehr unsicher vor. Trotzdem vereinbarte sie einen Termin noch für denselben Nachmittag und dass sie sich im Dorf auf der anderen Uferseite an der Tankstelle treffen wollten.
„Kannst du nicht mitfahren?“ bat sie verlegen.
„Das würde ich gerne, cocca, aber es geht leider nicht! Ich muss unbedingt zu einem Termin in der Gemeinde, sie wollen wieder irgendetwas organisieren für Ostern.“
Lara seufzte ergeben. Na schön, sie würde das doch wohl hinkriegen, sich ein Haus anzusehen! Dennoch war sie nervös. Seit sie von ihrer Schwangerschaft wusste, vergrub sie sich noch tiefer in ihrer selbst gewählten Einsamkeit und versuchte, den Rest der Welt aus ihren Gedanken auszusperren. Gaia hatte ihr sofort verboten, weiterhin zu arbeiten und Luisa, die zwar auf Lara nur ungern verzichtete, hatte ihr dabei Recht gegeben.
Lara war pünktlich am Nachmittag an der vereinbarten Tankstelle und kurz darauf parkte ein Wagen neben dem ihren. Ein Mann Mitte Vierzig stieg aus und ging mit fragendem Blick auf sie zu.
„Haben Sie heute Vormittag bei mir angerufen? Ich bin Giancarlo Ghibetto, der Makler.“
„Freut mich, sie kennen zu lernen“, sie schüttelten sich die Hände.
„Wollen wir gleich fahren? Ich habe anschließend noch einen anderen Termin und bin etwas in Zeitnot.“
„Wegen mir gerne, je eher desto besser“, stimmte sie zu und stieg zu ihm ins Auto.
Ghibetto wendete den Wagen und nahm die nächste Einfahrt ins Dorf. Er bog rechts ab und fuhr ein paar Kilometer parallel zur Hauptstraße nach Norden. Lara betrachtete die Umgebung. Hier war sie nur selten gewesen, meistens hatte sie sich die Gegend südlich des Flusses angesehen oder sich östlich der Straße Richtung Küste aufgehalten. Sie entdeckte ein paar schöne Häuser rechts und links und entschied spontan, dass es ihr hier gefiel. Wenn das Haus nun auch noch passte, würde sie nicht lange fackeln, die Zeit drängte. Sie überlegte, wie lange es dauern würde, ihre Möbel kommen zu lassen. Dann fiel ihr ein, dass sie ja fast keine Möbel mehr besaß. Daran hatte sie in den letzten Wochen gar nicht mehr gedacht. Sie würde unbedingt ein paar Einrichtungshäuser besuchen müssen, um das Notwendige zu besorgen. Der Gedanke daran gefiel ihr beinahe - sie würde mit dem Kinderzimmer anfangen.
„Wir sind da!“
Die Stimme des Maklers riss sie aus ihren Gedanken. Er hielt vor dem Haus und stellte den Motor ab. Lara stieg aus und sah sich um. Im selben Moment stieg eine eisige Kälte in ihr auf.
Sie kannte dieses Haus!
„Was tun wir hier?“, fragte sie tonlos.
Ghibetto sah sie verständnislos an.
„Wir sehen uns eine Immobilie an, die zu verkaufen ist“, antwortete er ein wenig spitz. „Was haben Sie denn gedacht?“
„Aber warum will Nando sein Haus verkaufen?“
„Signorina, das weiß ich nicht. Das Angebot kam über einen Kollegen zu mir. Verkäufer ist eine gewisse ...“ er räusperte sich und blätterte in seinen Unterlagen, bis er die Information fand, „eine gewisse Antonia Baraldi und mir wurde gesagt, ich könne das Haus vermitteln.“
„Oh, nein, bitte verstehen Sie mich nicht falsch“, wehrte Lara ab, die begriff, wie er ihre Reaktion interpretiert hatte, „ich meine nur, dass ich mir dieses Haus bestimmt nicht leisten kann, es ist viel zu groß und wahrscheinlich auch viel zu teuer.“
„Nach meinen Informationen soll es so schnell wie möglich verkauft werden und wenn Sie mich fragen, dann ist das ein echtes Geschäft für den Käufer. Wollen Sie es nun sehen oder nicht?“
Lara nickte ergeben und folgte ihm mit gemischten Gefühlen ins Haus. Warum war ihr unterwegs nicht aufgefallen, wohin er sie brachte? Dann fiel ihr wieder ein, wie neblig es an jenem Herbstabend gewesen war und dass Alessandro damals eine andere Strecke gefahren war.
Nandos Haus – Alessandros Bruder verkaufte sein Haus und dieser Makler brachte sie ausgerechnet hierher, um es sich anzusehen! War diese Welt denn wirklich so klein? Nun, sie konnte ihm den Gefallen ja tun, aber sie würde es auf gar keinen Fall nehmen und wenn sie es geschenkt bekäme!
Drinnen war es still, fast totenstill und als Lara an der Tür vorbeikam, hinter der das Wohnzimmer lag, waren die Erinnerungen so eindringlich, als könne sie noch immer das Gelächter und den Gesang, Antonios Gitarre und ihre Gespräche von jenem Abend hören. Sie versuchte sich
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