Eine Luege macht noch keine Liebe!
passenden Zeitpunkt. Man beginnt eine neue Bekanntschaft ja sowieso nicht gleich mit ‚Hallo, ich bin Alessandro und mir gehört dies und jenes‘, aber normalerweise ergibt sich das von selbst. Und das hat er verhindert und nach Belieben so gelenkt, wie er es haben wollte. Ich habe inzwischen gelernt, mir aus den wenigen Informationen meines Sohnes ein relativ klares Bild zu formen und ehrlich gesagt, war ich schon lange neugierig auf dich, aber er ist einem Zusammentreffen immer eisern aus dem Weg gegangen.“
„Du wolltest mich kennen lernen? Ich hatte eher die Befürchtung, ich wäre als Deutsche und noch dazu mit einer gescheiterten Ehe absolut unpassend für eine ordentliche italienische Familie!“
Antonia lachte herzhaft.
„Da siehst du, was er angerichtet hat! Weißt du, mit einem Menschen wie Alessandro auszukommen, ist auch für seine Eltern nicht immer einfach. Er hat seinen eigenen Kopf, seine eigenen Vorstellungen vom Leben, weiß der Teufel, woher! Er ließ sich nie etwas vorschreiben, sondern wollte immer etwas anderes, als sein Vater und ich uns vorstellten. Da ist er ganz anders als sein Bruder. Es war sehr schwierig, ihn zum Studium zu bewegen und damals glaubten wir, er würde es nun etwas ruhiger angehen lassen, aber dann passierte diese unselige Geschichte mit seiner Verlobten.“
„Ja, er hat erwähnt, dass er heiraten wollte.“
„Dann weißt du ja bereits, dass sie ihn reingelegt hat. Hat er dir auch erzählt, wie sich das Ganze genau abgespielt hat?“
„Nein, nicht im Geringsten. Ehrlich gesagt – ich habe nur eine sehr zensierte Version zu hören bekommen.“
„Das glaube ich auch. Ich habe dir eingangs gesagt, es wäre mein Anliegen, dass du mich und damit vielleicht auch Alessandro wirklich verstehst, deshalb muss ich weiter ausholen, wenn es dir nichts ausmacht.“
„Nein, überhaupt nicht“, Lara lehnte sich in die Kissen zurück und entspannte sich. Antonia hatte eine angenehme, ruhige Art sich auszudrücken, und es fiel ihr nicht schwer, sich ganz auf ihre Worte zu konzentrieren.
„Also gut – wo fange ich nun an …?“
Die Geschichte, die Lara zu hören bekam, war tatsächlich etwas länger.
Cesare Ronaldini, Alessandros Vater, stammte aus einflussreichem, wohlhabendem Haus, seine Familie betrieb schon seit Generationen Hotels. Die drei Brüder, von denen einer Cesares Vater war und ebenfalls Cesare hieß, hatten die Kriegswirren wirtschaftlich einigermaßen unbeschadet überstanden und machten in den folgenden Jahren gute Geschäfte. Sie hatten Geschick und das richtige Gespür im Umgang mit ihren Gästen, hatten Frauen mit Geschmack und brachten es fertig, ihre Häuser auf ein hohes Niveau zu führen.
Zwei der Brüder starben kurz hintereinander kinderlos, und so fiel das Vermögen, das aus jeweils einem Hotel bestand, an Cesare, den Älteren. Auch dieser hatte wiederum nur einen Sohn, Cesare, der damit der einzige Erbe war.
Antonia Baraldi war erst sechzehn, als sie Cesare Ronaldini am Hafen von Goro kennen lernte. Er war zufällig dort, um sich nach einem neuen Fischlieferanten für das Hotel seines Vaters umzusehen und das frische, natürliche und sehr hübsche junge Mädchen, das resolut mit anpackte und ihrem Vater das Boot entladen half, gefiel ihm auf Anhieb.
Antonia war von Natur aus eher schüchtern, doch es schmeichelte ihr natürlich sehr, dass der attraktive Bursche sie postwendend auf eine Limonade einlud. Er war kaum älter als sie und schon nach dem zweiten Glas wusste sie, dass er ihre ganz große Liebe war. Er besuchte sie, so oft er konnte und sie verbrachten einen ausgelassenen Sommer voll trunkenen Glücks. Als der Herbst kam, wurden seine Besucher rarer und sie verging beinahe vor Liebeskummer. Dann, kurz nach Neujahr, stand er plötzlich wieder vor ihrer Türe. Im Februar war Antonia schwanger, Alessandro kam zur Welt, als sie siebzehn war.
Cesare bestand darauf, das Mädchen zu heiraten, das er geschwängert hatte, notfalls auch gegen den Willen seiner Eltern, die absolut gegen eine derartige Verbindung waren. Schließlich konnte Antonias Familie den Ronaldinis nicht im Entferntesten das Wasser reichen, sie waren einfache Fischersleute aus Goro und er der schwerreiche Erbe einer Familie, die stolz darauf war, sogar auf adlige Vorfahren aus der Zeit der Este zurückzublicken.
Cesares Mutter, natürlich ebenfalls aus einflussreichem Haus, versuchte mit allen Mitteln, diese Mesaillance, wie sie es nannte, zu verhindern. Ihr
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